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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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von Erfindung der edlen Buchdruckerkunst.
sonderlich auf des erstern Erzehlung ihre Nachrichten
gebauet. Fällt diese Stütze, so fallen die beyden letz-
tern von freyen Stücken mit um. Jch will also aus
Junii weitläuftiger Erzehlung einen kurtzen Auszug
aufrichtig mittheilen, hernach aber meine Gedancken
darüber eröffnen, und solche einem jeden Wahrheit
liebenden Leser zur Beurtheilung überlassen.

§. 8.

"Vor hundert und acht und zwantzig Jahr,
&q;schreibt Junius, (h) hat Lorentz Johann Küster,
&q;oder Coster, zu Harlem in einem ansehnlichen Hauß
&q;auf dem Marckt gewohnet, wie solches die bis diese
&q;Stunde daselbst befindliche Druckerey bezeuget. Er
&q;wurde deßwegen Küster genannt, weil seine Familie
&q;dieses Amt gleichsam erblich besessen und verwaltet
&q;hatte. Dieser Mann verdienet billig einen Lorber-
&q;crantz wegen der erfundenen Buchdruckerey, ob sich
&q;gleich andere diese Ehre unbillig angemasset haben.
&q;Als er einsmals in dem bey der Stadt gelegenen Lust-
&q;wald spatzieren gieng; So schnitte er auf büchene
&q;Rinden einige Buchstaben, druckte solche hernach um-
&q;gekehrt auf Pappier, und verfertigte also seinen En-
&q;ckeln zum Besten einige Verse. Es gieng ihm die-
&q;ses glücklich von statten, dahero dachte er der Sachen
&q;weiter nach. Vor allen Dingen sahe er sich genöthiget
&q;eine dickere und zähere Dinte ausfündig zu machen,
&q;weil ihm die ordentliche Schreibdinte zu flüßig war
&q;und viele Mackel verursachte. Er hat auch solche mit
&q;seinem Eydam Thomas Peter erfunden. Hierauf
&q;schnitte er gantze Columnen auf höltzerne Tafeln, und
&q;druckte selbige auf Pappier ab, jedoch nur auf eine

&q;Sei-
(h) Man kan IVNII Worte auch bey Georg Paschen in
dessen Inuentis Nou-antiquis, p. 793. sqq. lesen.
B 3

von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt.
ſonderlich auf des erſtern Erzehlung ihre Nachrichten
gebauet. Faͤllt dieſe Stuͤtze, ſo fallen die beyden letz-
tern von freyen Stuͤcken mit um. Jch will alſo aus
Junii weitlaͤuftiger Erzehlung einen kurtzen Auszug
aufrichtig mittheilen, hernach aber meine Gedancken
daruͤber eroͤffnen, und ſolche einem jeden Wahrheit
liebenden Leſer zur Beurtheilung uͤberlaſſen.

§. 8.

„Vor hundert und acht und zwantzig Jahr,
&q;ſchreibt Junius, (h) hat Lorentz Johann Kuͤſter,
&q;oder Coſter, zu Harlem in einem anſehnlichen Hauß
&q;auf dem Marckt gewohnet, wie ſolches die bis dieſe
&q;Stunde daſelbſt befindliche Druckerey bezeuget. Er
&q;wurde deßwegen Kuͤſter genannt, weil ſeine Familie
&q;dieſes Amt gleichſam erblich beſeſſen und verwaltet
&q;hatte. Dieſer Mann verdienet billig einen Lorber-
&q;crantz wegen der erfundenen Buchdruckerey, ob ſich
&q;gleich andere dieſe Ehre unbillig angemaſſet haben.
&q;Als er einsmals in dem bey der Stadt gelegenen Luſt-
&q;wald ſpatzieren gieng; So ſchnitte er auf buͤchene
&q;Rinden einige Buchſtaben, druckte ſolche hernach um-
&q;gekehrt auf Pappier, und verfertigte alſo ſeinen En-
&q;ckeln zum Beſten einige Verſe. Es gieng ihm die-
&q;ſes gluͤcklich von ſtatten, dahero dachte er der Sachen
&q;weiter nach. Vor allen Dingen ſahe er ſich genoͤthiget
&q;eine dickere und zaͤhere Dinte ausfuͤndig zu machen,
&q;weil ihm die ordentliche Schreibdinte zu fluͤßig war
&q;und viele Mackel verurſachte. Er hat auch ſolche mit
&q;ſeinem Eydam Thomas Peter erfunden. Hierauf
&q;ſchnitte er gantze Columnen auf hoͤltzerne Tafeln, und
&q;druckte ſelbige auf Pappier ab, jedoch nur auf eine

&q;Sei-
(h) Man kan IVNII Worte auch bey Georg Paſchen in
deſſen Inuentis Nou-antiquis, p. 793. ſqq. leſen.
B 3
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[21/0057] von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. ſonderlich auf des erſtern Erzehlung ihre Nachrichten gebauet. Faͤllt dieſe Stuͤtze, ſo fallen die beyden letz- tern von freyen Stuͤcken mit um. Jch will alſo aus Junii weitlaͤuftiger Erzehlung einen kurtzen Auszug aufrichtig mittheilen, hernach aber meine Gedancken daruͤber eroͤffnen, und ſolche einem jeden Wahrheit liebenden Leſer zur Beurtheilung uͤberlaſſen. §. 8. „Vor hundert und acht und zwantzig Jahr, &q;ſchreibt Junius, (h) hat Lorentz Johann Kuͤſter, &q;oder Coſter, zu Harlem in einem anſehnlichen Hauß &q;auf dem Marckt gewohnet, wie ſolches die bis dieſe &q;Stunde daſelbſt befindliche Druckerey bezeuget. Er &q;wurde deßwegen Kuͤſter genannt, weil ſeine Familie &q;dieſes Amt gleichſam erblich beſeſſen und verwaltet &q;hatte. Dieſer Mann verdienet billig einen Lorber- &q;crantz wegen der erfundenen Buchdruckerey, ob ſich &q;gleich andere dieſe Ehre unbillig angemaſſet haben. &q;Als er einsmals in dem bey der Stadt gelegenen Luſt- &q;wald ſpatzieren gieng; So ſchnitte er auf buͤchene &q;Rinden einige Buchſtaben, druckte ſolche hernach um- &q;gekehrt auf Pappier, und verfertigte alſo ſeinen En- &q;ckeln zum Beſten einige Verſe. Es gieng ihm die- &q;ſes gluͤcklich von ſtatten, dahero dachte er der Sachen &q;weiter nach. Vor allen Dingen ſahe er ſich genoͤthiget &q;eine dickere und zaͤhere Dinte ausfuͤndig zu machen, &q;weil ihm die ordentliche Schreibdinte zu fluͤßig war &q;und viele Mackel verurſachte. Er hat auch ſolche mit &q;ſeinem Eydam Thomas Peter erfunden. Hierauf &q;ſchnitte er gantze Columnen auf hoͤltzerne Tafeln, und &q;druckte ſelbige auf Pappier ab, jedoch nur auf eine &q;Sei- (h) Man kan IVNII Worte auch bey Georg Paſchen in deſſen Inuentis Nou-antiquis, p. 793. ſqq. leſen. B 3

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/57>, abgerufen am 24.11.2024.