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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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den Lüttigischen Gesandten Bar. von Orion und noch ein paar andere,
welche mit der Madame de la Tournelle spieleten. Mr. de la Tour-
nelle
kam darauf zu reden, daß wir in Versailles lieber
die Ördens-Solennitaet in der Capelle veräumen, als uns
dem Niederknien bey der Elevation submittiren wollen, und
meinte, daß die differenz derer christlichen Religionen bloß auf
die unterschiedenen Meinungen von denen Mysteriis ankommen
Weil nun einen ieden frey stehe disfals zu glauben, was
er wolle, so könne ein Protestant bey gedachtem Niederknien
seinen Glauben vollkomen in Salvo behalten, und diese Ce-
remonie bloß in Absicht auf den Befehl des Königs gar wohl
mit machen. Daß Illustrissimus die Kayser-Wahl zu Franckfurt
nicht besuchen wolten, approbirete er auf alle Weise.
Bey der Marquise de Montbrun trafen wir die Comtesse
d'Orval
an, welche auch mit unter die hiesigen devoten Dames
gehöret und eine Wittwe auch mit der gewöhnlichen Farbe nicht
angestrichen ist. Die Marquise erzehlete derselben unsre
Geschichte wegen des Niederkniens in Versailles, welche
sie von ihrem Herrn gehöret haben mochte, und approbirte
zwar die nach unserm Erkäntniß erwiesene Treue, wünschte
aber mit großem Mitleiden, daß wir ein beßers Erkänt-
niß hätten. Vor unserm Abschied fand sich auch noch die
Duchesse de Tremonille ein, und wurde von allerhand do-
mestique Sache, die nicht Anmerckungswürdig, ein langes
und breites gesprochen. Abends um 9 Uhr fand sich noch
der Duc de Bouillon, in Begleitung des Marquis de Montbrun
bey Illustrissimo in dero Quartier ein, welcher erstere denn nach
seiner gewöhnlichen Art mit Embrassiren und sehr verbindlichen
Contestationen sich überaus freundlich bezeigte. Der Marquis
erzehlete, daß die Princesse de Grimberg ihm geklaget, wie
der hiesige Pfälzische Gesandte Gräfenbrock gantz außerordentlich
gut oestereichisch gesinnt sey. Beym Weggehen wurde alle
Begleitung schlechterdings aufgehoben und verboten.

Den 5 Januar

Unsre heutigen Visiten waren:
1) Bey denen Printzen von Schwartzburg und Darmstadt, und war
der Erb-Printz mit Hände drücken und übrigen Bezeigen gegen Illustrissimum
sehr freundlich.

2) Bey dem Marquis de Montbrun, welcher uns anzeigete, daß
seiner Schwester-Mann der Marquis de Saint Stuban verstorben, und

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den Lüttigischen Gesandten Bar. von Orion und noch ein paar andere,
welche mit der Madame de la Tournelle spieleten. Mr. de la Tour-
nelle
kam darauf zu reden, daß wir in Versailles lieber
die Ørdens-Solennitaet in der Capelle veräumen, als uns
dem Niederknien bey der Elevation submittiren wollen, und
meinte, daß die differenz derer christlichen Religionen bloß auf
die unterschiedenen Meinungen von denen Mysteriis ankommen
Weil nun einen ieden frey stehe disfals zu glauben, was
er wolle, so könne ein Protestant bey gedachtem Niederknien
seinen Glauben vollkomen in Salvo behalten, und diese Ce-
remonie bloß in Absicht auf den Befehl des Königs gar wohl
mit machen. Daß Illustrissimus die Kayser-Wahl zu Franckfurt
nicht besuchen wolten, approbirete er auf alle Weise.
Bey der Marquise de Montbrun trafen wir die Comtesse
d'Orval
an, welche auch mit unter die hiesigen devoten Dames
gehöret und eine Wittwe auch mit der gewöhnlichen Farbe nicht
angestrichen ist. Die Marquise erzehlete derselben unsre
Geschichte wegen des Niederkniens in Versailles, welche
sie von ihrem Herrn gehöret haben mochte, und approbirte
zwar die nach unserm Erkäntniß erwiesene Treue, wünschte
aber mit großem Mitleiden, daß wir ein beßers Erkänt-
niß hätten. Vor unserm Abschied fand sich auch noch die
Duchesse de Tremonille ein, und wurde von allerhand do-
mestique Sache, die nicht Anmerckungswürdig, ein langes
und breites gesprochen. Abends um 9 Uhr fand sich noch
der Duc de Bouillon, in Begleitung des Marquis de Montbrun
bey Illustrissimo in dero Quartier ein, welcher erstere denn nach
seiner gewöhnlichen Art mit Embrassiren und sehr verbindlichen
Contestationen sich überaus freundlich bezeigte. Der Marquis
erzehlete, daß die Princesse de Grimberg ihm geklaget, wie
der hiesige Pfälzische Gesandte Gräfenbrock gantz außerordentlich
gut oestereichisch gesinnt sey. Beym Weggehen wurde alle
Begleitung schlechterdings aufgehoben und verboten.

Den 5 Januar

Unsre heutigen Visiten waren:
1) Bey denen Printzen von Schwartzburg und Darmstadt, und war
der Erb-Printz mit Hände drücken und übrigen Bezeigen gegen Illustrissimum
sehr freundlich.

2) Bey dem Marquis de Montbrun, welcher uns anzeigete, daß
seiner Schwester-Mann der Marquis de Saint Stuban verstorben, und

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[0110] 50 den Lüttigischen Gesandten Bar. von Orion und noch ein paar andere, welche mit der Madame de la Tournelle spieleten. Mr. de la Tour- nelle kam darauf zu reden, daß wir in Versailles lieber die Ørdens-Solennitaet in der Capelle veräumen, als uns dem Niederknien bey der Elevation submittiren wollen, und meinte, daß die differenz derer christl: Religionen bloß auf die unterschiedenen Meinungen von denen Mysteriis ankommen Weil nun einen ieden frey stehe disfals zu glauben, was er wolle, so könne ein Protestant bey gedachtem Niederknien seinen Glauben vollkomen in Salvo behalten, u. diese Ce- remonie bloß in Absicht auf den Befehl des Königs gar wohl mit machen. Daß Illmus die Kayser-Wahl zu Franckfurt nicht besuchen wolten, approbirete er auf alle Weise. Bey der Marquise de Montbrun trafen wir die Comtesse d'Orval an, welche auch mit unter die hiesigen devoten Dames gehöret und eine Wittwe auch mit der gewöhnl: Farbe nicht angestrichen ist. Die Marquise erzehlete derselben unsre Geschichte wegen des Niederkniens in Versailles, welche sie von ihrem Hl: gehöret haben mochte, und approbirte zwar die nach unserm Erkäntniß erwiesene Treue, wünschte aber mit großem Mitleiden, daß wir ein beßers Erkänt- niß hätten. Vor unserm Abschied fand sich auch noch die Duchesse de Tremonille ein, und wurde von allerhand do- mestique Sache, die nicht Anmerckungswürdig, ein langes und breites gesprochen. Abends um 9 Uhr fand sich noch der Duc de Bouillon, in Begleitung des Marquis de Montbrun bey Illmo in dero Quartier ein, welcher erstere denn nach seiner gewöhnl: Art mit Embrassiren und sehr verbindl:n Contestationen sich überaus freundl: bezeigte. Der Marquis erzehlete, daß die Princesse de Grimberg ihm geklaget, wie der hiesige Pflälzl: Gesandte Gräfenbrock gantz außerordentl: gut oestereichl: gesinnt sey. Beym Weggehen wurde alle Begleitung schlechterdings aufgehoben und verboten. Den 5 Jan: Unsre heutigen Visiten waren: 1) Bey denen Printzen von Schwartzburg und Darmstadt, und war der Erb-Printz mit Hände drücken und übrigen Bezeigen gegen Illmum sehr freundlich. 2) Bey dem Marquis de Montbrun, welcher uns anzeigete, daß seiner Schwester-Mann der Marquis de Saint Stuban verstorben, und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/110>, abgerufen am 28.11.2024.