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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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Allgemeine Bemerkungen über Räderwerke.
Bewirkung eines tiefern Eingriffes grössere Getriebe mit 8 oder 9 Triebstöcken gewählt,
und zur Herstellung der nöthigen Geschwindigkeit des Mühlsteines dem Kammrade ein
Vorgelege beigegeben. Mittelst dieser Abänderung wurde der Erfahrung zu Folge nicht
nur ein leichterer Gang und eine längere Dauer des Räderwerkes bewirkt, sondern auch
ein grösseres Mahlquantum bei gleichem Wasserzufluss oder dasselbe Mahlquantum mit
einem kleinern Wasserzufluss erzeugt.

2. Es ist eine Regel in dem praktischen Mühlenbaue, dass man jede Bewegung
stufenweise zu erreichen trachtet. Da nun die Geschwindigkeit des Angriffspunktes
der Kraft gewöhnlich die geringste ist, so pflegt man von dem Angriffspunkte der Kraft
an, die Geschwindigkeit durch immer grössere Räder und Getriebe fortzusetzen und so
stufenweise bis zur verlangten Geschwindigkeit des Arbeitspunktes zu führen. Dasselbe
gilt für den umgekehrten Fall, wenn die Geschwindigkeit des Angriffspunktes der Kraft
die grösste, jene aber des Arbeitspunktes die kleinste ist; in diesem Falle muss nämlich
die Geschwindigkeit stufenweise vermindert werden.

3. Die Stärke der Zähne bei hölzernen oder metallenen Rädern wird nach den früher
aufgestellten Regeln bestimmt. Hierbei muss immer ein Verhältniss zwischen der Thei-
lung und der Breite der Zähne (in der Richtung der Radachse gemessen) angenommen
werden. Bei einer kleinern Theilung oder grössern Anzahl der Zähne findet gewöhnlich
eine gleichförmigere Bewegung Statt, und die Zähne stossen weniger auf einander; allein
nun müssen diese Zähne, um hinreichend fest zu werden, viel breiter seyn, wodurch auch
das Rad breiter wird, sonach das Gewicht der Räder und die Reibung wächst. Prakti-
sche Mühlenbauer pflegen aus diesen Gründen die Breite der Zähne zwei bis dreimal so
gross als die Theilung zu machen und nach dieser Proporzion die Stärke der Zähne oder
die Theilung zu bestimmen.

4. Wir haben bereits Seite 21 bemerkt, dass bei der Anordnung des Räderwerkes
die Zahl der Radzähne gegen jene der Triebstöcke so gewählt werden muss, dass bei der
Division die Einheit oder eine andere Primzahl übrig bleibt. Man pflegt demnach den
Drehlingen 7, 11, 13, 17, 19, 23 .... Triebstöcke zu geben, weil die andern Zahlen durch
diese seltener theilbar sind. Diess Verfahren ist unstreitig besser, als wenn dem Rade
eine solche ungerade Anzahl Zähne, dem Drehlinge aber eine gerade Zahl Triebstöcke
gegeben wird. Die Eintheilung eines kleinern Drehlings in eine ungerade Anzahl Theile
ist offenbar leichter als jene des grössern Rades in einem solchen Falle.

5. Bei Rädern von Metall z. B. Gusseisen lassen sich ohne Anstand eben so wie
bei metallenen Getrieben Zähne mit der angemessenen Abrundung anbringen, und weil
jede Abrundung so berechnet wird, dass der Zahn des Rades so lange im Eingriff bleibt,
bis der nächste wieder an der ersten Stelle eingreift, so wird dadurch bewirkt, dass im-
mer zwei Zähne des Rades in Wirksamkeit bleiben. Diess gewährt den wichtigen Vor-
theil, dass wenn ein Zahn durch was immer für einen Zufall abbricht, doch der nächst-
folgende im Eingriffe bleibt und durch seine Stärke im Stande ist, das Räderwerk im
vollkommenen Gange zu erhalten. Diess ist aber bei hölzernen Rädern nicht möglich,
weil in diesem Falle statt der kreisrunden Triebstöcke Epieykloidalzähne eingeführt wer-
den müssten, folglich eine Bewegung gegen den Span des Holzes eintreten, und somit
die ganze Bewegung nicht nur schwerer werden, sondern auch eine frühere Abnützung

Gerstner's Mechanik. Band III. 12

Allgemeine Bemerkungen über Räderwerke.
Bewirkung eines tiefern Eingriffes grössere Getriebe mit 8 oder 9 Triebstöcken gewählt,
und zur Herstellung der nöthigen Geschwindigkeit des Mühlsteines dem Kammrade ein
Vorgelege beigegeben. Mittelst dieser Abänderung wurde der Erfahrung zu Folge nicht
nur ein leichterer Gang und eine längere Dauer des Räderwerkes bewirkt, sondern auch
ein grösseres Mahlquantum bei gleichem Wasserzufluss oder dasselbe Mahlquantum mit
einem kleinern Wasserzufluss erzeugt.

2. Es ist eine Regel in dem praktischen Mühlenbaue, dass man jede Bewegung
stufenweise zu erreichen trachtet. Da nun die Geschwindigkeit des Angriffspunktes
der Kraft gewöhnlich die geringste ist, so pflegt man von dem Angriffspunkte der Kraft
an, die Geschwindigkeit durch immer grössere Räder und Getriebe fortzusetzen und so
stufenweise bis zur verlangten Geschwindigkeit des Arbeitspunktes zu führen. Dasselbe
gilt für den umgekehrten Fall, wenn die Geschwindigkeit des Angriffspunktes der Kraft
die grösste, jene aber des Arbeitspunktes die kleinste ist; in diesem Falle muss nämlich
die Geschwindigkeit stufenweise vermindert werden.

3. Die Stärke der Zähne bei hölzernen oder metallenen Rädern wird nach den früher
aufgestellten Regeln bestimmt. Hierbei muss immer ein Verhältniss zwischen der Thei-
lung und der Breite der Zähne (in der Richtung der Radachse gemessen) angenommen
werden. Bei einer kleinern Theilung oder grössern Anzahl der Zähne findet gewöhnlich
eine gleichförmigere Bewegung Statt, und die Zähne stossen weniger auf einander; allein
nun müssen diese Zähne, um hinreichend fest zu werden, viel breiter seyn, wodurch auch
das Rad breiter wird, sonach das Gewicht der Räder und die Reibung wächst. Prakti-
sche Mühlenbauer pflegen aus diesen Gründen die Breite der Zähne zwei bis dreimal so
gross als die Theilung zu machen und nach dieser Proporzion die Stärke der Zähne oder
die Theilung zu bestimmen.

4. Wir haben bereits Seite 21 bemerkt, dass bei der Anordnung des Räderwerkes
die Zahl der Radzähne gegen jene der Triebstöcke so gewählt werden muss, dass bei der
Division die Einheit oder eine andere Primzahl übrig bleibt. Man pflegt demnach den
Drehlingen 7, 11, 13, 17, 19, 23 .... Triebstöcke zu geben, weil die andern Zahlen durch
diese seltener theilbar sind. Diess Verfahren ist unstreitig besser, als wenn dem Rade
eine solche ungerade Anzahl Zähne, dem Drehlinge aber eine gerade Zahl Triebstöcke
gegeben wird. Die Eintheilung eines kleinern Drehlings in eine ungerade Anzahl Theile
ist offenbar leichter als jene des grössern Rades in einem solchen Falle.

5. Bei Rädern von Metall z. B. Gusseisen lassen sich ohne Anstand eben so wie
bei metallenen Getrieben Zähne mit der angemessenen Abrundung anbringen, und weil
jede Abrundung so berechnet wird, dass der Zahn des Rades so lange im Eingriff bleibt,
bis der nächste wieder an der ersten Stelle eingreift, so wird dadurch bewirkt, dass im-
mer zwei Zähne des Rades in Wirksamkeit bleiben. Diess gewährt den wichtigen Vor-
theil, dass wenn ein Zahn durch was immer für einen Zufall abbricht, doch der nächst-
folgende im Eingriffe bleibt und durch seine Stärke im Stande ist, das Räderwerk im
vollkommenen Gange zu erhalten. Diess ist aber bei hölzernen Rädern nicht möglich,
weil in diesem Falle statt der kreisrunden Triebstöcke Epieykloidalzähne eingeführt wer-
den müssten, folglich eine Bewegung gegen den Span des Holzes eintreten, und somit
die ganze Bewegung nicht nur schwerer werden, sondern auch eine frühere Abnützung

Gerstner’s Mechanik. Band III. 12
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[89/0125] Allgemeine Bemerkungen über Räderwerke. Bewirkung eines tiefern Eingriffes grössere Getriebe mit 8 oder 9 Triebstöcken gewählt, und zur Herstellung der nöthigen Geschwindigkeit des Mühlsteines dem Kammrade ein Vorgelege beigegeben. Mittelst dieser Abänderung wurde der Erfahrung zu Folge nicht nur ein leichterer Gang und eine längere Dauer des Räderwerkes bewirkt, sondern auch ein grösseres Mahlquantum bei gleichem Wasserzufluss oder dasselbe Mahlquantum mit einem kleinern Wasserzufluss erzeugt. 2. Es ist eine Regel in dem praktischen Mühlenbaue, dass man jede Bewegung stufenweise zu erreichen trachtet. Da nun die Geschwindigkeit des Angriffspunktes der Kraft gewöhnlich die geringste ist, so pflegt man von dem Angriffspunkte der Kraft an, die Geschwindigkeit durch immer grössere Räder und Getriebe fortzusetzen und so stufenweise bis zur verlangten Geschwindigkeit des Arbeitspunktes zu führen. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall, wenn die Geschwindigkeit des Angriffspunktes der Kraft die grösste, jene aber des Arbeitspunktes die kleinste ist; in diesem Falle muss nämlich die Geschwindigkeit stufenweise vermindert werden. 3. Die Stärke der Zähne bei hölzernen oder metallenen Rädern wird nach den früher aufgestellten Regeln bestimmt. Hierbei muss immer ein Verhältniss zwischen der Thei- lung und der Breite der Zähne (in der Richtung der Radachse gemessen) angenommen werden. Bei einer kleinern Theilung oder grössern Anzahl der Zähne findet gewöhnlich eine gleichförmigere Bewegung Statt, und die Zähne stossen weniger auf einander; allein nun müssen diese Zähne, um hinreichend fest zu werden, viel breiter seyn, wodurch auch das Rad breiter wird, sonach das Gewicht der Räder und die Reibung wächst. Prakti- sche Mühlenbauer pflegen aus diesen Gründen die Breite der Zähne zwei bis dreimal so gross als die Theilung zu machen und nach dieser Proporzion die Stärke der Zähne oder die Theilung zu bestimmen. 4. Wir haben bereits Seite 21 bemerkt, dass bei der Anordnung des Räderwerkes die Zahl der Radzähne gegen jene der Triebstöcke so gewählt werden muss, dass bei der Division die Einheit oder eine andere Primzahl übrig bleibt. Man pflegt demnach den Drehlingen 7, 11, 13, 17, 19, 23 .... Triebstöcke zu geben, weil die andern Zahlen durch diese seltener theilbar sind. Diess Verfahren ist unstreitig besser, als wenn dem Rade eine solche ungerade Anzahl Zähne, dem Drehlinge aber eine gerade Zahl Triebstöcke gegeben wird. Die Eintheilung eines kleinern Drehlings in eine ungerade Anzahl Theile ist offenbar leichter als jene des grössern Rades in einem solchen Falle. 5. Bei Rädern von Metall z. B. Gusseisen lassen sich ohne Anstand eben so wie bei metallenen Getrieben Zähne mit der angemessenen Abrundung anbringen, und weil jede Abrundung so berechnet wird, dass der Zahn des Rades so lange im Eingriff bleibt, bis der nächste wieder an der ersten Stelle eingreift, so wird dadurch bewirkt, dass im- mer zwei Zähne des Rades in Wirksamkeit bleiben. Diess gewährt den wichtigen Vor- theil, dass wenn ein Zahn durch was immer für einen Zufall abbricht, doch der nächst- folgende im Eingriffe bleibt und durch seine Stärke im Stande ist, das Räderwerk im vollkommenen Gange zu erhalten. Diess ist aber bei hölzernen Rädern nicht möglich, weil in diesem Falle statt der kreisrunden Triebstöcke Epieykloidalzähne eingeführt wer- den müssten, folglich eine Bewegung gegen den Span des Holzes eintreten, und somit die ganze Bewegung nicht nur schwerer werden, sondern auch eine frühere Abnützung Gerstner’s Mechanik. Band III. 12

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/125>, abgerufen am 24.11.2024.