Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Kettenbrücke über die Seine in Paris.

Wird dieses Gewicht mit 150 dividirt, so kommt auf jeden Metre-Länge der
Brückenbahn eine Last von 3896Kil. (auf einen N. Oe. Fuss Länge die Last von 22
N. Oe. Zentner).

Zur Bestimmung der zufälligen Belastung nahm Hr. Navier an, dass bei ei-
nem Menschengedränge 195Kil. auf den Quad. Met. entfallen. (Diess gibt 12,5 N. Oe. Zent-
ner auf eine N. Oe. Quad. Klafter). Da nun der Abstand der Geländer 8,7 Met. betrug,
so ergab sich für jeden Met. Länge eine Belastung von 1697Kil.

Die beständige und zufällige Belastung addirt, gibt eine Totallast von 5593Kil.

§. 419.
Fig.
1.
Tab.
25.

Wir haben bereits erwähnt, dass diese Brücke noch vor ihrer gänzlichen Aufstellung
solche Gebrechen zeigte, dass sie abgetragen werden musste. Nach den hierüber an
Ort und Stelle gesammelten Erkundigungen wurde das Mauerwerk unterhalb des Bo-
gens o p durch die Zugkraft der Ketten aus seiner Lage gerückt oder gehoben, es bilde-
ten sich zwischen allen daselbst vorhandenen Quadern grosse Fugen, und ein bedeuten-
der Theil der Quadersteine zerbrach. Herr Navier liess nun den Raum A B zwischen
den Tragpfeilern und Widerlagen, welcher bisher gar nicht beachtet wurde, und mit
Thon und Erdreich gefüllt war, ausheben und Bruchsteine hineinwerfen; allein nun
ging der Strebepfeiler, welcher den Bogen o p stützte, noch mehr zurück; die Trag-
pfeiler oder Säulen verloren auch ihre vertikale Lage und man konnte die Brückenbahn
nicht mehr einhängen, da die Hauptketten sich immer mehr senkten. Weil aber das
Mauerwerk bedeutende Beschädigungen erlitten hatte, und keine Verbesserung desselben
möglich war, so musste es ganz abgetragen und die neue Brücke in einiger Entfernung
hievon errichtet werden.

§. 420.

Die Akziengesellschaft, welche die beschriebene Kettenbrücke über die Seine un-
ternommen hatte, entschloss sich, ein Jahr, nachdem der Bau derselben aufgelassen
wurde, eine neue Kettenbrücke zu erbauen, und schickte zu diesem Behufe den In-
genieur de Verges nach England, um daselbst die Construction der Hammersmithbrü-
cke genau kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde die neue Brücke beiläufig
hundert Schritte von dem Orte, wo die frühere gestanden war, unter seiner Leitung
erbaut, und im November 1829 beendigt. Die Darstellung derselben enthält Fig. 7 bis
10 auf der Tafel Nro. 25.

Nach der Längenansicht Fig. 7 beträgt die Entfernung zwischen den zwei Land-
Fig.
7
bis
10.
widerlagen 125 Met. (395,4 N. Oe. Fuss) und ist in fünf gleiche Theile getheilt.
Die Mitte der zwei Tragpfeiler befindet sich genau auf der Entfernung von ein Fünf-
theil der ganzen Spannweite oder 25 Met.; es bleiben daher für die Entfernung der
zwei Tragpfeiler von Mitte zu Mitte derselben gemessen 3mal 25 = 75 Met. (237,3 N. Oe.
Fuss) übrig. Die Tragpfeiler sind gleich jenen in Hammersmith erbaut, wie es
aus der Ansicht Fig. 10 zu ersehen ist. Da die Spannweite dieser Brücke beiläufig
halb so gross, als bei jener in Hammersmith ist, so hielt es der Ingenieur nicht für
nothwendig, einen Theil der Brückenbahn durch die Tragketten von unten zu stützen,

Kettenbrücke über die Seine in Paris.

Wird dieses Gewicht mit 150 dividirt, so kommt auf jeden Metre-Länge der
Brückenbahn eine Last von 3896Kil. (auf einen N. Oe. Fuss Länge die Last von 22
N. Oe. Zentner).

Zur Bestimmung der zufälligen Belastung nahm Hr. Navier an, dass bei ei-
nem Menschengedränge 195Kil. auf den Quad. Met. entfallen. (Diess gibt 12,5 N. Oe. Zent-
ner auf eine N. Oe. Quad. Klafter). Da nun der Abstand der Geländer 8,7 Met. betrug,
so ergab sich für jeden Met. Länge eine Belastung von 1697Kil.

Die beständige und zufällige Belastung addirt, gibt eine Totallast von 5593Kil.

§. 419.
Fig.
1.
Tab.
25.

Wir haben bereits erwähnt, dass diese Brücke noch vor ihrer gänzlichen Aufstellung
solche Gebrechen zeigte, dass sie abgetragen werden musste. Nach den hierüber an
Ort und Stelle gesammelten Erkundigungen wurde das Mauerwerk unterhalb des Bo-
gens o p durch die Zugkraft der Ketten aus seiner Lage gerückt oder gehoben, es bilde-
ten sich zwischen allen daselbst vorhandenen Quadern grosse Fugen, und ein bedeuten-
der Theil der Quadersteine zerbrach. Herr Navier liess nun den Raum A B zwischen
den Tragpfeilern und Widerlagen, welcher bisher gar nicht beachtet wurde, und mit
Thon und Erdreich gefüllt war, ausheben und Bruchsteine hineinwerfen; allein nun
ging der Strebepfeiler, welcher den Bogen o p stützte, noch mehr zurück; die Trag-
pfeiler oder Säulen verloren auch ihre vertikale Lage und man konnte die Brückenbahn
nicht mehr einhängen, da die Hauptketten sich immer mehr senkten. Weil aber das
Mauerwerk bedeutende Beschädigungen erlitten hatte, und keine Verbesserung desselben
möglich war, so musste es ganz abgetragen und die neue Brücke in einiger Entfernung
hievon errichtet werden.

§. 420.

Die Akziengesellschaft, welche die beschriebene Kettenbrücke über die Seine un-
ternommen hatte, entschloss sich, ein Jahr, nachdem der Bau derselben aufgelassen
wurde, eine neue Kettenbrücke zu erbauen, und schickte zu diesem Behufe den In-
genieur de Vèrges nach England, um daselbst die Construction der Hammersmithbrü-
cke genau kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde die neue Brücke beiläufig
hundert Schritte von dem Orte, wo die frühere gestanden war, unter seiner Leitung
erbaut, und im November 1829 beendigt. Die Darstellung derselben enthält Fig. 7 bis
10 auf der Tafel Nro. 25.

Nach der Längenansicht Fig. 7 beträgt die Entfernung zwischen den zwei Land-
Fig.
7
bis
10.
widerlagen 125 Met. (395,4 N. Oe. Fuss) und ist in fünf gleiche Theile getheilt.
Die Mitte der zwei Tragpfeiler befindet sich genau auf der Entfernung von ein Fünf-
theil der ganzen Spannweite oder 25 Met.; es bleiben daher für die Entfernung der
zwei Tragpfeiler von Mitte zu Mitte derselben gemessen 3mal 25 = 75 Met. (237,3 N. Oe.
Fuss) übrig. Die Tragpfeiler sind gleich jenen in Hammersmith erbaut, wie es
aus der Ansicht Fig. 10 zu ersehen ist. Da die Spannweite dieser Brücke beiläufig
halb so gross, als bei jener in Hammersmith ist, so hielt es der Ingenieur nicht für
nothwendig, einen Theil der Brückenbahn durch die Tragketten von unten zu stützen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0498" n="468"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Kettenbrücke über die <hi rendition="#g">Seine</hi> in Paris</hi>.</fw><lb/>
            <p>Wird dieses Gewicht mit 150 dividirt, so kommt auf jeden <hi rendition="#i">Metre</hi>-Länge der<lb/>
Brückenbahn eine Last von 3896<hi rendition="#sup">Kil.</hi> (auf einen N. Oe. Fuss Länge die Last von 22<lb/>
N. Oe. Zentner).</p><lb/>
            <p>Zur Bestimmung der <hi rendition="#g">zufälligen Belastung</hi> nahm Hr. <hi rendition="#i">Navier</hi> an, dass bei ei-<lb/>
nem Menschengedränge 195<hi rendition="#sup">Kil.</hi> auf den <hi rendition="#i">Quad. Met</hi>. entfallen. (Diess gibt 12,<hi rendition="#sub">5</hi> N. Oe. Zent-<lb/>
ner auf eine N. Oe. Quad. Klafter). Da nun der Abstand der Geländer 8,<hi rendition="#sub">7</hi> <hi rendition="#i">Met</hi>. betrug,<lb/>
so ergab sich für jeden <hi rendition="#i">Met</hi>. Länge eine Belastung von 1697<hi rendition="#sup">Kil.</hi></p><lb/>
            <p>Die beständige und zufällige Belastung addirt, gibt eine <hi rendition="#g">Totallast</hi> von 5593<hi rendition="#sup">Kil.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 419.</head><lb/>
            <note place="left">Fig.<lb/>
1.<lb/>
Tab.<lb/>
25.</note>
            <p>Wir haben bereits erwähnt, dass diese Brücke noch vor ihrer gänzlichen Aufstellung<lb/>
solche Gebrechen zeigte, dass sie abgetragen werden musste. Nach den hierüber an<lb/>
Ort und Stelle gesammelten Erkundigungen wurde das Mauerwerk unterhalb des Bo-<lb/>
gens o p durch die Zugkraft der Ketten aus seiner Lage gerückt oder gehoben, es bilde-<lb/>
ten sich zwischen allen daselbst vorhandenen Quadern grosse Fugen, und ein bedeuten-<lb/>
der Theil der Quadersteine zerbrach. Herr <hi rendition="#i">Navier</hi> liess nun den Raum A B zwischen<lb/>
den Tragpfeilern und Widerlagen, welcher bisher gar nicht beachtet wurde, und mit<lb/>
Thon und Erdreich gefüllt war, ausheben und Bruchsteine hineinwerfen; allein nun<lb/>
ging der Strebepfeiler, welcher den Bogen o p stützte, noch mehr zurück; die Trag-<lb/>
pfeiler oder Säulen verloren auch ihre vertikale Lage und man konnte die Brückenbahn<lb/>
nicht mehr einhängen, da die Hauptketten sich immer mehr senkten. Weil aber das<lb/>
Mauerwerk bedeutende Beschädigungen erlitten hatte, und keine Verbesserung desselben<lb/>
möglich war, so musste es ganz abgetragen und die neue Brücke in einiger Entfernung<lb/>
hievon errichtet werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 420.</head><lb/>
            <p>Die Akziengesellschaft, welche die beschriebene Kettenbrücke über die <hi rendition="#i">Seine</hi> un-<lb/>
ternommen hatte, entschloss sich, ein Jahr, nachdem der Bau derselben aufgelassen<lb/>
wurde, eine neue Kettenbrücke zu erbauen, und schickte zu diesem Behufe den In-<lb/>
genieur <hi rendition="#i">de Vèrges</hi> nach England, um daselbst die Construction der Hammersmithbrü-<lb/>
cke genau kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde die neue Brücke beiläufig<lb/>
hundert Schritte von dem Orte, wo die frühere gestanden war, unter seiner Leitung<lb/>
erbaut, und im November 1829 beendigt. Die Darstellung derselben enthält Fig. 7 bis<lb/>
10 auf der Tafel Nro. 25.</p><lb/>
            <p>Nach der Längenansicht Fig. 7 beträgt die Entfernung zwischen den zwei Land-<lb/><note place="left">Fig.<lb/>
7<lb/>
bis<lb/>
10.</note>widerlagen 125 <hi rendition="#i">Met</hi>. (395,<hi rendition="#sub">4</hi> N. Oe. Fuss) und ist <hi rendition="#g">in fünf gleiche Theile</hi> getheilt.<lb/>
Die Mitte der zwei Tragpfeiler befindet sich genau auf der Entfernung von ein Fünf-<lb/>
theil der ganzen Spannweite oder 25 <hi rendition="#i">Met</hi>.; es bleiben daher für die Entfernung der<lb/>
zwei Tragpfeiler von Mitte zu Mitte derselben gemessen 3<hi rendition="#sup">mal</hi> 25 = 75 <hi rendition="#i">Met</hi>. (237,<hi rendition="#sub">3</hi> N. Oe.<lb/>
Fuss) übrig. Die <hi rendition="#g">Tragpfeiler</hi> sind gleich jenen in Hammersmith erbaut, wie es<lb/>
aus der Ansicht Fig. 10 zu ersehen ist. Da die Spannweite dieser Brücke beiläufig<lb/>
halb so gross, als bei jener in Hammersmith ist, so hielt es der Ingenieur nicht für<lb/>
nothwendig, einen Theil der Brückenbahn durch die Tragketten von unten zu stützen,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0498] Kettenbrücke über die Seine in Paris. Wird dieses Gewicht mit 150 dividirt, so kommt auf jeden Metre-Länge der Brückenbahn eine Last von 3896Kil. (auf einen N. Oe. Fuss Länge die Last von 22 N. Oe. Zentner). Zur Bestimmung der zufälligen Belastung nahm Hr. Navier an, dass bei ei- nem Menschengedränge 195Kil. auf den Quad. Met. entfallen. (Diess gibt 12,5 N. Oe. Zent- ner auf eine N. Oe. Quad. Klafter). Da nun der Abstand der Geländer 8,7 Met. betrug, so ergab sich für jeden Met. Länge eine Belastung von 1697Kil. Die beständige und zufällige Belastung addirt, gibt eine Totallast von 5593Kil. §. 419. Wir haben bereits erwähnt, dass diese Brücke noch vor ihrer gänzlichen Aufstellung solche Gebrechen zeigte, dass sie abgetragen werden musste. Nach den hierüber an Ort und Stelle gesammelten Erkundigungen wurde das Mauerwerk unterhalb des Bo- gens o p durch die Zugkraft der Ketten aus seiner Lage gerückt oder gehoben, es bilde- ten sich zwischen allen daselbst vorhandenen Quadern grosse Fugen, und ein bedeuten- der Theil der Quadersteine zerbrach. Herr Navier liess nun den Raum A B zwischen den Tragpfeilern und Widerlagen, welcher bisher gar nicht beachtet wurde, und mit Thon und Erdreich gefüllt war, ausheben und Bruchsteine hineinwerfen; allein nun ging der Strebepfeiler, welcher den Bogen o p stützte, noch mehr zurück; die Trag- pfeiler oder Säulen verloren auch ihre vertikale Lage und man konnte die Brückenbahn nicht mehr einhängen, da die Hauptketten sich immer mehr senkten. Weil aber das Mauerwerk bedeutende Beschädigungen erlitten hatte, und keine Verbesserung desselben möglich war, so musste es ganz abgetragen und die neue Brücke in einiger Entfernung hievon errichtet werden. §. 420. Die Akziengesellschaft, welche die beschriebene Kettenbrücke über die Seine un- ternommen hatte, entschloss sich, ein Jahr, nachdem der Bau derselben aufgelassen wurde, eine neue Kettenbrücke zu erbauen, und schickte zu diesem Behufe den In- genieur de Vèrges nach England, um daselbst die Construction der Hammersmithbrü- cke genau kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde die neue Brücke beiläufig hundert Schritte von dem Orte, wo die frühere gestanden war, unter seiner Leitung erbaut, und im November 1829 beendigt. Die Darstellung derselben enthält Fig. 7 bis 10 auf der Tafel Nro. 25. Nach der Längenansicht Fig. 7 beträgt die Entfernung zwischen den zwei Land- widerlagen 125 Met. (395,4 N. Oe. Fuss) und ist in fünf gleiche Theile getheilt. Die Mitte der zwei Tragpfeiler befindet sich genau auf der Entfernung von ein Fünf- theil der ganzen Spannweite oder 25 Met.; es bleiben daher für die Entfernung der zwei Tragpfeiler von Mitte zu Mitte derselben gemessen 3mal 25 = 75 Met. (237,3 N. Oe. Fuss) übrig. Die Tragpfeiler sind gleich jenen in Hammersmith erbaut, wie es aus der Ansicht Fig. 10 zu ersehen ist. Da die Spannweite dieser Brücke beiläufig halb so gross, als bei jener in Hammersmith ist, so hielt es der Ingenieur nicht für nothwendig, einen Theil der Brückenbahn durch die Tragketten von unten zu stützen, Fig. 7 bis 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/498
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/498>, abgerufen am 22.11.2024.