Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Nehmt's nicht ungütig, fremder Herr -- ich -- ich glaubte --

Daß es dein Schatz wäre, mein liebes Kind, nicht wahr? lachte der junge Bursch, und jetzt bist du verdrießlich, daß dir ein anderes, fremdes und gleichgültiges Menschenbild in den Weg läuft? Sei nicht böse, daß ich's nicht bin.

Ach wie könnt Ihr nur so reden, flüsterte die Maid ängstlich -- wie dürft' ich böse sein -- aber wenn Ihr wüßtet, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte!

Dann verdient er's aber auch nicht, daß du noch länger auf ihn wartest, sagte Arnold, dem jetzt erst die wahrhaft wunderbare Anmuth des schlichten Bauernkindes auffiel. Wär' ich an seiner Stelle, du hättest nicht eine einzige Minute vergebens meiner harren sollen.

Wie Ihr nur so wunderlich redet, sagte das Mädchen verschämt, wenn er hätt' kommen können, wär' er gewiß schon da. Vielleicht ist er wohl krank oder -- oder gar -- todt, setzte sie langsam und recht aus vollem Herzen aufseufzend hinzu.

Und hat er so lange nichts von sich hören lassen?

Gar sehr, sehr lange nicht.

Dann ist er wohl weit von hier daheim?

Weit? gewiß -- schon eine recht lange Strecke von hier, sagte das Mädchen, in Bischofsroda.

Bischofsroda? rief Arnold, da hab' ich jetzt vier Wochen gehaus't und kenne jedes Kind im ganzen Dorfe. Wie heißt er?

Nehmt's nicht ungütig, fremder Herr — ich — ich glaubte —

Daß es dein Schatz wäre, mein liebes Kind, nicht wahr? lachte der junge Bursch, und jetzt bist du verdrießlich, daß dir ein anderes, fremdes und gleichgültiges Menschenbild in den Weg läuft? Sei nicht böse, daß ich's nicht bin.

Ach wie könnt Ihr nur so reden, flüsterte die Maid ängstlich — wie dürft' ich böse sein — aber wenn Ihr wüßtet, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte!

Dann verdient er's aber auch nicht, daß du noch länger auf ihn wartest, sagte Arnold, dem jetzt erst die wahrhaft wunderbare Anmuth des schlichten Bauernkindes auffiel. Wär' ich an seiner Stelle, du hättest nicht eine einzige Minute vergebens meiner harren sollen.

Wie Ihr nur so wunderlich redet, sagte das Mädchen verschämt, wenn er hätt' kommen können, wär’ er gewiß schon da. Vielleicht ist er wohl krank oder — oder gar — todt, setzte sie langsam und recht aus vollem Herzen aufseufzend hinzu.

Und hat er so lange nichts von sich hören lassen?

Gar sehr, sehr lange nicht.

Dann ist er wohl weit von hier daheim?

Weit? gewiß — schon eine recht lange Strecke von hier, sagte das Mädchen, in Bischofsroda.

Bischofsroda? rief Arnold, da hab' ich jetzt vier Wochen gehaus't und kenne jedes Kind im ganzen Dorfe. Wie heißt er?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <pb facs="#f0011"/>
        <p>Nehmt's nicht ungütig, fremder Herr &#x2014; ich &#x2014; ich glaubte &#x2014;</p><lb/>
        <p>Daß es dein Schatz wäre, mein liebes Kind, nicht wahr? lachte der junge Bursch, und jetzt bist     du verdrießlich, daß dir ein anderes, fremdes und gleichgültiges Menschenbild in den Weg läuft?     Sei nicht böse, daß ich's nicht bin.</p><lb/>
        <p>Ach wie könnt Ihr nur so reden, flüsterte die Maid ängstlich &#x2014; wie dürft' ich böse sein &#x2014; aber     wenn Ihr wüßtet, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte!</p><lb/>
        <p>Dann verdient er's aber auch nicht, daß du noch länger auf ihn wartest, sagte Arnold, dem     jetzt erst die wahrhaft wunderbare Anmuth des schlichten Bauernkindes auffiel. Wär' ich an     seiner Stelle, du hättest nicht eine einzige Minute vergebens meiner harren sollen.</p><lb/>
        <p>Wie Ihr nur so wunderlich redet, sagte das Mädchen verschämt, wenn er hätt' kommen können,     wär&#x2019; er gewiß schon da. Vielleicht ist er wohl krank oder &#x2014; oder gar &#x2014; todt, setzte sie langsam     und recht aus vollem Herzen aufseufzend hinzu.</p><lb/>
        <p>Und hat er so lange nichts von sich hören lassen?</p><lb/>
        <p>Gar sehr, sehr lange nicht.</p><lb/>
        <p>Dann ist er wohl weit von hier daheim?</p><lb/>
        <p>Weit? gewiß &#x2014; schon eine recht lange Strecke von hier, sagte das Mädchen, in Bischofsroda.</p><lb/>
        <p>Bischofsroda? rief Arnold, da hab' ich jetzt vier Wochen gehaus't und kenne jedes Kind im     ganzen Dorfe. Wie heißt er?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0011] Nehmt's nicht ungütig, fremder Herr — ich — ich glaubte — Daß es dein Schatz wäre, mein liebes Kind, nicht wahr? lachte der junge Bursch, und jetzt bist du verdrießlich, daß dir ein anderes, fremdes und gleichgültiges Menschenbild in den Weg läuft? Sei nicht böse, daß ich's nicht bin. Ach wie könnt Ihr nur so reden, flüsterte die Maid ängstlich — wie dürft' ich böse sein — aber wenn Ihr wüßtet, wie sehr ich mich darauf gefreut hatte! Dann verdient er's aber auch nicht, daß du noch länger auf ihn wartest, sagte Arnold, dem jetzt erst die wahrhaft wunderbare Anmuth des schlichten Bauernkindes auffiel. Wär' ich an seiner Stelle, du hättest nicht eine einzige Minute vergebens meiner harren sollen. Wie Ihr nur so wunderlich redet, sagte das Mädchen verschämt, wenn er hätt' kommen können, wär’ er gewiß schon da. Vielleicht ist er wohl krank oder — oder gar — todt, setzte sie langsam und recht aus vollem Herzen aufseufzend hinzu. Und hat er so lange nichts von sich hören lassen? Gar sehr, sehr lange nicht. Dann ist er wohl weit von hier daheim? Weit? gewiß — schon eine recht lange Strecke von hier, sagte das Mädchen, in Bischofsroda. Bischofsroda? rief Arnold, da hab' ich jetzt vier Wochen gehaus't und kenne jedes Kind im ganzen Dorfe. Wie heißt er?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:22:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:22:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/11
Zitationshilfe: Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/11>, abgerufen am 21.11.2024.