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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 12 Januar

Gegen Mittag fuhren wir nach dem Brigadier Appelgrün, trafen
ihn aber vor seinem Hause schon im Wagen sitzend und im Begriff
wegzufahren, an, daher wir uns denn nur gantz kurtz beyderseits im
Wagen sitzende besprachen, und, ihn an dem Willenshabenden Abstei-
gen zu hindern, unsern Weg nach dem prince de Turenne und
ferner nach dem Comte de Treme, endlich aber, weil auch an diesen
beyden Orten Niemand zu Hause, nach dem Duc de Gesvres nahmen,
um daselbst das Mittags-Mahl einzunehmen. Bey unsrer Ankunft
hatte sich der Duc mit dem prince du sang, Comte de [unleserliches Material]Clairemont
in ein entlegenes Cabinet verschloßen, praesentirte aber Illustrissimum
an diesen letztern, als derselbe seinen Abschied nahm und durch
die ordentlichen Wohn-Zimmer durchpassirte. Es ist ein corpulenter
Herr, und siehet sehr roth aus, führet auch die gewöhnliche Pariser
Diaet in puncto des Soupirens, daher er auch die Einladung des
Ducs zum Mittags-Eßen abschlug. Die übrigen gebethenen
Gäste, nehmlich la Princesse de Tingry, welche mit dem ältesten
Sohn des Marechal de Montmorency
vermählet ist, la Comtesse
de Trenme
, la Marquise de Saucour eine Wittib und Cousine
germaine des Duc de Gesvres, deren Schwieger-Tochter eine
gebohrne Duchesse, ferner der Printz v. Schwartzburg mit dem Herrn
von Hertenberg
, der Chevalier de Montmorency, der Chevalier
de Meuse
, welche beyde Colonels sind und ihre Regiementer
in Corsica stehen haben, der Comte de Trenme und noch verschie-
dene andre fanden sich auch bald ein. Es wurden zwey Ta-
feln in dem Eß-Saal Serviret und speiseten an der kleinern
die Cavaliers und Officiers vom Hause, alles aber war noch
Superber, als das vorigemal, da wir hier gespeiset, eingerichtet.
Wie denn der Duc selbst gleichsam Beschwehrungsweise anführte,
daß Paris nicht hinlänglich sey, dasjenige zu fourniren, was
man nöthig habe, guten Freunden Conettement zu Eßen zu
geben, sondern man genötiget sey Zum Exempel die Pasteten von Amiens
die Schöpfen-Braten von Beauvais perge, perge herbringen zu laßen. Von
Tafel-Discoursen ist nichts anzumercken, weil solche fast durch-
gängig nur in continuirlichen Fragen und Antworten, ohnge-
fähr auf diese Weise bestunden: en voulez vous etre servir?
voulez vous de cela? il n'est pas mauvais. Goutez en la sauce
est excellente. peut entre que vousn'avez manger jamais de si bons
ragous perge, perge Nach der Tafel amusirten sich die Dames theils mit Spielen

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Den 12 Januar

Gegen Mittag fuhren wir nach dem Brigadier Appelgrün, trafen
ihn aber vor seinem Hause schon im Wagen sitzend und im Begriff
wegzufahren, an, daher wir uns denn nur gantz kurtz beyderseits im
Wagen sitzende besprachen, und, ihn an dem Willenshabenden Abstei-
gen zu hindern, unsern Weg nach dem prince de Turenne und
ferner nach dem Comte de Trême, endlich aber, weil auch an diesen
beyden Orten Niemand zu Hause, nach dem Duc de Gesvres nahmen,
um daselbst das Mittags-Mahl einzunehmen. Bey unsrer Ankunft
hatte sich der Duc mit dem prince du sang, Comte de [unleserliches Material]Clairemont
in ein entlegenes Cabinet verschloßen, praesentirte aber Illustrissimum
an diesen letztern, als derselbe seinen Abschied nahm und durch
die ordentlichen Wohn-Zimmer durchpassirte. Es ist ein corpulenter
Herr, und siehet sehr roth aus, führet auch die gewöhnliche Pariser
Diaet in puncto des Soupirens, daher er auch die Einladung des
Ducs zum Mittags-Eßen abschlug. Die übrigen gebethenen
Gäste, nehmlich la Princesse de Tingry, welche mit dem ältesten
Sohn des Marechal de Montmorency
vermählet ist, la Comtesse
de Trẽme
, la Marquise de Saucour eine Wittib und Cousine
germaine des Duc de Gesvres, deren Schwieger-Tochter eine
gebohrne Duchesse, ferner der Printz v. Schwartzburg mit dem Herrn
von Hertenberg
, der Chevalier de Montmorency, der Chevalier
de Meuse
, welche beyde Colonels sind und ihre Regiementer
in Corsica stehen haben, der Comte de Trẽme und noch verschie-
dene andre fanden sich auch bald ein. Es wurden zwey Ta-
feln in dem Eß-Saal Serviret und speiseten an der kleinern
die Cavaliers und Officiers vom Hause, alles aber war noch
Superber, als das vorigemal, da wir hier gespeiset, eingerichtet.
Wie denn der Duc selbst gleichsam Beschwehrungsweise anführte,
daß Paris nicht hinlänglich sey, dasjenige zu fourniren, was
man nöthig habe, guten Freunden Conettement zu Eßen zu
geben, sondern man genötiget sey Zum Exempel die Pasteten von Amiens
die Schöpfen-Braten von Beauvais perge, perge herbringen zu laßen. Von
Tafel-Discoursen ist nichts anzumercken, weil solche fast durch-
gängig nur in continuirlichen Fragen und Antworten, ohnge-
fähr auf diese Weise bestunden: en voulez vous être servir?
voulez vous de cela? il n’est pas mauvais. Goutez en la sauce
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ragous perge, perge Nach der Tafel amusirten sich die Dames theils mit Spielen

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[0118] 54 Den 12 Jan: Gegen Mittag fuhren wir nach dem Brigadier Appelgrün, trafen ihn aber vor seinem Hause schon im Wagen sitzend und im Begriff wegzufahren, an, daher wir uns denn nur gantz kurtz beyderseits im Wagen sitzende besprachen, und, ihn an dem Willenshabenden Abstei- gen zu hindern, unsern Weg nach dem prince de Turenne und ferner nach dem Comte de Trême, endlich aber, weil auch an diesen beyden Orten Niemand zu Hause, nach dem Duc de Gesvres nahmen, um daselbst das Mittags-Mahl einzunehmen. Bey unsrer Ankunft hatte sich der Duc mit dem prince du sang, Comte de Clairmont in ein entlegenes Cabinet verschloßen, praesentirte aber Illmum an diesen letztern, als derselbe seinen Abschied nahm und durch die ordentl: Wohn-Zimmer durchpassirte. Es ist ein corpulenter Herr, und siehet sehr roth aus, führet auch die gewöhnl: Pariser Diaet in puncto des Soupirens, daher er auch die Einladung des Ducs zum Mittags-Eßen abschlug. Die übrigen gebethenen Gäste, nehml: la Princesse de Tingry, welche mit dem ältesten Sohn des Marechal de Montmorency vermählet ist, la Comtesse de Trẽme, la Marquise de Saucour eine Wittib und Cousine germaine des Duc de Gesvres, deren Schwieger-Tochter eine gebohrne Duchesse, ferner der Printz v. Schwartzburg mit dHl. v. Hertenberg, der Chevalier de Montmorency, der Chevalier de Meuse, welche beyde Colonels sind und ihre Regiementer in Corsica stehen haben, der Comte de Trẽme und noch verschie- dene andre fanden sich auch bald ein. Es wurden zwey Ta- feln in dem Eß-Saal Serviret und speiseten an der kleinern die Cavaliers und Officiers vom Hause, alles aber war noch Superber, als das vorigemal, da wir hier gespeiset, eingerichtet. Wie denn der Duc selbst gleichsam Beschwehrungsweise anführte, daß Paris nicht hinlänglich sey, dasjenige zu fourniren, was man nöthig habe, guten Freunden Conettement zu Eßen zu geben, sondern man genötiget sey Z.E. die Pasteten von Amiens die Schöpfen-Braten von Beauvais pp herbringen zu laßen. Von Tafel-Discoursen ist nichts anzumercken, weil solche fast durch- gängig nur in continuirlichen Fragen und Antworten, ohnge- fähr auf diese Weise bestunden: en voulez vous être servi? voulez vous de cela? il n’est pas mauvais. Goutez en la sauce est excellente. peut ẽtre que vousn'avez manger jamais de si bons ragous pp Nach der Tafel amusirten sich die Dames theils mit Spielen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/118>, abgerufen am 27.11.2024.