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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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liebe mich! Siehe, wie lieblich es ist, auf die-
sem Hügel in meinem Felsen zu wohnen! sieh wie
das kriechende Epheu ein grünes Nez anmuthig
um den Felsen herwebt, und wie sein Haupt der
Dornstrauch beschattet. Meine Höle ist bequem,
und ihre Wände sind mit weichen Fellen behan-
gen, und vor den Eingang hab' ich Kürbisse ge-
pflanzet, sie kriechen hoch empor und werden
zum dämmernden Dach; Sieh wie lieblich die
Quell' aus meinem Felsen schäumt, und hell über
die Wasserkresse hin durch hohes Gras und Blu-
men quillt! unten am Hügel sammelt er sich zur
kleinen See, mit Schilf-Rohr und Weiden um-
kränzt, wo die Nymphen bey stillem Mondschein
oft nach meiner Flöte tanzen, wenn die hüpfen-
den Faunen mit ihren Crotalen mir nachklappern.
Sieh wie auf dem Hügel die Haselstaude zu grü-

Crotalen, waren aufgespaltene Rohre, deren auf- und zu-
schlagen das Ton-Maass des Gesanges und der an-
dern Instrumente begleitete.
B

liebe mich! Siehe, wie lieblich es iſt, auf die-
ſem Hügel in meinem Felſen zu wohnen! ſieh wie
das kriechende Epheu ein grünes Nez anmuthig
um den Felſen herwebt, und wie ſein Haupt der
Dornſtrauch beſchattet. Meine Höle iſt bequem,
und ihre Wände ſind mit weichen Fellen behan-
gen, und vor den Eingang hab’ ich Kürbiſſe ge-
pflanzet, ſie kriechen hoch empor und werden
zum dämmernden Dach; Sieh wie lieblich die
Quell’ aus meinem Felſen ſchäumt, und hell über
die Waſſerkreſſe hin durch hohes Gras und Blu-
men quillt! unten am Hügel ſammelt er ſich zur
kleinen See, mit Schilf-Rohr und Weiden um-
kränzt, wo die Nymphen bey ſtillem Mondſchein
oft nach meiner Flöte tanzen, wenn die hüpfen-
den Faunen mit ihren Crotalen mir nachklappern.
Sieh wie auf dem Hügel die Haſelſtaude zu grü-

Crotalen, waren aufgeſpaltene Rohre, deren auf- und zu-
ſchlagen das Ton-Maaſs des Geſanges und der an-
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B
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[17/0022] liebe mich! Siehe, wie lieblich es iſt, auf die- ſem Hügel in meinem Felſen zu wohnen! ſieh wie das kriechende Epheu ein grünes Nez anmuthig um den Felſen herwebt, und wie ſein Haupt der Dornſtrauch beſchattet. Meine Höle iſt bequem, und ihre Wände ſind mit weichen Fellen behan- gen, und vor den Eingang hab’ ich Kürbiſſe ge- pflanzet, ſie kriechen hoch empor und werden zum dämmernden Dach; Sieh wie lieblich die Quell’ aus meinem Felſen ſchäumt, und hell über die Waſſerkreſſe hin durch hohes Gras und Blu- men quillt! unten am Hügel ſammelt er ſich zur kleinen See, mit Schilf-Rohr und Weiden um- kränzt, wo die Nymphen bey ſtillem Mondſchein oft nach meiner Flöte tanzen, wenn die hüpfen- den Faunen mit ihren Crotalen mir nachklappern. Sieh wie auf dem Hügel die Haſelſtaude zu grü- Crotalen, waren aufgeſpaltene Rohre, deren auf- und zu- ſchlagen das Ton-Maaſs des Geſanges und der an- dern Inſtrumente begleitete. B

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/22>, abgerufen am 28.04.2024.