will mich dahero, mit ihrer Erlaubniß, kürtzlich bemühen diesen Vorwurf abzulehnen, und zu erwei- sen, daß unsere Vorfahren eine löbliche Absicht da- bey gehabt haben.
Es würde überflüßig seyn, wenn ich sie erst zu überreden gedächte: es ist unsere Schuldigkeit, daß wir die Tugend ausüben und die Laster fliehen sollen. Jch habe das Vertrauen zu ihnen, daß Sie diesen Satz ohne mein Erinnern vor wahr halten. Und gleichwohl mercket man an, daß es bey nahe umge- kehrt in der Welt hergehe. Man übet die Laster aus, und fliehet die Tugend. Schon unsere Vor- fahren haben dieses wahrgenommen. Dahero sie nach den Grund dieser Unart geforschet, und selbi- ger abzuhelfen gesorget haben Bey genauer Un- tersuchung haben sie gefunden, daß man, entweder aus Schwachheit unserer verderbten Natur, oder aus Nachläßigkeit, nicht fleißig genug daran dencket: es ist nöthig, daß wir die Tugend ausüben, und die Laster fliehen. Dahero bemüheten sie sich ein Mit- tel ausfündig zu machen diesem Ubel abzuhelfen. Da es nun an dem ist, wie ich bereits im Anfang mei- ner Rede erwiesen habe, daß unser Gemüth durch die sinnliche Empfindung am meisten gerühret wird; So erdachten sie allerhand äuserliche Zeichen und Handlungen, wodurch so gleich unser Gemüth ge- rühret und zur Tugend aufgefrischet werden mögte. Und dieses war der Grund aller Gebräuche über- haupt. Wer wollte dahero diese löbliche Absicht nicht gebührend preisen? Diejenige Handlung, welche wir jetzo vornehmen werden, hat ja eben diese Absicht zum Grund. Wir sind Willens die löbli- che Gesellschaft der edlen Buchdruckerkunst mit ei-
nem
Vorrede.
will mich dahero, mit ihrer Erlaubniß, kuͤrtzlich bemuͤhen dieſen Vorwurf abzulehnen, und zu erwei- ſen, daß unſere Vorfahren eine loͤbliche Abſicht da- bey gehabt haben.
Es wuͤrde uͤberfluͤßig ſeyn, wenn ich ſie erſt zu uͤberreden gedaͤchte: es iſt unſere Schuldigkeit, daß wir die Tugend ausuͤben und die Laſter fliehen ſollen. Jch habe das Vertrauen zu ihnen, daß Sie dieſen Satz ohne mein Erinnern vor wahr halten. Und gleichwohl mercket man an, daß es bey nahe umge- kehrt in der Welt hergehe. Man uͤbet die Laſter aus, und fliehet die Tugend. Schon unſere Vor- fahren haben dieſes wahrgenommen. Dahero ſie nach den Grund dieſer Unart geforſchet, und ſelbi- ger abzuhelfen geſorget haben Bey genauer Un- terſuchung haben ſie gefunden, daß man, entweder aus Schwachheit unſerer verderbten Natur, oder aus Nachlaͤßigkeit, nicht fleißig genug daran dencket: es iſt noͤthig, daß wir die Tugend ausuͤben, und die Laſter fliehen. Dahero bemuͤheten ſie ſich ein Mit- tel ausfuͤndig zu machen dieſem Ubel abzuhelfen. Da es nun an dem iſt, wie ich bereits im Anfang mei- ner Rede erwieſen habe, daß unſer Gemuͤth durch die ſinnliche Empfindung am meiſten geruͤhret wird; So erdachten ſie allerhand aͤuſerliche Zeichen und Handlungen, wodurch ſo gleich unſer Gemuͤth ge- ruͤhret und zur Tugend aufgefriſchet werden moͤgte. Und dieſes war der Grund aller Gebraͤuche uͤber- haupt. Wer wollte dahero dieſe loͤbliche Abſicht nicht gebuͤhrend preiſen? Diejenige Handlung, welche wir jetzo vornehmen werden, hat ja eben dieſe Abſicht zum Grund. Wir ſind Willens die loͤbli- che Geſellſchaft der edlen Buchdruckerkunſt mit ei-
nem
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Vorrede.
will mich dahero, mit ihrer Erlaubniß, kuͤrtzlich
bemuͤhen dieſen Vorwurf abzulehnen, und zu erwei-
ſen, daß unſere Vorfahren eine loͤbliche Abſicht da-
bey gehabt haben.
Es wuͤrde uͤberfluͤßig ſeyn, wenn ich ſie erſt zu
uͤberreden gedaͤchte: es iſt unſere Schuldigkeit, daß
wir die Tugend ausuͤben und die Laſter fliehen ſollen.
Jch habe das Vertrauen zu ihnen, daß Sie dieſen
Satz ohne mein Erinnern vor wahr halten. Und
gleichwohl mercket man an, daß es bey nahe umge-
kehrt in der Welt hergehe. Man uͤbet die Laſter
aus, und fliehet die Tugend. Schon unſere Vor-
fahren haben dieſes wahrgenommen. Dahero ſie
nach den Grund dieſer Unart geforſchet, und ſelbi-
ger abzuhelfen geſorget haben Bey genauer Un-
terſuchung haben ſie gefunden, daß man, entweder
aus Schwachheit unſerer verderbten Natur, oder
aus Nachlaͤßigkeit, nicht fleißig genug daran dencket:
es iſt noͤthig, daß wir die Tugend ausuͤben, und die
Laſter fliehen. Dahero bemuͤheten ſie ſich ein Mit-
tel ausfuͤndig zu machen dieſem Ubel abzuhelfen.
Da es nun an dem iſt, wie ich bereits im Anfang mei-
ner Rede erwieſen habe, daß unſer Gemuͤth durch
die ſinnliche Empfindung am meiſten geruͤhret wird;
So erdachten ſie allerhand aͤuſerliche Zeichen und
Handlungen, wodurch ſo gleich unſer Gemuͤth ge-
ruͤhret und zur Tugend aufgefriſchet werden moͤgte.
Und dieſes war der Grund aller Gebraͤuche uͤber-
haupt. Wer wollte dahero dieſe loͤbliche Abſicht
nicht gebuͤhrend preiſen? Diejenige Handlung,
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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/504>, abgerufen am 21.11.2024.
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