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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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denn so wenig, als einem Krancken, der sich vor absolut gesund
hielte und keine Artney nehmen wolte, geholffen werden könte:
2) Daß sie bey etwa auch aufsteigendem Zweifel über ihren
Zustand, nicht nach der obgedachten inwendigen Beschaffenheit
ihres Hertzens, sondern bloß darnach die Prüfung anstelleten,
ob sie äußerlich mehr, oder weniger gutes [unleserliches Material]thätten, als andre.
So meine Zum Exempel mancher wunder was er vor dem großen
Welt-Hauffen voraus habe, wenn er sich in der Stille halte,
da ihn doch etwa nur dieser und jener afront, oder auch seine
natürliche Neigung zu einer solchen retraite veranlaße;
wenn er denen Armen mehr gebe, als andre, da doch seine
Charite wohl hauptsächlich eine Tochter der ambition, und das,
was er gebe, seinem Überfluß noch lange nicht proportio-
niret sey; wenn er nicht schwelge und praße, wie der
reiche Mann, da er doch solches nicht um des göttlichen Verbots-
willen, sondern aus biense[unleserliches Material]ance oder wohl gar aus Geitz
unterlaße perge, perge Von noch mehrern dergleichen falschen Absichten,
welche sich bey einer äußerlich gute scheinenden praxi
finden können, machte der Pater Renaud ein weitläuffiges
Register, und beschloß endlich diesen ersten Theil also: vous
voyes donc, mes freres, que cela doit etre un etat tres-
dangeroux, quand on ne connoit point du tout le [unleserliches Material]dange
ou on est, on quand on se sert, pour le connoitre, des
apparences aussi trompeuses. Bey dem andern Theil der
Predigt legte er den Spruch zum Grunde: wer mein Jünger
sey will
1) der verläugne sich selbst 2) nehme sein
Creutz auf sich täglich und 3) folge mir nach
, welche 3 puncte
als die Merckmahle wahrer und gantzer Christen angege-
ben wurden . Da man nun solche bey denen allerwenigsten
finde, so sey offenbahr, daß es derer Halb-Christen eine
große Menge geben müße. Schade war es, daß der Pater
Renaud die Verläugnung, die Aufnehmung des Creutzes,
und die Nachfolge meist auf allerhand sogenannte mortificatio-
nen hinaus führete, und die perfection evangelique derer
wahren Christen an denen Exempeln Francisci, Teresiae und
solcher Leute darstellen wolte. Er machte sich zwar selbst
den Einwurff, daß nicht iedermann leben könne, wie Fran-
ciscus
oder Teresia, sondern eine andere Vocation habe, ant-
wortete aber, la disposition du coeur de chaque Chretien
doit toujours etre celle de Saint Francois et de Sainte Te[unleserliches Material]rese.
In summa der andre Theil der Predigt war von dem ersten

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denn so wenig, als einem Krancken, der sich vor absolut gesund
hielte und keine Artney nehmen wolte, geholffen werden könte:
2) Daß sie bey etwa auch aufsteigendem Zweifel über ihren
Zustand, nicht nach der obgedachten inwendigen Beschaffenheit
ihres Hertzens, sondern bloß darnach die Prüfung anstelleten,
ob sie äußerlich mehr, oder weniger gutes [unleserliches Material]thätten, als andre.
So meine Zum Exempel mancher wunder was er vor dem großen
Welt-Hauffen voraus habe, wenn er sich in der Stille halte,
da ihn doch etwa nur dieser und jener afront, oder auch seine
natürliche Neigung zu einer solchen retraite veranlaße;
wenn er denen Armen mehr gebe, als andre, da doch seine
Charité wohl hauptsächlich eine Tochter der ambition, und das,
was er gebe, seinem Überfluß noch lange nicht proportio-
niret sey; wenn er nicht schwelge und praße, wie der
reiche Mann, da er doch solches nicht um des göttlichen Verbots-
willen, sondern aus biense[unleserliches Material]ance oder wohl gar aus Geitz
unterlaße perge, perge Von noch mehrern dergleichen falschen Absichten,
welche sich bey einer äußerlich gute scheinenden praxi
finden können, machte der Pater Renaud ein weitläuffiges
Register, und beschloß endlich diesen ersten Theil also: vous
voyés donc, mes freres, que cela doit être un etat tres-
dangeroux, quand on ne connoit point du tout le [unleserliches Material]dangé
où on est, on quand on se sert, pour le connoitre, des
apparences aussi trompeuses. Bey dem andern Theil der
Predigt legte er den Spruch zum Grunde: wer mein Jünger
sey will
1) der verläugne sich selbst 2) nehme sein
Creutz auf sich täglich und 3) folge mir nach
, welche 3 puncte
als die Merckmahle wahrer und gantzer Christen angege-
ben wurden . Da man nun solche bey denen allerwenigsten
finde, so sey offenbahr, daß es derer Halb-Christen eine
große Menge geben müße. Schade war es, daß der Pater
Renaud die Verläugnung, die Aufnehmung des Creutzes,
und die Nachfolge meist auf allerhand sogenannte mortificatio-
nen hinaus führete, und die perfection evangelique derer
wahren Christen an denen Exempeln Francisci, Teresiae und
solcher Leute darstellen wolte. Er machte sich zwar selbst
den Einwurff, daß nicht iedermann leben könne, wie Fran-
ciscus
oder Teresia, sondern eine andere Vocation habe, ant-
wortete aber, la disposition du coeur de chaque Chretien
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[0248] 117 denn so wenig, als einem Krancken, der sich vor absolut gesund hielte und keine Artney nehmen wolte, geholffen werden könte: 2) Daß sie bey etwa auch aufsteigendem Zweifel über ihren Zustand, nicht nach der obgedachten inwendigen Beschaffenheit ihres Hertzens, sondern bloß darnach die Prüfung anstelleten, ob sie äußerlich mehr, oder weniger gutes thätten, als andre. So meine Z.E. mancher wunder was er vor dem großen Welt-Hauffen voraus habe, wenn er sich in der Stille halte, da ihn doch etwa nur dieser und jener afront, oder auch seine natürliche Neigung zu einer solchen retraite veranlaße; wenn er denen Armen mehr gebe, als andre, da doch seine Charité wohl hauptsächlich eine Tochter der ambition, und das, was er gebe, seinem Überfluß noch lange nicht proportio- niret sey; wenn er nicht schwelge und praße, wie der reiche Mann, da er doch solches nicht um des göttlichen Verbots- willen, sondern aus bienseance oder wohl gar aus Geitz unterlaße pp. Von noch mehrern dergl: falschen Absichten, welche sich bey einer äußerlich gute scheinenden praxi finden können, machte der P. Renaud ein weitläuffiges Register, und beschloß endl: diesen ersten Theil also: vous voyés donc, mes freres, que cela doit être un etat tres- dangeroux, quand on ne connoit point du tout le dangé où on est, on quand on se sert, pour le connoitre, des apparences aussi trompeuses. Bey dem andern Theil der Predigt legte er den Spruch zum Grunde: wer mein Jünger sey will 1) der verläugne sich selbst 2) nehme sein Creutz auf sich täglich und 3) folge mir nach, welche 3 puncte als die Merckmahle wahrer und gantzer Christen angege- ben wurden . Da man nun solche bey denen allerwenigsten finde, so sey offenbahr, daß es derer Halb-Christen eine große Menge geben müße. Schade war es, daß der P. Renaud die Verläugnung, die Aufnehmung des Creutzes, und die Nachfolge meist auf allerhand sogenannte mortificatio- nen hinaus führete, und die perfection evangelique derer wahren Christen an denen Exempeln Francisci, Teresiae und solcher Leute darstellen wolte. Er machte sich zwar selbst den Einwurff, daß nicht iedermann leben könne, wie Fran- ciscus oder Teresia, sondern eine andere Vocation habe, ant- wortete aber, la disposition du coeur de chaque Chretien doit toujours être celle de St: Francois et de Ste Terese. In summa der andre Theil der Predigt war von dem ersten

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/248>, abgerufen am 21.11.2024.