[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.Anger wohnen, wenn wahr ist, was der Land- Anger wohnen, wenn wahr iſt, was der Land- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127" n="122"/> Anger wohnen, wenn wahr iſt, was der Land-<lb/> mann ſagt, daſs ſie nur da wohnen, wo Fried<lb/> und Ruhe in der Wirthſchaft herrſcht. Hinteu<lb/> am Hauſe ſey mein geraumer Garten, wo einfäl-<lb/> tige Kunſt, den angenehmen Phantaſien der Na-<lb/> tur mit gehorſamer Hülfe beyſteht, nicht aufrüh-<lb/> riſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in<lb/> groteske Bilder ſie zu ſchaffen. Wände von Nuſs-<lb/> ſtrauch umzäunen ihn, und in jeder Eke ſteht eine<lb/> grüne Hütte von wilden Roſinen; dahin würd ich<lb/> oft den Stralen der Sonn’ entweichen, oder<lb/> ſehen, wie der braune Gärtner die Beeten um-<lb/> gräbt, um ſchmakhafte Garten-Gewächſe zu<lb/> ſäen; Oft würd ich die Schaufel aus der Hand<lb/> ihm nehmen, durch ſeinen Fleiſs zur Arbeit ge-<lb/> lokt, um ſelbſt umzugraben, indeſs daſs er neben<lb/> mir ſtühnde, der wenigern Kräfte lächelnd; oder<lb/> ich hülf ihm die flatternden Gewächſe an Stäben<lb/> aufbinden, oder der Roſen-Stauden warten und<lb/> der zerſtreuten Nelken und Lilien.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [122/0127]
Anger wohnen, wenn wahr iſt, was der Land-
mann ſagt, daſs ſie nur da wohnen, wo Fried
und Ruhe in der Wirthſchaft herrſcht. Hinteu
am Hauſe ſey mein geraumer Garten, wo einfäl-
tige Kunſt, den angenehmen Phantaſien der Na-
tur mit gehorſamer Hülfe beyſteht, nicht aufrüh-
riſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in
groteske Bilder ſie zu ſchaffen. Wände von Nuſs-
ſtrauch umzäunen ihn, und in jeder Eke ſteht eine
grüne Hütte von wilden Roſinen; dahin würd ich
oft den Stralen der Sonn’ entweichen, oder
ſehen, wie der braune Gärtner die Beeten um-
gräbt, um ſchmakhafte Garten-Gewächſe zu
ſäen; Oft würd ich die Schaufel aus der Hand
ihm nehmen, durch ſeinen Fleiſs zur Arbeit ge-
lokt, um ſelbſt umzugraben, indeſs daſs er neben
mir ſtühnde, der wenigern Kräfte lächelnd; oder
ich hülf ihm die flatternden Gewächſe an Stäben
aufbinden, oder der Roſen-Stauden warten und
der zerſtreuten Nelken und Lilien.
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