Man sollte billig hiervon einen ausführlichen Un- terricht beyfügen. Weil aber die Herren Ge- lehrten darinnen nicht einerley Meynung sind: So hat man es vor unnöthig erachtet; jedoch aber den ge- neigten Leser einen Geschmack hiervon zu geben, hat man sich dessen bedienet, was Jhro Magnificenz Herr Prof. Gottsched zu Leipzig in seiner Nachricht von der Deutschen Gesellschafft pag. 108. davon angefüh- ret, wie folget:
Germanien warf eines Tages ihre Augen von den öffentlichen Staats-Angelegenheiten ihres Kay- serlichen Hofes, und so vieler Churfürsten und Stän- de des Reiches, auch auf die Sprache ihrer Kinder. Sie durchzog anfangs die weitläuftigen Landschaften, in welche sich dieselben vertheilet haben, um die be- sondere Mundart eines jeden Volkes mit eigenen Ohren zu hören. Sie nahm aber mit einigem Wie- derwillen wahr, daß der meiste Theil noch so hartnä- ckicht bey der alten Rauhigkeit seiner Aussprache blieb, die sich fast durch keine Buchstaben schriftlich ausdrü- cken, und vor die Augen bringen läßt. Sonderlich schmertzte es dieselbe, daß an den Jtalienischen und Französischen Gränzen die Mundart einen so wiedri- gen Klang hatte, daß ihr ganzes Volk deswegen, wiewohl mit Unrecht, den Nahmen einer barbarischen Nation, tragen muste.
Sie
F
DE ORTHOGRAPHIA, Oder, Von der Rechtſchreibung.
Man ſollte billig hiervon einen ausfuͤhrlichen Un- terricht beyfuͤgen. Weil aber die Herren Ge- lehrten darinnen nicht einerley Meynung ſind: So hat man es vor unnoͤthig erachtet; jedoch aber den ge- neigten Leſer einen Geſchmack hiervon zu geben, hat man ſich deſſen bedienet, was Jhro Magnificenz Herr Prof. Gottſched zu Leipzig in ſeiner Nachricht von der Deutſchen Geſellſchafft pag. 108. davon angefuͤh- ret, wie folget:
Germanien warf eines Tages ihre Augen von den oͤffentlichen Staats-Angelegenheiten ihres Kay- ſerlichen Hofes, und ſo vieler Churfuͤrſten und Staͤn- de des Reiches, auch auf die Sprache ihrer Kinder. Sie durchzog anfangs die weitlaͤuftigen Landſchaften, in welche ſich dieſelben vertheilet haben, um die be- ſondere Mundart eines jeden Volkes mit eigenen Ohren zu hoͤren. Sie nahm aber mit einigem Wie- derwillen wahr, daß der meiſte Theil noch ſo hartnaͤ- ckicht bey der alten Rauhigkeit ſeiner Ausſprache blieb, die ſich faſt durch keine Buchſtaben ſchriftlich ausdruͤ- cken, und vor die Augen bringen laͤßt. Sonderlich ſchmertzte es dieſelbe, daß an den Jtalieniſchen und Franzoͤſiſchen Graͤnzen die Mundart einen ſo wiedri- gen Klang hatte, daß ihr ganzes Volk deswegen, wiewohl mit Unrecht, den Nahmen einer barbariſchen Nation, tragen muſte.
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DE
ORTHOGRAPHIA,
Oder,
Von der Rechtſchreibung.
Man ſollte billig hiervon einen ausfuͤhrlichen Un-
terricht beyfuͤgen. Weil aber die Herren Ge-
lehrten darinnen nicht einerley Meynung ſind: So hat
man es vor unnoͤthig erachtet; jedoch aber den ge-
neigten Leſer einen Geſchmack hiervon zu geben, hat
man ſich deſſen bedienet, was Jhro Magnificenz
Herr Prof. Gottſched zu Leipzig in ſeiner Nachricht von
der Deutſchen Geſellſchafft pag. 108. davon angefuͤh-
ret, wie folget:
Germanien warf eines Tages ihre Augen von
den oͤffentlichen Staats-Angelegenheiten ihres Kay-
ſerlichen Hofes, und ſo vieler Churfuͤrſten und Staͤn-
de des Reiches, auch auf die Sprache ihrer Kinder.
Sie durchzog anfangs die weitlaͤuftigen Landſchaften,
in welche ſich dieſelben vertheilet haben, um die be-
ſondere Mundart eines jeden Volkes mit eigenen
Ohren zu hoͤren. Sie nahm aber mit einigem Wie-
derwillen wahr, daß der meiſte Theil noch ſo hartnaͤ-
ckicht bey der alten Rauhigkeit ſeiner Ausſprache blieb,
die ſich faſt durch keine Buchſtaben ſchriftlich ausdruͤ-
cken, und vor die Augen bringen laͤßt. Sonderlich
ſchmertzte es dieſelbe, daß an den Jtalieniſchen und
Franzoͤſiſchen Graͤnzen die Mundart einen ſo wiedri-
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wiewohl mit Unrecht, den Nahmen einer barbariſchen
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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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