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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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Wenn aber trübe Tage mit frostigem Regen,
oder der herbe Winter, oder die schwüle Hize
des Sommers den Spaziergang mir verböten, dann
würd ich ins einsame Zimmer mich schliessen;
mich unterhielte da die edelste Gesellschaft, der
Stolz und die Ehr' eines jeden Jahrhunderts, die
grossen Geister, die ihre Weisheit in lehrende
Bücher ausgegossen haben; edle Gesellschaft, die
unsre Seele zu ihrer Würd' erhebt! Der lehrte
mich die Sitten ferner Nationen, und die Wunder
der Natur in fernen Welt-Theilen: Der dekt
mir die Geheimnisse der Natur auf, und führt mich
in ihre geheime Werkstatt, der würde mich die
Oeconomie ganzer Nationen lehren und ihre Ge-
schichte, die Schand und die Ehre des Menschen-
Geschlechts. Der lehrt mich die Grösse und die
Bestimmung unsrer Seele, und die Reiz-volle Tu-
gend; um mich her stünden die Weisen und die
Sänger des Alterthums; ihr Pfad ist der Pfad zum
wahren Schönen, aber nur wenige wagen sich

I

Wenn aber trübe Tage mit froſtigem Regen,
oder der herbe Winter, oder die ſchwüle Hize
des Sommers den Spaziergang mir verböten, dann
würd ich ins einſame Zimmer mich ſchlieſſen;
mich unterhielte da die edelſte Geſellſchaft, der
Stolz und die Ehr’ eines jeden Jahrhunderts, die
groſſen Geiſter, die ihre Weisheit in lehrende
Bücher ausgegoſſen haben; edle Geſellſchaft, die
unſre Seele zu ihrer Würd’ erhebt! Der lehrte
mich die Sitten ferner Nationen, und die Wunder
der Natur in fernen Welt-Theilen: Der dekt
mir die Geheimniſſe der Natur auf, und führt mich
in ihre geheime Werkſtatt, der würde mich die
Oeconomie ganzer Nationen lehren und ihre Ge-
ſchichte, die Schand und die Ehre des Menſchen-
Geſchlechts. Der lehrt mich die Gröſſe und die
Beſtimmung unſrer Seele, und die Reiz-volle Tu-
gend; um mich her ſtünden die Weiſen und die
Sänger des Alterthums; ihr Pfad iſt der Pfad zum
wahren Schönen, aber nur wenige wagen ſich

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[129/0134] Wenn aber trübe Tage mit froſtigem Regen, oder der herbe Winter, oder die ſchwüle Hize des Sommers den Spaziergang mir verböten, dann würd ich ins einſame Zimmer mich ſchlieſſen; mich unterhielte da die edelſte Geſellſchaft, der Stolz und die Ehr’ eines jeden Jahrhunderts, die groſſen Geiſter, die ihre Weisheit in lehrende Bücher ausgegoſſen haben; edle Geſellſchaft, die unſre Seele zu ihrer Würd’ erhebt! Der lehrte mich die Sitten ferner Nationen, und die Wunder der Natur in fernen Welt-Theilen: Der dekt mir die Geheimniſſe der Natur auf, und führt mich in ihre geheime Werkſtatt, der würde mich die Oeconomie ganzer Nationen lehren und ihre Ge- ſchichte, die Schand und die Ehre des Menſchen- Geſchlechts. Der lehrt mich die Gröſſe und die Beſtimmung unſrer Seele, und die Reiz-volle Tu- gend; um mich her ſtünden die Weiſen und die Sänger des Alterthums; ihr Pfad iſt der Pfad zum wahren Schönen, aber nur wenige wagen ſich I

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/134>, abgerufen am 24.11.2024.