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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Reibung an den Achsen der Räder.
zernen mit Eisen beschlagen. Da die Tragungsfähigkeit des Eisens viel grösser
als jene des Holzes ist, so kann man eiserne Achsen auch viel schwächer als höl-
zerne machen, und die erstern werden daher vorzüglich bei Stadtwägen ange-
wendet. Die Verminderung der Durchmesser der Achsen hat inzwischen auch
ihre Gränze, indem sie so berechnet werden müssen, um das Brechen zu ver-
meiden; es gibt daher auch hier ein bestimmtes Maass, das nicht überschritten
werden darf.
2tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner der Reibungs-
coeffizient m ist
, in welcher Hinsicht die Nabe ausgedreht, vollkommen ge-
glättet und gut geschmiert wird. Man dreht daher auch die Achsen genau ab,
und beschlägt sie mit Eisen, wenn sie von Holz sind; die Nabe erhält ebenfalls
wenn sie von Holz ist, eine metallene Büchse, demnach kann man in den mei-
sten Fällen m = 1/8 setzen.
3tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner die Last Q ist,
wie sich übrigens von selbst versteht. Unter Q wird jedoch immer nur jene
Last verstanden, welche den Druck und sonach die Reibung an der Nabe
verursacht; diess ist das Gewicht der Ladung und das Gewicht des Wagen-
gestelles
, die Räder sind hierunter nicht begriffen, weil selbe bloss auf die
Erde
drücken, und daher hinsichtlich der Reibung an den Achsen keinen Ein-
fluss ausüben.

Wenn der Widerstand der Räder an dem Erdboden kleiner als der Widerstand
an den Achsen m . Q . [Formel 1] ist, so bewegen sich die Räder nicht; diess sieht man
öfters im Winter, wenn die Schneebahn recht abgefahren und dagegen die Wagen-
schmiere eingefroren ist. Ist hingegen der Widerstand an der Erde grösser als an den
Achsen, so bewegen sich die Räder.

Beispiel. Es sey der Durchmesser der Räder 2 A = 5 Fuss = 60 Zoll, der Durch-
messer der Achsen 2 a = 4 Zoll und der Reibungscoeffizient für Eisen auf Eisen
m = 1/8 , so ist die zur Ueberwältigung der Reibung an den Achsen nothwendige
Zugkraft [Formel 2] , d. h. der Widerstand beträgt nur den 120sten Theil der
Last, oder es ist eben so viel, als wenn man nur den 120sten Theil der
Last zu tragen oder zu ziehen hätte
. Wäre daher Q = 20 Zentner, so
ist = 16 2/3 Lb.

Da nun die Kraft eines Pferdes zu 1 Zentner angeschlagen wird, so würde folgen,
dass ein Pferd eine Last von 120 Zentner, (worunter das Gewicht der Ladung und des
Wagens begriffen ist) zu ziehen vermag; allein wir wissen, dass man auf ein mittelmäs-
sig starkes Pferd gewöhnlich nur 10 bis 12 Zentner Ladung rechnet. Hieraus ergibt sich,
dass die übrigen im vorigen Paragraphe bemerkten Widerstände bei weitem mehr be-
tragen müssen, als die Reibung an den Achsen.

§. 532.

Der nächste Widerstand, welchen wir zu betrachten haben, wird durch die Steine
verursacht
, an welche die Räder anstossen. Da die Räder bei diesem Stosse von

Reibung an den Achsen der Räder.
zernen mit Eisen beschlagen. Da die Tragungsfähigkeit des Eisens viel grösser
als jene des Holzes ist, so kann man eiserne Achsen auch viel schwächer als höl-
zerne machen, und die erstern werden daher vorzüglich bei Stadtwägen ange-
wendet. Die Verminderung der Durchmesser der Achsen hat inzwischen auch
ihre Gränze, indem sie so berechnet werden müssen, um das Brechen zu ver-
meiden; es gibt daher auch hier ein bestimmtes Maass, das nicht überschritten
werden darf.
2tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner der Reibungs-
coeffizient m ist
, in welcher Hinsicht die Nabe ausgedreht, vollkommen ge-
glättet und gut geschmiert wird. Man dreht daher auch die Achsen genau ab,
und beschlägt sie mit Eisen, wenn sie von Holz sind; die Nabe erhält ebenfalls
wenn sie von Holz ist, eine metallene Büchse, demnach kann man in den mei-
sten Fällen m = ⅛ setzen.
3tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner die Last Q ist,
wie sich übrigens von selbst versteht. Unter Q wird jedoch immer nur jene
Last verstanden, welche den Druck und sonach die Reibung an der Nabe
verursacht; diess ist das Gewicht der Ladung und das Gewicht des Wagen-
gestelles
, die Räder sind hierunter nicht begriffen, weil selbe bloss auf die
Erde
drücken, und daher hinsichtlich der Reibung an den Achsen keinen Ein-
fluss ausüben.

Wenn der Widerstand der Räder an dem Erdboden kleiner als der Widerstand
an den Achsen m . Q . [Formel 1] ist, so bewegen sich die Räder nicht; diess sieht man
öfters im Winter, wenn die Schneebahn recht abgefahren und dagegen die Wagen-
schmiere eingefroren ist. Ist hingegen der Widerstand an der Erde grösser als an den
Achsen, so bewegen sich die Räder.

Beispiel. Es sey der Durchmesser der Räder 2 A = 5 Fuss = 60 Zoll, der Durch-
messer der Achsen 2 a = 4 Zoll und der Reibungscoeffizient für Eisen auf Eisen
m = ⅛, so ist die zur Ueberwältigung der Reibung an den Achsen nothwendige
Zugkraft [Formel 2] , d. h. der Widerstand beträgt nur den 120sten Theil der
Last, oder es ist eben so viel, als wenn man nur den 120sten Theil der
Last zu tragen oder zu ziehen hätte
. Wäre daher Q = 20 Zentner, so
ist 𝔎 = 16 ⅔ ℔.

Da nun die Kraft eines Pferdes zu 1 Zentner angeschlagen wird, so würde folgen,
dass ein Pferd eine Last von 120 Zentner, (worunter das Gewicht der Ladung und des
Wagens begriffen ist) zu ziehen vermag; allein wir wissen, dass man auf ein mittelmäs-
sig starkes Pferd gewöhnlich nur 10 bis 12 Zentner Ladung rechnet. Hieraus ergibt sich,
dass die übrigen im vorigen Paragraphe bemerkten Widerstände bei weitem mehr be-
tragen müssen, als die Reibung an den Achsen.

§. 532.

Der nächste Widerstand, welchen wir zu betrachten haben, wird durch die Steine
verursacht
, an welche die Räder anstossen. Da die Räder bei diesem Stosse von

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[575/0607] Reibung an den Achsen der Räder. zernen mit Eisen beschlagen. Da die Tragungsfähigkeit des Eisens viel grösser als jene des Holzes ist, so kann man eiserne Achsen auch viel schwächer als höl- zerne machen, und die erstern werden daher vorzüglich bei Stadtwägen ange- wendet. Die Verminderung der Durchmesser der Achsen hat inzwischen auch ihre Gränze, indem sie so berechnet werden müssen, um das Brechen zu ver- meiden; es gibt daher auch hier ein bestimmtes Maass, das nicht überschritten werden darf. 2tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner der Reibungs- coeffizient m ist, in welcher Hinsicht die Nabe ausgedreht, vollkommen ge- glättet und gut geschmiert wird. Man dreht daher auch die Achsen genau ab, und beschlägt sie mit Eisen, wenn sie von Holz sind; die Nabe erhält ebenfalls wenn sie von Holz ist, eine metallene Büchse, demnach kann man in den mei- sten Fällen m = ⅛ setzen. 3tens. Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner die Last Q ist, wie sich übrigens von selbst versteht. Unter Q wird jedoch immer nur jene Last verstanden, welche den Druck und sonach die Reibung an der Nabe verursacht; diess ist das Gewicht der Ladung und das Gewicht des Wagen- gestelles, die Räder sind hierunter nicht begriffen, weil selbe bloss auf die Erde drücken, und daher hinsichtlich der Reibung an den Achsen keinen Ein- fluss ausüben. Wenn der Widerstand der Räder an dem Erdboden kleiner als der Widerstand an den Achsen m . Q . [FORMEL] ist, so bewegen sich die Räder nicht; diess sieht man öfters im Winter, wenn die Schneebahn recht abgefahren und dagegen die Wagen- schmiere eingefroren ist. Ist hingegen der Widerstand an der Erde grösser als an den Achsen, so bewegen sich die Räder. Beispiel. Es sey der Durchmesser der Räder 2 A = 5 Fuss = 60 Zoll, der Durch- messer der Achsen 2 a = 4 Zoll und der Reibungscoeffizient für Eisen auf Eisen m = ⅛, so ist die zur Ueberwältigung der Reibung an den Achsen nothwendige Zugkraft [FORMEL], d. h. der Widerstand beträgt nur den 120sten Theil der Last, oder es ist eben so viel, als wenn man nur den 120sten Theil der Last zu tragen oder zu ziehen hätte. Wäre daher Q = 20 Zentner, so ist 𝔎 = 16 ⅔ ℔. Da nun die Kraft eines Pferdes zu 1 Zentner angeschlagen wird, so würde folgen, dass ein Pferd eine Last von 120 Zentner, (worunter das Gewicht der Ladung und des Wagens begriffen ist) zu ziehen vermag; allein wir wissen, dass man auf ein mittelmäs- sig starkes Pferd gewöhnlich nur 10 bis 12 Zentner Ladung rechnet. Hieraus ergibt sich, dass die übrigen im vorigen Paragraphe bemerkten Widerstände bei weitem mehr be- tragen müssen, als die Reibung an den Achsen. §. 532. Der nächste Widerstand, welchen wir zu betrachten haben, wird durch die Steine verursacht, an welche die Räder anstossen. Da die Räder bei diesem Stosse von

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/607>, abgerufen am 22.11.2024.