Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].um und neben uns saßen, und mit der devotesten mine ihre um und neben uns saßen, und mit der devotesten mine ihre <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0247"/> um <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> neben uns saßen, und mit der devotesten mine ihr<unclear reason="covered">e</unclear><lb/> Stimme in einer ihnen unverständlichen Sprache erhoben. Er re-<lb/> plicirete dagegen: elles ont la traduction à coté, et la peuve<unclear reason="covered">nt</unclear><lb/> lire on avant, on aprés le service. U<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">nter</add></subst>dem gantzen Gesang kam<lb/> nur eine Anruffung der <persName xml:id="TidB12677" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11052" ref="http://d-nb.info/gnd/118640909">Mariae</persName> vor, bey der wir stille schwiege<unclear reason="covered">n.</unclear><lb/> Der <persName xml:id="TidB12678" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10107">Marquis</persName> selbige auch gleich im Buch vorblätterte, mit dem<lb/> Zusatz, ce n’est rien pour vous. Endlich stieg der <choice><abbr>P.</abbr><expan>Pater</expan></choice> <persName xml:id="TidB12679" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12635">Renaud</persName><lb/> auf die Cantzel, dem ein junger Geistlicher folgte, ein weiße<unclear reason="covered">s</unclear><lb/> Schnupftuch zu Abwischung des Schweißes neben ihn auf die<lb/> Brüstung der Cantzel legte, und hinter ihm auf der obersten<lb/> Stufe der Cantzel-Treppe sitzen blieb. <choice><abbr>P</abbr><expan>Pater</expan></choice> <persName xml:id="TidB12680" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12635">Renaud</persName> ist 35 Jahr alt<unclear reason="covered">,</unclear><lb/> langer Statur, ziemlich hager, und hat ein aus Ernsthaftig= un<unclear reason="covered">d</unclear><lb/> Freundligkeit sehr wohl vermischtes Ansehen. <supplied reason="covered">Im</supplied> Eingang seine<unclear reason="covered">r</unclear><lb/> Predigt gab er sehr beweglich zu erkennen, wie er besorge,<lb/> daß seine gehaltene Fasten-Predigten bey denen wenigsten<lb/> die erwünschte Wirckung geschaffet, und daß sonderlich diejenigen<lb/> Zuhörer, davon <subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">dem</add></subst> wenigsten Nutzen würden gehabt haben<lb/> welche deswegen im Stande der Gnaden zu seyn praeten-<lb/> direten, weil sie äußerlich mehr gutes und weniger böses<lb/> thäten, als andere. Diese Art Leute nun, welche er Halb<lb/> Christen nennte, wolte er zu überzeugen suchen, 1) wie<lb/> höchst gefährlich ihr Zustand, und wie gleichwol 2) derselbe<lb/> so sehr gemein sey. Bey Abhandlung des 1sten Theils wurd<unclear reason="covered">e</unclear><lb/> zuvörderst zum Grunde gesetzet, daß vor Gott nichts gelte,<lb/> als Christus, und daß ihm nichts angenehm sey, als was durch<lb/> die Gnade Christi gewircket werde, daß aber diese Gnade<lb/> ihre Wirckung an dem Hertzen des Menschen beweise, und<lb/> also die Quelle reinige, damit etwas wahrhaftig gutes<lb/> heraus fließen könne. Wolle man nun von seinem<lb/> Zustande recht urtheilen, und sich nicht in Gefahr setzen,<lb/> betrogen zu werden, so müße man sein Hertz unter-<lb/> suchen, wie viel, oder wie wenig Anhängligkeit an irdische<lb/> Dinge, Lauterkeit derer Absichten in allem Thun und Laße<unclear reason="covered">n</unclear><lb/> Liebe zu Gott und Ernst in Ausübung seiner Befehle, im<lb/> innersten Grund deßelben vorhanden; da denn einem<lb/> ieden seine Blöße bald offenbar werden, und ihn überzeug<unclear reason="covered">en</unclear><lb/> würde, wie <subst><del rendition="#s"><gap reason="illegible"/></del><add place="superlinear">hohe Ursach</add></subst> er habe, die Gnade begierig zu suchen, w<unclear reason="covered">ie</unclear><lb/> ihm nötig sey, ein wahrer und gantzer Christ zu werden.<lb/> Dieses voraus gesetzt, wurde nun die Gefährligkeit des Zustan<unclear reason="covered">des</unclear><lb/> derer Halb-Christen in folgenden 2 puncten gezeiget, 1) daß<lb/> sie ihren Zustand vor sehr gut hielten, und sich also auch<lb/> um die Mittel zu ihrer Beßerung nicht bekümerten, da ihn<unclear reason="covered">en</unclear> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
um u. neben uns saßen, und mit der devotesten mine ihre
Stimme in einer ihnen unverständlichen Sprache erhoben. Er re-
plicirete dagegen: elles ont la traduction à coté, et la peuvent
lire on avant, on aprés le service. Unterdem gantzen Gesang kam
nur eine Anruffung der Mariae vor, bey der wir stille schwiegen.
Der Marquis selbige auch gleich im Buch vorblätterte, mit dem
Zusatz, ce n’est rien pour vous. Endlich stieg der P. Renaud
auf die Cantzel, dem ein junger Geistlicher folgte, ein weißes
Schnupftuch zu Abwischung des Schweißes neben ihn auf die
Brüstung der Cantzel legte, und hinter ihm auf der obersten
Stufe der Cantzel-Treppe sitzen blieb. P Renaud ist 35 Jahr alt,
langer Statur, ziemlich hager, und hat ein aus Ernsthaftig= und
Freundligkeit sehr wohl vermischtes Ansehen. Im Eingang seiner
Predigt gab er sehr beweglich zu erkennen, wie er besorge,
daß seine gehaltene Fasten-Predigten bey denen wenigsten
die erwünschte Wirckung geschaffet, und daß sonderlich diejenigen
Zuhörer, davon dem wenigsten Nutzen würden gehabt haben
welche deswegen im Stande der Gnaden zu seyn praeten-
direten, weil sie äußerlich mehr gutes und weniger böses
thäten, als andere. Diese Art Leute nun, welche er Halb
Christen nennte, wolte er zu überzeugen suchen, 1) wie
höchst gefährlich ihr Zustand, und wie gleichwol 2) derselbe
so sehr gemein sey. Bey Abhandlung des 1sten Theils wurde
zuvörderst zum Grunde gesetzet, daß vor Gott nichts gelte,
als Christus, und daß ihm nichts angenehm sey, als was durch
die Gnade Christi gewircket werde, daß aber diese Gnade
ihre Wirckung an dem Hertzen des Menschen beweise, und
also die Quelle reinige, damit etwas wahrhaftig gutes
heraus fließen könne. Wolle man nun von seinem
Zustande recht urtheilen, und sich nicht in Gefahr setzen,
betrogen zu werden, so müße man sein Hertz unter-
suchen, wie viel, oder wie wenig Anhängligkeit an irdische
Dinge, Lauterkeit derer Absichten in allem Thun und Laßen
Liebe zu Gott und Ernst in Ausübung seiner Befehle, im
innersten Grund deßelben vorhanden; da denn einem
ieden seine Blöße bald offenbar werden, und ihn überzeugen
würde, wie hohe Ursach er habe, die Gnade begierig zu suchen, wie
ihm nötig sey, ein wahrer und gantzer Christ zu werden.
Dieses voraus gesetzt, wurde nun die Gefährligkeit des Zustandes
derer Halb-Christen in folgenden 2 puncten gezeiget, 1) daß
sie ihren Zustand vor sehr gut hielten, und sich also auch
um die Mittel zu ihrer Beßerung nicht bekümerten, da ihnen
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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