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[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 4. Leipzig. 1745.

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zu Straßburg, aus einem gantz andern Thon, als
die ehemaligen Straßburger, redet. Sein Vortrag
ist also eingerichtet: Vor dreyhundert Jahren, schreibt
er, hat der Rhein den Ursprung der Buchdruckerey
gesehen, und bewundert. Gleichwie aber ehemals
zwischen den Aegyptiern, Phöniciern und Griechen
ein Streit wegen der Erfindung der Buchstaben ent-
standen; So hat man auch wegen der Erfindung der
beweglichen Buchstaben, welche in der Buchdrucke-
rey gewöhnlich sind, treflich gestritten. China und
Harlem bemühen sich vergeblich, weil jene in Ertz,
und diese in Holtz Buchstaben nur gestochen haben,
und dieses heißt nicht gedruckt. Die Griechen und
Lateiner hatten ebenfalls ihre Gesetze in Ertz gegraben.
Die Augspurger und Nürnberger, ingleichen die En-
gelländer haben bey Verfertigung der Charten im
Anfang des XV. Jahrhunderts auch Buchstaben in
Holtz geschnitten und abgedrucket, welches Lorentz
Cöster
zu Harlem nachgemacht, indem er sein specu-
lum hum. salvationis
in Holtz geschnitten hat. Diese
Holtzschnitte dürffen dahero keinesweges zur Buch-
druckerkunst gerechnet werden, es ist vielmehr die Fra-
ge: wer die beweglichen Buchstaben erfunden hat?
Mayntz und Straßburg wollen sich diese Ehre zueig-
nen, Johann Guttenberg muß beyden die Gelegen-
heit dazu geben. Alle Geschichtschreiber bey nahe ge-
ben selbigen vor den Erfinder an. Diejenigen Städte
aber, die im Jahr 1740. das Jubelfest begangen hät-
ten, legten hiedurch vor Straßburg unwissend ein
Zeugniß ab, weil er sich um diese Zeit zu Straßburg
aufgehalten habe, und mit der Erfindung umgegangen
sey, welches alles noch nicht hinlänglich dargethan
ist. So viel soll indessen nach dem Zeugniß der Raths-
bücher gewiß seyn, daß man darinnen dessen Namen

vom
C 3

zu Straßburg, aus einem gantz andern Thon, als
die ehemaligen Straßburger, redet. Sein Vortrag
iſt alſo eingerichtet: Vor dreyhundert Jahren, ſchreibt
er, hat der Rhein den Urſprung der Buchdruckerey
geſehen, und bewundert. Gleichwie aber ehemals
zwiſchen den Aegyptiern, Phoͤniciern und Griechen
ein Streit wegen der Erfindung der Buchſtaben ent-
ſtanden; So hat man auch wegen der Erfindung der
beweglichen Buchſtaben, welche in der Buchdrucke-
rey gewoͤhnlich ſind, treflich geſtritten. China und
Harlem bemuͤhen ſich vergeblich, weil jene in Ertz,
und dieſe in Holtz Buchſtaben nur geſtochen haben,
und dieſes heißt nicht gedruckt. Die Griechen und
Lateiner hatten ebenfalls ihre Geſetze in Ertz gegraben.
Die Augſpurger und Nuͤrnberger, ingleichen die En-
gellaͤnder haben bey Verfertigung der Charten im
Anfang des XV. Jahrhunderts auch Buchſtaben in
Holtz geſchnitten und abgedrucket, welches Lorentz
Cöſter
zu Harlem nachgemacht, indem er ſein ſpecu-
lum hum. ſalvationis
in Holtz geſchnitten hat. Dieſe
Holtzſchnitte duͤrffen dahero keinesweges zur Buch-
druckerkunſt gerechnet werden, es iſt vielmehr die Fra-
ge: wer die beweglichen Buchſtaben erfunden hat?
Mayntz und Straßburg wollen ſich dieſe Ehre zueig-
nen, Johann Guttenberg muß beyden die Gelegen-
heit dazu geben. Alle Geſchichtſchreiber bey nahe ge-
ben ſelbigen vor den Erfinder an. Diejenigen Staͤdte
aber, die im Jahr 1740. das Jubelfeſt begangen haͤt-
ten, legten hiedurch vor Straßburg unwiſſend ein
Zeugniß ab, weil er ſich um dieſe Zeit zu Straßburg
aufgehalten habe, und mit der Erfindung umgegangen
ſey, welches alles noch nicht hinlaͤnglich dargethan
iſt. So viel ſoll indeſſen nach dem Zeugniß der Raths-
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[37/0057] zu Straßburg, aus einem gantz andern Thon, als die ehemaligen Straßburger, redet. Sein Vortrag iſt alſo eingerichtet: Vor dreyhundert Jahren, ſchreibt er, hat der Rhein den Urſprung der Buchdruckerey geſehen, und bewundert. Gleichwie aber ehemals zwiſchen den Aegyptiern, Phoͤniciern und Griechen ein Streit wegen der Erfindung der Buchſtaben ent- ſtanden; So hat man auch wegen der Erfindung der beweglichen Buchſtaben, welche in der Buchdrucke- rey gewoͤhnlich ſind, treflich geſtritten. China und Harlem bemuͤhen ſich vergeblich, weil jene in Ertz, und dieſe in Holtz Buchſtaben nur geſtochen haben, und dieſes heißt nicht gedruckt. Die Griechen und Lateiner hatten ebenfalls ihre Geſetze in Ertz gegraben. Die Augſpurger und Nuͤrnberger, ingleichen die En- gellaͤnder haben bey Verfertigung der Charten im Anfang des XV. Jahrhunderts auch Buchſtaben in Holtz geſchnitten und abgedrucket, welches Lorentz Cöſter zu Harlem nachgemacht, indem er ſein ſpecu- lum hum. ſalvationis in Holtz geſchnitten hat. Dieſe Holtzſchnitte duͤrffen dahero keinesweges zur Buch- druckerkunſt gerechnet werden, es iſt vielmehr die Fra- ge: wer die beweglichen Buchſtaben erfunden hat? Mayntz und Straßburg wollen ſich dieſe Ehre zueig- nen, Johann Guttenberg muß beyden die Gelegen- heit dazu geben. Alle Geſchichtſchreiber bey nahe ge- ben ſelbigen vor den Erfinder an. Diejenigen Staͤdte aber, die im Jahr 1740. das Jubelfeſt begangen haͤt- ten, legten hiedurch vor Straßburg unwiſſend ein Zeugniß ab, weil er ſich um dieſe Zeit zu Straßburg aufgehalten habe, und mit der Erfindung umgegangen ſey, welches alles noch nicht hinlaͤnglich dargethan iſt. So viel ſoll indeſſen nach dem Zeugniß der Raths- buͤcher gewiß ſeyn, daß man darinnen deſſen Namen vom C 3

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 4. Leipzig. 1745, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst04_1745/57>, abgerufen am 23.11.2024.