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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
bei grossen Belastungen mit der Zeit grösser werden; auch ist es allgemein bekannt,
dass belastete Hölzer, welche durch längere Zeit im gebogenen Zustande erhalten
wurden, nach abgenommenen Gewichten weniger zurückgehen, als wenn die Gewichte nur
eine kurze Zeit darauf liegen blieben. Diese Erscheinungen beruhen auf gleichem Grun-
de, wie die bei dem Versuche bemerkten bleibenden Biegungen, indem die gebogenen
Körper, so lange sie nicht ganz gebrochen sind, immer noch eine Elasticität behalten
und daher nach abgenommener Belastung zwar wieder zurückgehen, jedoch wegen der
gewohnten Verrückung ihrer Theile nicht mehr in ihre vorige Lage ganz zurückkehren.
Hierin liegt ebenfalls der Grund, warum ein Körper, der mit einer grössern Last be-
schwert wird, als seine Elasticität zu ertragen vermag, zwar die Last eine Zeit lang halten
kann, jedoch nach Verhältniss der Zeit eine immer grössere Biegung annimmt und end-
lich bricht.

VI. Wir wollen nun noch den Coeffizienten m für den Bruch nach der Proportion
[Formel 1] , oder aus der Gleichung [Formel 2] bestimmen.
Zu diesem Behufe ist bei dem versuchten Eichenstabe, b = h = 1 Zoll, 1 = 446 Linien und
q = 180 Lb, demnach [Formel 3] , also m = 1672,5. Die-
ser Werth stimmt mit jenem nach Musschenbroek S. 297 ausgemittelten beiläufig überein.

Es muss jedoch in Hinsicht der Bestimmung dieses Coeffizienten bemerkt werden,
dass die Gleichung [Formel 4] nur statt findet, wenn bei dem Bruche die Aus-
dehnungen der zwei Körper an der Oberfläche gleich angenommen

werden. Weil aber die Hölzer aus sehr ungleichartigen Theilen bestehen und man bemerkt
hat, dass mehrere Hölzer noch nicht abbrachen, ohngeachtet einzelne Fasern an ihrer
Oberfläche schon gesprungen waren, so sieht man, dass die Berechnung des Coeffizien-
ten m nur zu einem sehr unvollkommenen Maasse der Festigkeit dienen könne, und diess
um so mehr, als nach unserer frühern Bemerkung der Bruch auch von der Zeit abhängig
ist. Ein verlässigeres Maass der Festigkeit lässt sich aber aus der Biegung abnehmen.

§. 320.

Wir kommen demnach zu der Untersuchung, wie viel ein Eichenstab von
gleicher Materie, wie der S. 328 beschriebene, jedoch mit andern Dimensionen von ei-
ner gegebenen Belastung gebogen werde, oder wie viel ein solcher
Stab tragen könne, wenn die hiebei zulässige Biegung festge-
setzt ist
.

Es seyen die Dimensionen dieses Stabes B, H und L, seine Biegung U und das auf-
gelegte Gewicht G, so verhält sich nach der §. 313. aufgestellten allgemeinen Proportion
über die Biegung gleichartiger Körper [Formel 5] . Nehmen wir nun
an, dass die Biegungen der zwei Eichenstäbe gleich gross seyn sollen, oder dass U = u
ist, so ist [Formel 6] .

Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
bei grossen Belastungen mit der Zeit grösser werden; auch ist es allgemein bekannt,
dass belastete Hölzer, welche durch längere Zeit im gebogenen Zustande erhalten
wurden, nach abgenommenen Gewichten weniger zurückgehen, als wenn die Gewichte nur
eine kurze Zeit darauf liegen blieben. Diese Erscheinungen beruhen auf gleichem Grun-
de, wie die bei dem Versuche bemerkten bleibenden Biegungen, indem die gebogenen
Körper, so lange sie nicht ganz gebrochen sind, immer noch eine Elasticität behalten
und daher nach abgenommener Belastung zwar wieder zurückgehen, jedoch wegen der
gewohnten Verrückung ihrer Theile nicht mehr in ihre vorige Lage ganz zurückkehren.
Hierin liegt ebenfalls der Grund, warum ein Körper, der mit einer grössern Last be-
schwert wird, als seine Elasticität zu ertragen vermag, zwar die Last eine Zeit lang halten
kann, jedoch nach Verhältniss der Zeit eine immer grössere Biegung annimmt und end-
lich bricht.

VI. Wir wollen nun noch den Coeffizienten m für den Bruch nach der Proportion
[Formel 1] , oder aus der Gleichung [Formel 2] bestimmen.
Zu diesem Behufe ist bei dem versuchten Eichenstabe, b = h = 1 Zoll, 1 = 446 Linien und
q = 180 ℔, demnach [Formel 3] , also m = 1672,5. Die-
ser Werth stimmt mit jenem nach Musschenbroek S. 297 ausgemittelten beiläufig überein.

Es muss jedoch in Hinsicht der Bestimmung dieses Coeffizienten bemerkt werden,
dass die Gleichung [Formel 4] nur statt findet, wenn bei dem Bruche die Aus-
dehnungen der zwei Körper an der Oberfläche gleich angenommen

werden. Weil aber die Hölzer aus sehr ungleichartigen Theilen bestehen und man bemerkt
hat, dass mehrere Hölzer noch nicht abbrachen, ohngeachtet einzelne Fasern an ihrer
Oberfläche schon gesprungen waren, so sieht man, dass die Berechnung des Coeffizien-
ten m nur zu einem sehr unvollkommenen Maasse der Festigkeit dienen könne, und diess
um so mehr, als nach unserer frühern Bemerkung der Bruch auch von der Zeit abhängig
ist. Ein verlässigeres Maass der Festigkeit lässt sich aber aus der Biegung abnehmen.

§. 320.

Wir kommen demnach zu der Untersuchung, wie viel ein Eichenstab von
gleicher Materie, wie der S. 328 beschriebene, jedoch mit andern Dimensionen von ei-
ner gegebenen Belastung gebogen werde, oder wie viel ein solcher
Stab tragen könne, wenn die hiebei zulässige Biegung festge-
setzt ist
.

Es seyen die Dimensionen dieses Stabes B, H und L, seine Biegung U und das auf-
gelegte Gewicht G, so verhält sich nach der §. 313. aufgestellten allgemeinen Proportion
über die Biegung gleichartiger Körper [Formel 5] . Nehmen wir nun
an, dass die Biegungen der zwei Eichenstäbe gleich gross seyn sollen, oder dass U = u
ist, so ist [Formel 6] .

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[335/0365] Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer. bei grossen Belastungen mit der Zeit grösser werden; auch ist es allgemein bekannt, dass belastete Hölzer, welche durch längere Zeit im gebogenen Zustande erhalten wurden, nach abgenommenen Gewichten weniger zurückgehen, als wenn die Gewichte nur eine kurze Zeit darauf liegen blieben. Diese Erscheinungen beruhen auf gleichem Grun- de, wie die bei dem Versuche bemerkten bleibenden Biegungen, indem die gebogenen Körper, so lange sie nicht ganz gebrochen sind, immer noch eine Elasticität behalten und daher nach abgenommener Belastung zwar wieder zurückgehen, jedoch wegen der gewohnten Verrückung ihrer Theile nicht mehr in ihre vorige Lage ganz zurückkehren. Hierin liegt ebenfalls der Grund, warum ein Körper, der mit einer grössern Last be- schwert wird, als seine Elasticität zu ertragen vermag, zwar die Last eine Zeit lang halten kann, jedoch nach Verhältniss der Zeit eine immer grössere Biegung annimmt und end- lich bricht. VI. Wir wollen nun noch den Coeffizienten m für den Bruch nach der Proportion [FORMEL], oder aus der Gleichung [FORMEL] bestimmen. Zu diesem Behufe ist bei dem versuchten Eichenstabe, b = h = 1 Zoll, 1 = 446 Linien und q = 180 ℔, demnach [FORMEL], also m = 1672,5. Die- ser Werth stimmt mit jenem nach Musschenbroek S. 297 ausgemittelten beiläufig überein. Es muss jedoch in Hinsicht der Bestimmung dieses Coeffizienten bemerkt werden, dass die Gleichung [FORMEL] nur statt findet, wenn bei dem Bruche die Aus- dehnungen der zwei Körper an der Oberfläche gleich angenommen werden. Weil aber die Hölzer aus sehr ungleichartigen Theilen bestehen und man bemerkt hat, dass mehrere Hölzer noch nicht abbrachen, ohngeachtet einzelne Fasern an ihrer Oberfläche schon gesprungen waren, so sieht man, dass die Berechnung des Coeffizien- ten m nur zu einem sehr unvollkommenen Maasse der Festigkeit dienen könne, und diess um so mehr, als nach unserer frühern Bemerkung der Bruch auch von der Zeit abhängig ist. Ein verlässigeres Maass der Festigkeit lässt sich aber aus der Biegung abnehmen. §. 320. Wir kommen demnach zu der Untersuchung, wie viel ein Eichenstab von gleicher Materie, wie der S. 328 beschriebene, jedoch mit andern Dimensionen von ei- ner gegebenen Belastung gebogen werde, oder wie viel ein solcher Stab tragen könne, wenn die hiebei zulässige Biegung festge- setzt ist. Es seyen die Dimensionen dieses Stabes B, H und L, seine Biegung U und das auf- gelegte Gewicht G, so verhält sich nach der §. 313. aufgestellten allgemeinen Proportion über die Biegung gleichartiger Körper [FORMEL]. Nehmen wir nun an, dass die Biegungen der zwei Eichenstäbe gleich gross seyn sollen, oder dass U = u ist, so ist [FORMEL].

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/365>, abgerufen am 21.11.2024.