Spannung erleidet, die =
[Formel 1]
ist. An dem letzten Seile wirkt nun die Kraft P, die der Spannung eines einzigen Seiles gleich ist; mithin haben wir auch
[Formel 2]
, oder P : Q = 1 : m, d. h. bei einem Flaschenzuge verhält sich die Kraft zur Last wie die Ein- heit zur Anzahl der von der Last gespannten Seile. Es versteht sich von selbst, dass jenes Seil, woran die Kraft wirkt, hiebei nicht in Betrachtung komme, indem die Kraft an der letzten Rolle so gross, wie die Spannung eines jeden Seiles ist.
§. 104.
Es gibt Flaschenzüge, wobei die Rollen nicht über, sondern neben einander stehen, in diesem Falle haben die Rollen in einer Flasche eine gemeinschaftliche Achse, Fig. 15. Tab. 3.um welche sich daher auch jede Rolle frei bewegen kann. Bei diesen Flaschenzügen wird offenbar auch ein jedes Seil mit einer gleichen Kraft gespannt. Wenn daher die Anzahl der gespannten Seile = m ist, so haben wir abermals die Gleichung
[Formel 3]
. Bei diesen Flaschenzügen sind gewöhnlich die Scheiben oder Rollen von gleicher Grösse.
§. 105.
Man ist nunmehr im Stande, durch eine hinlängliche Anzahl Rollen mittelst eines Flaschen- zuges jede geforderte Last durch eine gegebene Kraft in Bewegung zu setzen. Wäre z. B. eine Last von 600 Lb durch eine Kraft von 75 Lb mittelst eines Flaschenzuges auf ein Gebäude aufzuziehen, so wird man hiezu
[Formel 4]
Rollen, also vier Rollen in der obern und eben so viele in der untern Flasche benöthigen.
Indessen findet hiebei die schon mehrmals gemachte Bemerkung statt, dass man an der Geschwindigkeit der Last, folglich an der Zeit, welche die Last zur Zurücklegung des gleichen Raumes bedarf, eben so viel verliert, als das Verhältniss der Kraft zur Last durch die Anzahl der Seile vermindert wird. Es ist nämlich klar, dass, wenn die Last um einen Fuss steigen soll, ein jedes der m Seile auch um einen Fuss, folglich alle Seile zusam- men um m Fusse aufgewickelt oder verkürzt werden müssen. Da nun an dem letzten Seile die Kraft angebracht ist, so muss dieselbe m Fuss zurücklegen, wenn die Last um einen Fuss stei- gen soll, so dass der Gewinn an Kraft genau eben so viel als der Verlust an Zeit beträgt.
Setzt man den Raum, den die Kraft zurücklegt = p, und jenen der Last = q, so ist p : q = m : 1, und da P : Q = 1 : m war, so ist auch P . p = Q . q. Nun ist P . p das Bewegungsmoment der Kraft und Q . q jenes der Last; wir sehen also hieraus, dass auch hier, wie bei dem Hebel und bei dem Rade an der Welle, diese beiden Bewegungsmomente einander gleich sind.
§. 106.
Man wendet den Flaschenzug gewöhnlich zu dem Behufe an, um grosse Lasten, z. B. Bauholz, Quadersteine u. dgl. auf hohe Gebäude aufzuziehen. In diesen Fällen ersetzt der Flaschenzug das Bedürfniss eines zusammengesetzten Räderwerks, wovon wir §. 90. gehandelt haben. Man verbindet nämlich den Flaschenzug mit einer einfachen Winde,
Flaschenzug.
Spannung erleidet, die =
[Formel 1]
ist. An dem letzten Seile wirkt nun die Kraft P, die der Spannung eines einzigen Seiles gleich ist; mithin haben wir auch
[Formel 2]
, oder P : Q = 1 : m, d. h. bei einem Flaschenzuge verhält sich die Kraft zur Last wie die Ein- heit zur Anzahl der von der Last gespannten Seile. Es versteht sich von selbst, dass jenes Seil, woran die Kraft wirkt, hiebei nicht in Betrachtung komme, indem die Kraft an der letzten Rolle so groſs, wie die Spannung eines jeden Seiles ist.
§. 104.
Es gibt Flaschenzüge, wobei die Rollen nicht über, sondern neben einander stehen, in diesem Falle haben die Rollen in einer Flasche eine gemeinschaftliche Achse, Fig. 15. Tab. 3.um welche sich daher auch jede Rolle frei bewegen kann. Bei diesen Flaschenzügen wird offenbar auch ein jedes Seil mit einer gleichen Kraft gespannt. Wenn daher die Anzahl der gespannten Seile = m ist, so haben wir abermals die Gleichung
[Formel 3]
. Bei diesen Flaschenzügen sind gewöhnlich die Scheiben oder Rollen von gleicher Grösse.
§. 105.
Man ist nunmehr im Stande, durch eine hinlängliche Anzahl Rollen mittelst eines Flaschen- zuges jede geforderte Last durch eine gegebene Kraft in Bewegung zu setzen. Wäre z. B. eine Last von 600 ℔ durch eine Kraft von 75 ℔ mittelst eines Flaschenzuges auf ein Gebäude aufzuziehen, so wird man hiezu
[Formel 4]
Rollen, also vier Rollen in der obern und eben so viele in der untern Flasche benöthigen.
Indessen findet hiebei die schon mehrmals gemachte Bemerkung statt, dass man an der Geschwindigkeit der Last, folglich an der Zeit, welche die Last zur Zurücklegung des gleichen Raumes bedarf, eben so viel verliert, als das Verhältniss der Kraft zur Last durch die Anzahl der Seile vermindert wird. Es ist nämlich klar, dass, wenn die Last um einen Fuss steigen soll, ein jedes der m Seile auch um einen Fuss, folglich alle Seile zusam- men um m Fusse aufgewickelt oder verkürzt werden müssen. Da nun an dem letzten Seile die Kraft angebracht ist, so muss dieselbe m Fuss zurücklegen, wenn die Last um einen Fuss stei- gen soll, so dass der Gewinn an Kraft genau eben so viel als der Verlust an Zeit beträgt.
Setzt man den Raum, den die Kraft zurücklegt = p, und jenen der Last = q, so ist p : q = m : 1, und da P : Q = 1 : m war, so ist auch P . p = Q . q. Nun ist P . p das Bewegungsmoment der Kraft und Q . q jenes der Last; wir sehen also hieraus, dass auch hier, wie bei dem Hebel und bei dem Rade an der Welle, diese beiden Bewegungsmomente einander gleich sind.
§. 106.
Man wendet den Flaschenzug gewöhnlich zu dem Behufe an, um grosse Lasten, z. B. Bauholz, Quadersteine u. dgl. auf hohe Gebäude aufzuziehen. In diesen Fällen ersetzt der Flaschenzug das Bedürfniss eines zusammengesetzten Räderwerks, wovon wir §. 90. gehandelt haben. Man verbindet nämlich den Flaschenzug mit einer einfachen Winde,
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Flaschenzug.
Spannung erleidet, die = [FORMEL] ist. An dem letzten Seile wirkt nun die Kraft P, die der
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P : Q = 1 : m, d. h. bei einem Flaschenzuge verhält sich die Kraft zur Last wie die Ein-
heit zur Anzahl der von der Last gespannten Seile. Es versteht sich von selbst,
dass jenes Seil, woran die Kraft wirkt, hiebei nicht in Betrachtung komme, indem die
Kraft an der letzten Rolle so groſs, wie die Spannung eines jeden Seiles ist.
§. 104.
Es gibt Flaschenzüge, wobei die Rollen nicht über, sondern neben einander
stehen, in diesem Falle haben die Rollen in einer Flasche eine gemeinschaftliche Achse,
um welche sich daher auch jede Rolle frei bewegen kann. Bei diesen Flaschenzügen
wird offenbar auch ein jedes Seil mit einer gleichen Kraft gespannt. Wenn daher die
Anzahl der gespannten Seile = m ist, so haben wir abermals die Gleichung [FORMEL]. Bei
diesen Flaschenzügen sind gewöhnlich die Scheiben oder Rollen von gleicher Grösse.
Fig.
15.
Tab.
3.
§. 105.
Man ist nunmehr im Stande, durch eine hinlängliche Anzahl Rollen mittelst eines Flaschen-
zuges jede geforderte Last durch eine gegebene Kraft in Bewegung zu setzen. Wäre z. B. eine
Last von 600 ℔ durch eine Kraft von 75 ℔ mittelst eines Flaschenzuges auf ein Gebäude
aufzuziehen, so wird man hiezu [FORMEL] Rollen, also vier Rollen in der obern
und eben so viele in der untern Flasche benöthigen.
Indessen findet hiebei die schon mehrmals gemachte Bemerkung statt, dass man an
der Geschwindigkeit der Last, folglich an der Zeit, welche die Last zur Zurücklegung des
gleichen Raumes bedarf, eben so viel verliert, als das Verhältniss der Kraft zur Last durch
die Anzahl der Seile vermindert wird. Es ist nämlich klar, dass, wenn die Last um einen
Fuss steigen soll, ein jedes der m Seile auch um einen Fuss, folglich alle Seile zusam-
men um m Fusse aufgewickelt oder verkürzt werden müssen. Da nun an dem letzten Seile die
Kraft angebracht ist, so muss dieselbe m Fuss zurücklegen, wenn die Last um einen Fuss stei-
gen soll, so dass der Gewinn an Kraft genau eben so viel als der Verlust an Zeit beträgt.
Setzt man den Raum, den die Kraft zurücklegt = p, und jenen der Last = q, so ist
p : q = m : 1, und da
P : Q = 1 : m war,
so ist auch P . p = Q . q. Nun ist P . p das Bewegungsmoment der Kraft und Q . q
jenes der Last; wir sehen also hieraus, dass auch hier, wie bei dem Hebel und bei dem
Rade an der Welle, diese beiden Bewegungsmomente einander gleich sind.
§. 106.
Man wendet den Flaschenzug gewöhnlich zu dem Behufe an, um grosse Lasten, z. B.
Bauholz, Quadersteine u. dgl. auf hohe Gebäude aufzuziehen. In diesen Fällen ersetzt
der Flaschenzug das Bedürfniss eines zusammengesetzten Räderwerks, wovon wir §. 90.
gehandelt haben. Man verbindet nämlich den Flaschenzug mit einer einfachen Winde,
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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