[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.Vorredner, Unterlegen, Vortrag. nem neuen Gesellen, oder Mitglied, zu vermehren,nachdem uns derselbe darum geziehmend ersuchet; Was ist wohl billiger und löblicher, als daß wir den- selben zu einem unsträflichen Tugendwandel, und zu einer ernstlichen Vermeidung der Laster ermahnen. Wir können aber diese Ermahnung nicht nach- drücklicher und eindringender ins Werck richten, als wenn wir ihm solche nach dem einmal eingeführ- ten Gebrauch durch eine sinnliche Empfindung desto immerwährender und tiefer ins Hertz einprägen. Jst demnach die Absicht dieser gegenwärtigen Hand- lung nichts anders, als eine Vermahnung zur Tu- gend; So ist Sie ja nicht tadelns sondern lobens- würdig. Und hiemit habe ich dasjenige erfüllet, was ich zu erfüllen versprochen habe, daß nemlich unsere Vorfahren eine löbliche Absicht hiebey zum Grund gehabt haben. Nichts ist mehr übrig, als daß ich sie, allerseits hochgeehrteste Zuhörer, gezieh- mend ersuche, daß sie uns gütig anhören, alles zum besten auslegen, und wenn wir damit zu Ende, ihre Huld und Gewogenheit noch ferner gönnen wollen. Vorredner ist derjenige, der den Anfang durch eine Unterlegen, muß ein Setzer die Littern, oder Schrif- Vortrag, einen thun, müssen diejenigen, welche bey Sache
Vorredner, Unterlegen, Vortrag. nem neuen Geſellen, oder Mitglied, zu vermehren,nachdem uns derſelbe darum geziehmend erſuchet; Was iſt wohl billiger und loͤblicher, als daß wir den- ſelben zu einem unſtraͤflichen Tugendwandel, und zu einer ernſtlichen Vermeidung der Laſter ermahnen. Wir koͤnnen aber dieſe Ermahnung nicht nach- druͤcklicher und eindringender ins Werck richten, als wenn wir ihm ſolche nach dem einmal eingefuͤhr- ten Gebrauch durch eine ſinnliche Empfindung deſto immerwaͤhrender und tiefer ins Hertz einpraͤgen. Jſt demnach die Abſicht dieſer gegenwaͤrtigen Hand- lung nichts anders, als eine Vermahnung zur Tu- gend; So iſt Sie ja nicht tadelns ſondern lobens- wuͤrdig. Und hiemit habe ich dasjenige erfuͤllet, was ich zu erfuͤllen verſprochen habe, daß nemlich unſere Vorfahren eine loͤbliche Abſicht hiebey zum Grund gehabt haben. Nichts iſt mehr uͤbrig, als daß ich ſie, allerſeits hochgeehrteſte Zuhoͤrer, gezieh- mend erſuche, daß ſie uns guͤtig anhoͤren, alles zum beſten auslegen, und wenn wir damit zu Ende, ihre Huld und Gewogenheit noch ferner goͤnnen wollen. Vorredner iſt derjenige, der den Anfang durch eine Unterlegen, muß ein Setzer die Littern, oder Schrif- Vortrag, einen thun, muͤſſen diejenigen, welche bey Sache
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <floatingText> <body> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0505" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorredner, Unterlegen, Vortrag.</hi></fw><lb/> nem neuen Geſellen, oder Mitglied, zu vermehren,<lb/> nachdem uns derſelbe darum geziehmend erſuchet;<lb/> Was iſt wohl billiger und loͤblicher, als daß wir den-<lb/> ſelben zu einem unſtraͤflichen Tugendwandel, und zu<lb/> einer ernſtlichen Vermeidung der Laſter ermahnen.<lb/> Wir koͤnnen aber dieſe Ermahnung nicht nach-<lb/> druͤcklicher und eindringender ins Werck richten,<lb/> als wenn wir ihm ſolche nach dem einmal eingefuͤhr-<lb/> ten Gebrauch durch eine ſinnliche Empfindung deſto<lb/> immerwaͤhrender und tiefer ins Hertz einpraͤgen.<lb/> Jſt demnach die Abſicht dieſer gegenwaͤrtigen Hand-<lb/> lung nichts anders, als eine Vermahnung zur Tu-<lb/> gend; So iſt Sie ja nicht tadelns ſondern lobens-<lb/> wuͤrdig. Und hiemit habe ich dasjenige erfuͤllet,<lb/> was ich zu erfuͤllen verſprochen habe, daß nemlich<lb/> unſere Vorfahren eine loͤbliche Abſicht hiebey zum<lb/> Grund gehabt haben. Nichts iſt mehr uͤbrig, als<lb/> daß ich ſie, allerſeits hochgeehrteſte Zuhoͤrer, gezieh-<lb/> mend erſuche, daß ſie uns guͤtig anhoͤren, alles zum<lb/> beſten auslegen, und wenn wir damit zu Ende, ihre<lb/> Huld und Gewogenheit noch ferner goͤnnen wollen.</p><lb/> </div> </body> </floatingText> <p><hi rendition="#fr">Vorredner</hi> iſt derjenige, der den Anfang durch eine<lb/> unter vorhergehendem Titul angegebene Rede zur<lb/> Depoſition eines Cornutens macht.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Unterlegen,</hi> muß ein Setzer die Littern, oder Schrif-<lb/> ten, wenn ſie ungleichen Kegel haben, oder, wenn<lb/> groͤßere Littern in die Zeilen mitgenommen werden.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Vortrag, einen thun,</hi> muͤſſen diejenigen, welche bey<lb/> der Geſellſchaft etwas anzubringen haben. Vor<lb/> allen Dingen iſt es noͤthig, daß er mit gehoͤriger Be-<lb/> ſcheidenheit geſchieht, auſer dem aber fein ordentlich<lb/> und deutlich. Denn man hat wohl eher wahrgenom-<lb/> men, daß ein unbeſcheidener Vortrag eine gute<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sache</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [236/0505]
Vorredner, Unterlegen, Vortrag.
nem neuen Geſellen, oder Mitglied, zu vermehren,
nachdem uns derſelbe darum geziehmend erſuchet;
Was iſt wohl billiger und loͤblicher, als daß wir den-
ſelben zu einem unſtraͤflichen Tugendwandel, und zu
einer ernſtlichen Vermeidung der Laſter ermahnen.
Wir koͤnnen aber dieſe Ermahnung nicht nach-
druͤcklicher und eindringender ins Werck richten,
als wenn wir ihm ſolche nach dem einmal eingefuͤhr-
ten Gebrauch durch eine ſinnliche Empfindung deſto
immerwaͤhrender und tiefer ins Hertz einpraͤgen.
Jſt demnach die Abſicht dieſer gegenwaͤrtigen Hand-
lung nichts anders, als eine Vermahnung zur Tu-
gend; So iſt Sie ja nicht tadelns ſondern lobens-
wuͤrdig. Und hiemit habe ich dasjenige erfuͤllet,
was ich zu erfuͤllen verſprochen habe, daß nemlich
unſere Vorfahren eine loͤbliche Abſicht hiebey zum
Grund gehabt haben. Nichts iſt mehr uͤbrig, als
daß ich ſie, allerſeits hochgeehrteſte Zuhoͤrer, gezieh-
mend erſuche, daß ſie uns guͤtig anhoͤren, alles zum
beſten auslegen, und wenn wir damit zu Ende, ihre
Huld und Gewogenheit noch ferner goͤnnen wollen.
Vorredner iſt derjenige, der den Anfang durch eine
unter vorhergehendem Titul angegebene Rede zur
Depoſition eines Cornutens macht.
Unterlegen, muß ein Setzer die Littern, oder Schrif-
ten, wenn ſie ungleichen Kegel haben, oder, wenn
groͤßere Littern in die Zeilen mitgenommen werden.
Vortrag, einen thun, muͤſſen diejenigen, welche bey
der Geſellſchaft etwas anzubringen haben. Vor
allen Dingen iſt es noͤthig, daß er mit gehoͤriger Be-
ſcheidenheit geſchieht, auſer dem aber fein ordentlich
und deutlich. Denn man hat wohl eher wahrgenom-
men, daß ein unbeſcheidener Vortrag eine gute
Sache
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |