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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Prüfung eines oberschlächtigen Rades.

Wir haben gezeigt, dass die Arbeit einer jeden Maschine dem Bewegungsmo-
mente
proporzional ist, welches von derselben hervorgebracht wird. Bei oberschläch-
tigen Rädern ist dieses Bewegungsmoment gleich dem Produkte aus dem Gewichte des
hierbei in jeder Sekunde verwendeten Aufschlagwassers und der wirksamen Wassersäule.
Die letztere hängt wieder von dem Unterschiede der Geschwindigkeiten des einfallenden
Wassers und des Rades und dann hauptsächlich von der Höhe des wasserhaltenden Bo-
gens sowohl in der obern als untern Hälfte des Rades ab. Die Wassermenge, welche
auf das Rad geleitet wird, lässt sich an Orten, wo nur ein Rad betrieben wird, schon
aus dem Wasserzuflusse in den Zuleitungsgräben und Mühlgerinnen auf die bekannte
Art messen. Da jedoch diese Wassermenge nur sehr selten zur Betreibung eines ein-
zelnen Rades verwendet wird, so geschieht diess bei jedem Rade am verlässigsten aus der
Bemessung des Wasserstandes vor der Schütze und aus der Breite und Höhe der Oeff-
nung, welche nach der aufgezogenen Schütze dem Wasser zum Ausflusse eröffnet wird.
Da dieser Gegenstand bereits an mehreren Orten dieses Werkes umständlich behandelt
wurde, so haben wir nicht nöthig, hierüber noch eine besondere Anweisung anzuführen.

Die Höhe der wirksamen Wassersäule für die obere Hälfte des
Fig.
9.
Tab.
61.
Rades, nämlich R. Cos w ergibt sich am leichtesten aus folgender Berechnung. Es
sey die Höhe des Wasserstandes ober der Mitte der Ausflussöffnung, welche sich bei je-
dem im Gange befindlichen Mühlenrade ohne Anstand bemessen lässt, H K = h, so ist die
Geschwindigkeit des Ausflusses [Formel 1] Der Ort, wo der Wasserstrahl in die äussere
Peripherie des Rades einfällt, sey D und der Winkel A C D = w, der Halbmesser des
Rades A C = R, so ist B D = R . Sin w und B C = R . Cos w. Die Zeit, in welcher das
Wasser den Raum H J = B D zurücklegt, wollen wir t nennen, so ist
B D = R . Sin w [Formel 2] , und weil das Wasser in derselben Zeit durch die Höhe
J D = H B herabfällt, so ist [Formel 3] . Setzen wir nun den Raum von der Mitte der
Oeffnung bis zur äussern Peripherie des Rades H A = a und A B = z = R -- R . Cos w, so
ist [Formel 4] . Wird nun dieser Werth in die obige Gleichung an die Stelle von t
gesetzt, so ist B D = R . Sin [Formel 5] , folglich B D2 = R2 . Sin2 w = 4 h (a + z)
oder R2 (1 -- Cos2 w) = 4 a . h + 4 h . R -- 4 h . R . Cos w. Wird diese Gleichung geordnet,
so haben wir R2 . Cos2 w -- 4 h . R . Cos w = R2 -- 4 h . R -- 4 a . h. Wird hier zu beiden
Seiten der Gleichung 4 h2 hinzugesetzt, so haben wir (R . Cos w -- 2 h)2 = (R -- 2 h)2 -- 4 a . h.
Daraus folgt die gesuchte Höhe der wirksamen Wassersäule in der obern Hälfte des
Rades R . Cos [Formel 6] .

Bevor wir von dieser Gleichung einen Gebrauch machen, wollen wir noch folgen-
de Bemerkungen voraus schicken. 1tens: Wäre die Wasserstandshöhe vor der Schüt-
zenöffnung h = 0, so ist R . Cos w = R und w = 0, folglich die Höhe der wirksa-
men Wassersäule zwar die grösstmögliche, allein da in diesem Falle das Wasser senk-
recht auf die Peripherie des Rades herabfallen würde, folglich das Rad nicht in Be-
wegung setzen könnte, so erhellet die Unbrauchbarkeit dieser Annahme von selbst.
2tens: Wäre a oder das sogenannte obere Freihängen des Rades = 0, so ist aber-

Prüfung eines oberschlächtigen Rades.

Wir haben gezeigt, dass die Arbeit einer jeden Maschine dem Bewegungsmo-
mente
proporzional ist, welches von derselben hervorgebracht wird. Bei oberschläch-
tigen Rädern ist dieses Bewegungsmoment gleich dem Produkte aus dem Gewichte des
hierbei in jeder Sekunde verwendeten Aufschlagwassers und der wirksamen Wassersäule.
Die letztere hängt wieder von dem Unterschiede der Geschwindigkeiten des einfallenden
Wassers und des Rades und dann hauptsächlich von der Höhe des wasserhaltenden Bo-
gens sowohl in der obern als untern Hälfte des Rades ab. Die Wassermenge, welche
auf das Rad geleitet wird, lässt sich an Orten, wo nur ein Rad betrieben wird, schon
aus dem Wasserzuflusse in den Zuleitungsgräben und Mühlgerinnen auf die bekannte
Art messen. Da jedoch diese Wassermenge nur sehr selten zur Betreibung eines ein-
zelnen Rades verwendet wird, so geschieht diess bei jedem Rade am verlässigsten aus der
Bemessung des Wasserstandes vor der Schütze und aus der Breite und Höhe der Oeff-
nung, welche nach der aufgezogenen Schütze dem Wasser zum Ausflusse eröffnet wird.
Da dieser Gegenstand bereits an mehreren Orten dieses Werkes umständlich behandelt
wurde, so haben wir nicht nöthig, hierüber noch eine besondere Anweisung anzuführen.

Die Höhe der wirksamen Wassersäule für die obere Hälfte des
Fig.
9.
Tab.
61.
Rades, nämlich R. Cos w ergibt sich am leichtesten aus folgender Berechnung. Es
sey die Höhe des Wasserstandes ober der Mitte der Ausflussöffnung, welche sich bei je-
dem im Gange befindlichen Mühlenrade ohne Anstand bemessen lässt, H K = h, so ist die
Geschwindigkeit des Ausflusses [Formel 1] Der Ort, wo der Wasserstrahl in die äussere
Peripherie des Rades einfällt, sey D und der Winkel A C D = w, der Halbmesser des
Rades A C = R, so ist B D = R . Sin w und B C = R . Cos w. Die Zeit, in welcher das
Wasser den Raum H J = B D zurücklegt, wollen wir t nennen, so ist
B D = R . Sin w [Formel 2] , und weil das Wasser in derselben Zeit durch die Höhe
J D = H B herabfällt, so ist [Formel 3] . Setzen wir nun den Raum von der Mitte der
Oeffnung bis zur äussern Peripherie des Rades H A = a und A B = z = R — R . Cos w, so
ist [Formel 4] . Wird nun dieser Werth in die obige Gleichung an die Stelle von t
gesetzt, so ist B D = R . Sin [Formel 5] , folglich B D2 = R2 . Sin2 w = 4 h (a + z)
oder R2 (1 — Cos2 w) = 4 a . h + 4 h . R — 4 h . R . Cos w. Wird diese Gleichung geordnet,
so haben wir R2 . Cos2 w — 4 h . R . Cos w = R2 — 4 h . R — 4 a . h. Wird hier zu beiden
Seiten der Gleichung 4 h2 hinzugesetzt, so haben wir (R . Cos w — 2 h)2 = (R — 2 h)2 — 4 a . h.
Daraus folgt die gesuchte Höhe der wirksamen Wassersäule in der obern Hälfte des
Rades R . Cos [Formel 6] .

Bevor wir von dieser Gleichung einen Gebrauch machen, wollen wir noch folgen-
de Bemerkungen voraus schicken. 1tens: Wäre die Wasserstandshöhe vor der Schüt-
zenöffnung h = 0, so ist R . Cos w = R und w = 0, folglich die Höhe der wirksa-
men Wassersäule zwar die grösstmögliche, allein da in diesem Falle das Wasser senk-
recht auf die Peripherie des Rades herabfallen würde, folglich das Rad nicht in Be-
wegung setzen könnte, so erhellet die Unbrauchbarkeit dieser Annahme von selbst.
2tens: Wäre a oder das sogenannte obere Freihängen des Rades = 0, so ist aber-

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[454/0472] Prüfung eines oberschlächtigen Rades. Wir haben gezeigt, dass die Arbeit einer jeden Maschine dem Bewegungsmo- mente proporzional ist, welches von derselben hervorgebracht wird. Bei oberschläch- tigen Rädern ist dieses Bewegungsmoment gleich dem Produkte aus dem Gewichte des hierbei in jeder Sekunde verwendeten Aufschlagwassers und der wirksamen Wassersäule. Die letztere hängt wieder von dem Unterschiede der Geschwindigkeiten des einfallenden Wassers und des Rades und dann hauptsächlich von der Höhe des wasserhaltenden Bo- gens sowohl in der obern als untern Hälfte des Rades ab. Die Wassermenge, welche auf das Rad geleitet wird, lässt sich an Orten, wo nur ein Rad betrieben wird, schon aus dem Wasserzuflusse in den Zuleitungsgräben und Mühlgerinnen auf die bekannte Art messen. Da jedoch diese Wassermenge nur sehr selten zur Betreibung eines ein- zelnen Rades verwendet wird, so geschieht diess bei jedem Rade am verlässigsten aus der Bemessung des Wasserstandes vor der Schütze und aus der Breite und Höhe der Oeff- nung, welche nach der aufgezogenen Schütze dem Wasser zum Ausflusse eröffnet wird. Da dieser Gegenstand bereits an mehreren Orten dieses Werkes umständlich behandelt wurde, so haben wir nicht nöthig, hierüber noch eine besondere Anweisung anzuführen. Die Höhe der wirksamen Wassersäule für die obere Hälfte des Rades, nämlich R. Cos w ergibt sich am leichtesten aus folgender Berechnung. Es sey die Höhe des Wasserstandes ober der Mitte der Ausflussöffnung, welche sich bei je- dem im Gange befindlichen Mühlenrade ohne Anstand bemessen lässt, H K = h, so ist die Geschwindigkeit des Ausflusses [FORMEL] Der Ort, wo der Wasserstrahl in die äussere Peripherie des Rades einfällt, sey D und der Winkel A C D = w, der Halbmesser des Rades A C = R, so ist B D = R . Sin w und B C = R . Cos w. Die Zeit, in welcher das Wasser den Raum H J = B D zurücklegt, wollen wir t nennen, so ist B D = R . Sin w [FORMEL], und weil das Wasser in derselben Zeit durch die Höhe J D = H B herabfällt, so ist [FORMEL]. Setzen wir nun den Raum von der Mitte der Oeffnung bis zur äussern Peripherie des Rades H A = a und A B = z = R — R . Cos w, so ist [FORMEL]. Wird nun dieser Werth in die obige Gleichung an die Stelle von t gesetzt, so ist B D = R . Sin [FORMEL], folglich B D2 = R2 . Sin2 w = 4 h (a + z) oder R2 (1 — Cos2 w) = 4 a . h + 4 h . R — 4 h . R . Cos w. Wird diese Gleichung geordnet, so haben wir R2 . Cos2 w — 4 h . R . Cos w = R2 — 4 h . R — 4 a . h. Wird hier zu beiden Seiten der Gleichung 4 h2 hinzugesetzt, so haben wir (R . Cos w — 2 h)2 = (R — 2 h)2 — 4 a . h. Daraus folgt die gesuchte Höhe der wirksamen Wassersäule in der obern Hälfte des Rades R . Cos [FORMEL]. Fig. 9. Tab. 61. Bevor wir von dieser Gleichung einen Gebrauch machen, wollen wir noch folgen- de Bemerkungen voraus schicken. 1tens: Wäre die Wasserstandshöhe vor der Schüt- zenöffnung h = 0, so ist R . Cos w = R und w = 0, folglich die Höhe der wirksa- men Wassersäule zwar die grösstmögliche, allein da in diesem Falle das Wasser senk- recht auf die Peripherie des Rades herabfallen würde, folglich das Rad nicht in Be- wegung setzen könnte, so erhellet die Unbrauchbarkeit dieser Annahme von selbst. 2tens: Wäre a oder das sogenannte obere Freihängen des Rades = 0, so ist aber-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/472>, abgerufen am 04.12.2024.