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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 15
Den 15 Januar

Nach Anleitung des heutigen Ewangelii handelte der Dähnische Prediger von
der gnadenreichen Gegenwart Jesu bey denen Seinigen in der Noth, und zwar 1) wie die-
selbe, sich äußere, nehmlich (a ) in einer weisen Wahl der rechten Zeit und
Stunde, ( b) gantz unverhoft und (c) sehr herlich und reichlich. 2.) Was dieselbe
auf Seiten der Gläubigen vor Wirckung habe nehmlich (a) die Verherlichung
Gottes und (b) den lebendigen Glauben an Christum. Zu Ende der Predigt,
welche dismal der Erb-Printz von Darmstadt und der von Schwartzburg
mit beywohneten, wurde die vor 8 Tagen bereits verkündigte Collecte
zum Behuf der hiesigen ewangelischen Armen und Krancken-Anstalt
eingesamlet. Nach der Kirche gingen wir mit denen Printzen in
des Gesandten Wohn-Zimmer, und wolte dieser Nachricht haben, daß
der Rußische Commendant in Riga, General Bismarck enthauptet
sey. Bey der Retour in unser Quartier vernahmen wir, daß der
Brigadier Appelgrün zur Visita bey uns geweßen. Nachmittags
warteten wir unsre Post ab, und ließen deswegen den Baron
von Rotenhan
, welcher uns besuchen wolte, nicht ein. Aber [verlorenes Material]
erhielten wir eine Einladung vom prince de Grimberg [verlorenes Material]
Mittags-Eßen auf übermorgen.

Den 16 Januar

Mittags speiseten wir bey dem Marquis de Montbrun, die Marquise bwar=[verlorenes Material]
aber setzte sich Unpäßlichkeit wegen, nicht mit zur Tafel. Auf Ve[rlang-]
gen des Marquis muste die gantze Gelegenheit des Obergraitzischen [verlorenes Material]
ihm referiret und sonderl: von der Jagd, Red und Antwort gegeben w[verlorenes Material]
de denn die Marquise Illustrissimi Erklärung, daß sie von der Jagdt kein
Liebhaber wären, sehr approbirete, und die Jagdt vor eine solche
Uebung hielt, welche die Menschen wild mache. Wir erfuhren, daß
vor geraumen Jahren die hiesigen privilegirten frantzösischen Comm[unleserliches Material]oedianten
gegen die Commoedianten auf die Foire St. Germain einen schweren
Process erhoben, um ihnen das Handwerck zu legen. Ohnerachtet nun
der Cardinal d'Estrees, als damaliger Abt von St. Germain, in faveur
dieser letztern interveniendo einkommen, weil gedachte Foire auf
dem Grund und Boden der Abtey gelegen, und die Marckt Commaedianten
sowol, als die Kauf Leute vor ihre Boutiquen, dem Abt einen star-
cken Zinß bezahlen; so haben doch die erstern deswegen den Process
genommen, weil sie einestheils das Königliche Privilegium, andern Theils
aber dieses vor sich zu allegiren gewust, que leur etablissement devoit
etre regarder comme le fond des pauvres, qui en retriroient quarante
mille livres par au. Wie sie denn diese Summe anstatt des dritten Theils
ihres Gewinsts bis dato erlegen müßen. Über welche Geschichte diese
Refelxion gemacht wurde, daß die Bordels und Spiel-Häuser nach diesen
Principiis ebenfals als ein fond vor die Armen würden anzusehen und
ihnen zu favorisiren seyn, wenn sie nur einen Theil ihres Gewinsts

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Nummer 15
Den 15 Januar

Nach Anleitung des heutigen Ewangelii handelte der Dähnische Prediger von
der gnadenreichen Gegenwart Jesu bey denen Seinigen in der Noth, und zwar 1) wie die-
selbe, sich äußere, nehmlich (a ) in einer weisen Wahl der rechten Zeit und
Stunde, ( b) gantz unverhoft und (c) sehr herlich und reichlich. 2.) Was dieselbe
auf Seiten der Gläubigen vor Wirckung habe nehmlich (a) die Verherlichung
Gottes und (b) den lebendigen Glauben an Christum. Zu Ende der Predigt,
welche dismal der Erb-Printz von Darmstadt und der von Schwartzburg
mit beywohneten, wurde die vor 8 Tagen bereits verkündigte Collecte
zum Behuf der hiesigen ewangelischen Armen und Krancken-Anstalt
eingesamlet. Nach der Kirche gingen wir mit denen Printzen in
des Gesandten Wohn-Zimmer, und wolte dieser Nachricht haben, daß
der Rußische Commendant in Riga, General Bismarck enthauptet
sey. Bey der Retour in unser Quartier vernahmen wir, daß der
Brigadier Appelgrün zur Visita bey uns geweßen. Nachmittags
warteten wir unsre Post ab, und ließen deswegen den Baron
von Rotenhan
, welcher uns besuchen wolte, nicht ein. Aber [verlorenes Material]
erhielten wir eine Einladung vom prince de Grimberg [verlorenes Material]
Mittags-Eßen auf übermorgen.

Den 16 Januar

Mittags speiseten wir bey dem Marquis de Montbrun, die Marquise bwar=[verlorenes Material]
aber setzte sich Unpäßlichkeit wegen, nicht mit zur Tafel. Auf Ve[rlang-]
gen des Marquis muste die gantze Gelegenheit des Obergraitzischen [verlorenes Material]
ihm referiret und sonderl: von der Jagd, Red und Antwort gegeben w[verlorenes Material]
de denn die Marquise Illustrissimi Erklärung, daß sie von der Jagdt kein
Liebhaber wären, sehr approbirete, und die Jagdt vor eine solche
Uebung hielt, welche die Menschen wild mache. Wir erfuhren, daß
vor geraumen Jahren die hiesigen privilegirten frantzösischen Comm[unleserliches Material]oedianten
gegen die Commoedianten auf die Foire St. Germain einen schweren
Process erhoben, um ihnen das Handwerck zu legen. Ohnerachtet nun
der Cardinal d’Estrées, als damaliger Abt von St. Germain, in faveur
dieser letztern interveniendo einkommen, weil gedachte Foire auf
dem Grund und Boden der Abtey gelegen, und die Marckt Commaedianten
sowol, als die Kauf Leute vor ihre Boutiquen, dem Abt einen star-
cken Zinß bezahlen; so haben doch die erstern deswegen den Process
genommen, weil sie einestheils das Königliche Privilegium, andern Theils
aber dieses vor sich zu allegiren gewust, que leur etablissement devoit
être regarder comme le fond des pauvres, qui en retriroient quarante
mille livres par au. Wie sie denn diese Summe anstatt des dritten Theils
ihres Gewinsts bis dato erlegen müßen. Über welche Geschichte diese
Refelxion gemacht wurde, daß die Bordels und Spiel-Häuser nach diesen
Principiis ebenfals als ein fond vor die Armen würden anzusehen und
ihnen zu favorisiren seyn, wenn sie nur einen Theil ihres Gewinsts

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[0122] 56 No 15 Den 15 Jan: Nach Anleitung des heutigen Ewangelii handelte der Dähnil: Prediger von der gnadenreichen Gegenwart Jesu bey denen Seinigen in der Noth, und zwar 1) wie die- selbe, sich äußere, nehmlich (a ) in einer weisen Wahl der rechten Zeit und Stunde, ( b) gantz unverhoft und (c) sehr herlich u. reichlich. 2.) Was dieselbe auf Seiten der Gläubigen vor Wirckung habe nehml: (a) die Verherlichung Gottes und (b) den lebendigen Glauben an Christum. Zu Ende der Predigt, welche dismal der Erb-Printz von Darmstadt und der von Schwartzburg mit beywohneten, wurde die vor 8 Tagen bereits verkündigte Collecte zum Behuf der hiesigen ewangelischen Armen und Krancken-Anstalt eingesamlet. Nach der Kirche gingen wir mit denen Printzen in des Gesandten Wohn-Zimmer, und wolte dieser Nachricht haben, daß der Rußische Commendant in Riga, General Bismarck enthauptet sey. Bey der Retour in unser Quartier vernahmen wir, daß der Brigadier Appelgrün zur Visita bey uns geweßen. Nachmittags warteten wir unsre Post ab, und ließen deswegen den Bar: von Rotenhan, welcher uns besuchen wolte, nicht ein. Aber _ erhielten wir eine Einladung vom prince de Grimberg _ Mittags-Eßen auf übermorgen. Den 16 Jan: Mittags speiseten wir bey dem Marquis de Montbrun, die Marq: bwar=_ aber setzte sich Unpäßlichkeit wegen, nicht mit zur Tafel. Auf Verlang- gen des Marquis muste die gantze Gelegenheit des Obergraitzsch: _ ihm referiret und sonderl: von der Jagd, Red und Antwort gegeben w_ de denn die Marquise Illmi Erklärung, daß sie von der Jagdt kein Liebhaber wären, sehr approbirete, und die Jagdt vor eine solche Uebung hielt, welche die Menschen wild mache. Wir erfuhren, daß vor geraumen Jahren die hiesigen privilegirten frantzöl: Commoedianten gegen die Commoedianten auf die Foire St. Germain einen schweren Process erhoben, um ihnen das Handwerck zu legen. Ohnerachtet nun der Cardinal d’Estrées, als damaliger Abt von St. Germain, in faveur dieser letztern interveniendo einkommen, weil gedachte Foire auf dem Grund und Boden der Abtey gelegen, und die Marckt Commaedianten sowol, als die Kauf Leute vor ihre Boutiquen, dem Abt einen star- cken Zinß bezahlen; so haben doch die erstern deswegen den Process genommen, weil sie einestheils das Königl: Privilegium, andern Theils aber dieses vor sich zu allegiren gewust, que leur etablissement devoit être regarder comme le fond des pauvres, qui en retriroient quarante mille livres par au. Wie sie denn diese Summe anstatt des dritten Theils ihres Gewinsts bis dato erlegen müßen. Über welche Geschichte diese Refelxion gemacht wurde, daß die Bordels und Spiel-Häuser nach diesen Principiis ebenfals als ein fond vor die Armen würden anzusehen und ihnen zu favorisiren seyn, wenn sie nur einen Theil ihres Gewinsts

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/122>, abgerufen am 27.11.2024.