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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 29 Jan:

Die heutige Predigt handelte von dem Gnaden-Lohn der Arbeiter Gottes,
da denn betrachtet wurden 1) die Arbeiter u. deren Arbeit, 2.) der Lohn. In
der Application wurde recht fein angewiesen, wie ein ieglicher auch so gar
seinen äußerlichen Beruf und Stand dergestalt führen müße, daß Gott ihn
darinnen als seinen Arbeiter ansehen könne. Wir blieben bey dem Dähnischen
Minister zur Tafel, und waren die übrigen Gäste der Englische Minister
Tompson, der Herr v. Zech u. ein gewißer Herr v. Brummer. Bey Gelegenheit eines
Discourses von der nothwendigen presence d'Esprit erzehlte der Herr v. Wind,
daß der vorige König von Dännemarck einsmals einen Holsteinischen Land -
Edelmann von seiner Haushaltung gefraget, und besonders wißen wollen,
wie seine Kühe sich verinteressireten. Weil nun dieser Juncker hauptsächlich
vom Ochsen-Handel seinen Profit gezogen, und das Wort Ochse vor dem
König zu gebrauchen, ihm nicht [unleserliches Material]höflich genug geschienen, so habe er aus
Confusion dem König geantwortet: Ihro Majestät ich habe in meinen
Forwercken mehrentheils gecrönte Häupter: Als er sich aber endlich
darauf besonnen, daß dieser Ausdruck den König noch weit mehr choqui-
ren würde, sey er gantz confuss davon geschlichen, u. habe ihn Niemand
wider zum König bringen können. Als eine Paralel-Geschichte er-
zehlte der Herr v. Zech, daß der letzt verstorbene Hertzog von Gotha zu einem
frembden Cavalier, welcher seinen Hof besuchet, gesaget habe: die
gewöhnlichen großen Reisen wurden nun von ihn gesehen seyn
und er also auch in Teutschland selbst sich umsehen wollen. Worauf
derselbe geantwortet: ja, er habe die großen Höfe in Teutschland
schon besehen, und nunmehro nehme er auch die kleinen in Augenschein.
Monsieur Tompson gab von der Einrichtung des Englischen Staates u. Regiements
verschiedene, [unleserliches Material]jedoch auch schon aus Büchern bekannte Nachrichten.

Den 30 Jan:

Früh besuchte uns der Herr v. Hertenberg, um eine gemeinschaftliche Reise
nach Versailles zu concertiren, und nachdem wir Mittags en passant
bey dem Printzen von Schwartburg abgestiegen, auch noch ein und
anders verabredet, speiseten wir bey dem Monsieur de la Faye, in Ge-
sellschaft seiner Gemahlin, ihres Bruders Monsieur de Saintauban und
Monsieur de Crevecouer, welcher letztere wohl aussiehet u. in Königlichen Kriegs-
Diensten, auch in der Fortification wohl erfahren ist. Die meiste Zeit
brachten wir in der Bibliothec des Monsieur de la Faye zu, welche von
allen Facultaeten einen Salectum hat, in denen belles lettres aber u.
in der Historie am stärcksten ist. Seine Force in der teutschen Sprache
uns zu zeigen, übersetzte er eine Passage aus dem Europäischen Herold
gleich ex tempore ins frantzösische, communicirte auch eine von dem prince
de Grimberg im Vertrauen erhaltene gedruckte piece, die Bayerische An-
sprüche gegen Oesterreich betreffend. Illmus beschenckten Madame de la Faye
mit dem Großväterlichen Begräbniß Thaler u. nach der Tafel fand sich auch

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Den 29 Jan:

Die heutige Predigt handelte von dem Gnaden-Lohn der Arbeiter Gottes,
da denn betrachtet wurden 1) die Arbeiter u. deren Arbeit, 2.) der Lohn. In
der Application wurde recht fein angewiesen, wie ein ieglicher auch so gar
seinen äußerlichen Beruf und Stand dergestalt führen müße, daß Gott ihn
darinnen als seinen Arbeiter ansehen könne. Wir blieben bey dem Dähnischen
Minister zur Tafel, und waren die übrigen Gäste der Englische Minister
Tompson, der Herr v. Zech u. ein gewißer Herr v. Brummer. Bey Gelegenheit eines
Discourses von der nothwendigen presence d’Esprit erzehlte der Herr v. Wind,
daß der vorige König von Dännemarck einsmals einen Holsteinischen Land -
Edelmann von seiner Haushaltung gefraget, und besonders wißen wollen,
wie seine Kühe sich verinteressireten. Weil nun dieser Juncker hauptsächlich
vom Ochsen-Handel seinen Profit gezogen, und das Wort Ochse vor dem
König zu gebrauchen, ihm nicht [unleserliches Material]höflich genug geschienen, so habe er aus
Confusion dem König geantwortet: Ihro Majestät ich habe in meinen
Forwercken mehrentheils gecrönte Häupter: Als er sich aber endlich
darauf besonnen, daß dieser Ausdruck den König noch weit mehr choqui-
ren würde, sey er gantz confuss davon geschlichen, u. habe ihn Niemand
wider zum König bringen können.   Als eine Paralel-Geschichte er-
zehlte der Herr v. Zech, daß der letzt verstorbene Hertzog von Gotha zu einem
frembden Cavalier, welcher seinen Hof besuchet, gesaget habe: die
gewöhnlichen großen Reisen wurden nun von ihn gesehen seyn
und er also auch in Teutschland selbst sich umsehen wollen. Worauf
derselbe geantwortet: ja, er habe die großen Höfe in Teutschland
schon besehen, und nunmehro nehme er auch die kleinen in Augenschein.
Monsieur Tompson gab von der Einrichtung des Englischen Staates u. Regiements
verschiedene, [unleserliches Material]jedoch auch schon aus Büchern bekannte Nachrichten.

Den 30 Jan:

Früh besuchte uns der Herr v. Hertenberg, um eine gemeinschaftliche Reise
nach Versailles zu concertiren, und nachdem wir Mittags en passant
bey dem Printzen von Schwartburg abgestiegen, auch noch ein und
anders verabredet, speiseten wir bey dem Monsieur de la Faye, in Ge-
sellschaft seiner Gemahlin, ihres Bruders Monsieur de Saintauban und
Monsieur de Crevecouer, welcher letztere wohl aussiehet u. in Königlichen Kriegs-
Diensten, auch in der Fortification wohl erfahren ist. Die meiste Zeit
brachten wir in der Bibliothec des Monsieur de la Faye zu, welche von
allen Facultaeten einen Salectum hat, in denen belles lettres aber u.
in der Historie am stärcksten ist. Seine Force in der teutschen Sprache
uns zu zeigen, übersetzte er eine Passage aus dem Europäischen Herold
gleich ex tempore ins frantzösische, communicirte auch eine von dem prince
de Grimberg im Vertrauen erhaltene gedruckte piece, die Bayerische An-
sprüche gegen Oesterreich betreffend. Illmus beschenckten Madame de la Faye
mit dem Großväterlichen Begräbniß Thaler u. nach der Tafel fand sich auch

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[0142] 66 Den 29 Jan: Die heutige Predigt handelte von dem Gnaden-Lohn der Arbeiter Gottes, da denn betrachtet wurden 1) die Arbeiter u. deren Arbeit, 2.) der Lohn. In der Application wurde recht fein angewiesen, wie ein ieglicher auch so gar seinen äußerlichen Beruf und Stand dergestalt führen müße, daß Gott ihn darinnen als seinen Arbeiter ansehen könne. Wir blieben bey dem Dähnil. Minister zur Tafel, und waren die übrigen Gäste der Engl: Minister Tompson, der H. v. Zech u. ein gewißer H. v. Brummer. Bey Gelegenheit eines Discourses von der nothwendigen presence d’Esprit erzehlte der Hl. v. Wind, daß der vorige König von Dännemarck einsmals einen Hollsteinil: Land - Edelmann von seiner Haushaltung gefraget, und besonders wißen wollen, wie seine Kühe sich verinteressireten. Weil nun dieser Juncker hauptsächlich vom Ochsen-Handel seinen Profit gezogen, und das Wort Ochse vor dem König zu gebrauchen, ihm nicht höflich genug geschienen, so habe er aus Confusion dem König geantwortet: Ihro Majest: ich habe in meinen Forwercken mehrentheils gecrönte Häupter: Als er sich aber endl: darauf besonnen, daß dieser Ausdruck den König noch weit mehr choqui- ren würde, sey er gantz confus davon geschlichen, u. habe ihn Niemand wider zum König bringen können.   Als eine Paralel-Geschichte er- zehlte dHl: v. Zech, daß der letzt verstorbene Hertzog von Gotha zu einem frembden Cavalier, welcher seinen Hof besuchet, gesaget habe: die gewöhnlichen großen Reisen wurden nun von ihn gesehen seyn und er also auch in Teutschland selbst sich umsehen wollen. Worauf derselbe geantwortet: ja, er habe die großen Höfe in Teutschland schon besehen, und nunmehro nehme er auch die kleinen in Augenschein. Mr. Tompson gab von der Einrichtung des Engl: Staates u. Regiements verschiedene, jedoch auch schon aus Büchern bekannte Nachrichten. Den 30 Jan: Früh besuchte uns der H. v. Hertenberg, um eine gemeinschaftl: Reise nach Versailles zu concertiren, und nachdem wir Mittags en passant bey dem Printzen von Schwartburg abgestiegen, auch noch ein und anders verabredet, speiseten wir bey dem Mr. de la Faye, in Ge- sellschaft seiner Gemahlin, ihres Bruders Mr. de Saintauban und Mr. de Crevecouer, welcher letztere wohl aussiehet u. in Königl: Kriegs- Diensten, auch in der Fortification wohl erfahren ist. Die meiste Zeit brachten wir in der Bibliothec des Mr. de la Faye zu, welche von allen Facultaeten einen Salectum hat, in denen belles lettres aber u. in der Historie am stärcksten ist. Seine Force in der teutschen Sprache uns zu zeigen, übersetzte er eine Passage aus dem Europäischen Herold gleich ex tempore ins frantzösische, communicirte auch eine von dem prince de Grimberg im Vertrauen erhaltene gedruckte piece, die Bayerische An- sprüche gegen Oesterreich betreffend. Illmus beschenckten Mad. de la Faye mit dem Großväterl: Begräbniß Thaler u. nach der Tafel fand sich auch

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/142>, abgerufen am 25.11.2024.