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Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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erfrischt und ausgeruht, nahm er seinen Tornister wieder auf und setzte seinen Weg, unbekümmert wohin er ihn führte, fort.

Eine Stunde mochte er noch so gewandert sein, hier ein Felsstück, dort ein eigenthümliches Erlengebüsch, da wieder einen knorrigen Eichenast in seine Mappe sammelnd; die Sonne war dabei höher und höher gestiegen, und er nahm sich eben vor, nun rüstig auszuschreiten, um wenigstens im nächsten Dorfe das Mittagsessen nicht zu versäumen, als er vor sich im Grunde, dicht am Bache und an einem alten Steine, auf dem früher vielleicht einmal ein Heiligenbild gestanden, eine Bäuerin sitzen sah, die den Weg, den er kam, herabschaute.

Von Erlen gedeckt, hatte er sie früher sehen können, als sie ihn; dem Ufer des Baches aber folgend, trat er kaum über das Gebüsch hinaus, das ihn bis dahin ihren Blicken entzogen hatte, als sie aufsprang und mit einem Freudenschrei auf ihn zuflog.

Arnold, wie der junge Maler hieß, blieb überrascht stehen und sah bald, daß es ein bildhübsches, kaum siebzehnjähriges Mädchen war, das in eine ganz eigenthümliche, aber äußerst nette Bauerntracht gekleidet, die Arme gegen ihn ausgestreckt, auf ihn zuflog. Arnold wußte freilich, daß sie ihn jedenfalls für einen Andern hielt und dieses freudige Begegnen nicht ihm galt -- das Mädchen erkannte ihn auch kaum, als sie erschrocken stehen blieb, erst blaß und dann über und über roth wurde und endlich schüchtern und verlegen sagte:

erfrischt und ausgeruht, nahm er seinen Tornister wieder auf und setzte seinen Weg, unbekümmert wohin er ihn führte, fort.

Eine Stunde mochte er noch so gewandert sein, hier ein Felsstück, dort ein eigenthümliches Erlengebüsch, da wieder einen knorrigen Eichenast in seine Mappe sammelnd; die Sonne war dabei höher und höher gestiegen, und er nahm sich eben vor, nun rüstig auszuschreiten, um wenigstens im nächsten Dorfe das Mittagsessen nicht zu versäumen, als er vor sich im Grunde, dicht am Bache und an einem alten Steine, auf dem früher vielleicht einmal ein Heiligenbild gestanden, eine Bäuerin sitzen sah, die den Weg, den er kam, herabschaute.

Von Erlen gedeckt, hatte er sie früher sehen können, als sie ihn; dem Ufer des Baches aber folgend, trat er kaum über das Gebüsch hinaus, das ihn bis dahin ihren Blicken entzogen hatte, als sie aufsprang und mit einem Freudenschrei auf ihn zuflog.

Arnold, wie der junge Maler hieß, blieb überrascht stehen und sah bald, daß es ein bildhübsches, kaum siebzehnjähriges Mädchen war, das in eine ganz eigenthümliche, aber äußerst nette Bauerntracht gekleidet, die Arme gegen ihn ausgestreckt, auf ihn zuflog. Arnold wußte freilich, daß sie ihn jedenfalls für einen Andern hielt und dieses freudige Begegnen nicht ihm galt — das Mädchen erkannte ihn auch kaum, als sie erschrocken stehen blieb, erst blaß und dann über und über roth wurde und endlich schüchtern und verlegen sagte:

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:22:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:22:05Z)

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Zitationshilfe: Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/10>, abgerufen am 16.04.2024.