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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 31.
Den 7 May

Die Proposition der heutigen Predigt war, das Gott wohlgefällige Gebet
der Gläubigen, und wurde dabey gezeiget 1) deßen Beschaffenheit, und 2) deßen
Nutzbarkeit. Nachmittags passirten wir die Zeit bey der Marquise de
Montbrun
, woselbst sich auch der unterm 4ten hui schon erwehnte Priester
einfand, dismal aber in denen discoursen nichts merckwürdiges vor-
kam . Mit einer Spatzier-Fahrt auf den Cours, und einer promenade
aux Tuileries wurde der Abend geendiget, doch hatten wir bey dem
Eintritt in unser Quartier noch von dem prince de Turenne
und Monsieur de la Lande Visite, welche man von studiis und ex-
ercitiis entretenirte.

Den 8 May.

Die heutigen Ausfahren nach dem Päbstlichen Nuncio, dem Herren von Waßnaer
und dem Holländischen Ambassadeur waren vergeblich, und verfügeten
wir uns also beynach dem Duc de Gesvres, welcher sehr viele muthwilige
Jugend-Streiche erzehlte, die er mit dem verstorbenen Duc de Bourbon
und andern in dieser Gesellschaft gewesenen jungen Herrn ausge=
übet. Z.E. Es habe sich ein gewißer Abbe von condition immer zu
ihnen halten wollen, den sie gerne loß gewesen wären, u. dem
sie deswegen vielen Verdruß angethan, besonders aber folgenden
Streich gespielet. Gedachter Duc habe auf einem seiner Land-Häuser
in einem Schlaf-Zimmer einen verborgenen Schranck, und darinn
ein Todten-Gerippe stehen gehabt, welches durch Rollen und Gelencke
so zugerichtet gewesen, daß, wenn man außer dem Zimmer an
einem cordon gezogen, die Schranck-Thüren sich in einem Augen-
blick mit großen Gepraßel eröffnet, das Sceleton aber wie
ein Pfeil aufs Bette gererollet, die Arme von einander gethan,
und den im Bette liegenden umfaßet, welches alles denn um
so vielmehr Schrecken verursachet[unleserliches Material]n müßen, weil in dem Schranck
eine gewiße illumination angebracht gewesen, vermittelst
deren man nach geöffneter Thüren das Knochen-Bild mit allen
seinen mouvements vollkommen sehen können. Als nun die
muthwillige Gesellschaft einsmals auf diesem Land-Hause zu=
beysammen gewesen, habe man den Abbe in dieses Zimmer
logiret, und da er sich schlaffen geleget, sein Cammer Diener
sich aber retiriret gehabt, obbeschriebene machine gegen ihn agiren
laßen, ohnerachtet er, der referent, dem Duc de Bourbon vorge-
stellet, daß der Spaß sehr übel ablauffen könte, welches denn
auch würcklich geschehen. Denn als man nach geendeter Scene
ins Zimmer gegangen, habe man den Abbe in denen Armen
des Gerippes gantz außer sich und wie todt gefunden, ihn auch

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Nummer 31.
Den 7 May

Die Proposition der heutigen Predigt war, das Gott wohlgefällige Gebet
der Gläubigen, und wurde dabey gezeiget 1) deßen Beschaffenheit, und 2) deßen
Nutzbarkeit. Nachmittags passirten wir die Zeit bey der Marquise de
Montbrun
, woselbst sich auch der unterm 4ten hui schon erwehnte Priester
einfand, dismal aber in denen discoursen nichts merckwürdiges vor-
kam  .   Mit einer Spatzier-Fahrt auf den Cours, und einer promenade
aux Tuileries wurde der Abend geendiget, doch hatten wir bey dem
Eintritt in unser Quartier noch von dem prince de Turenne
und Monsieur de la Lande Visite, welche man von studiis und ex-
ercitiis entretenirte.

Den 8 May.

Die heutigen Ausfahren nach dem Päbstlichen Nuncio, dem Herren von Waßnaer
und dem Holländischen Ambassadeur waren vergeblich, und verfügeten
wir uns also beynach dem Duc de Gesvres, welcher sehr viele muthwilige
Jugend-Streiche erzehlte, die er mit dem verstorbenen Duc de Bourbon
und andern in dieser Gesellschaft gewesenen jungen Herrn ausge=
übet. Z.E. Es habe sich ein gewißer Abbé von condition immer zu
ihnen halten wollen, den sie gerne loß gewesen wären, u. dem
sie deswegen vielen Verdruß angethan, besonders aber folgenden
Streich gespielet. Gedachter Duc habe auf einem seiner Land-Häuser
in einem Schlaf-Zimmer einen verborgenen Schranck, und darinn
ein Todten-Gerippe stehen gehabt, welches durch Rollen und Gelencke
so zugerichtet gewesen, daß, wenn man außer dem Zimmer an
einem cordon gezogen, die Schranck-Thüren sich in einem Augen-
blick mit großen Gepraßel eröffnet, das Sceleton aber wie
ein Pfeil aufs Bette gererollet, die Arme von einander gethan,
und den im Bette liegenden umfaßet, welches alles denn um
so vielmehr Schrecken verursachet[unleserliches Material]n müßen, weil in dem Schranck
eine gewiße illumination angebracht gewesen, vermittelst
deren man nach geöffneter Thüren das Knochen-Bild mit allen
seinen mouvements vollkommen sehen können. Als nun die
muthwillige Gesellschaft einsmals auf diesem Land-Hause zu=
beysammen gewesen, habe man den Abbé in dieses Zimmer
logiret, und da er sich schlaffen geleget, sein Cammer Diener
sich aber retiriret gehabt, obbeschriebene machine gegen ihn agiren
laßen, ohnerachtet er, der referent, dem Duc de Bourbon vorge-
stellet, daß der Spaß sehr übel ablauffen könte, welches denn
auch würcklich geschehen. Denn als man nach geendeter Scene
ins Zimmer gegangen, habe man den Abbé in denen Armen
des Gerippes gantz außer sich und wie todt gefunden, ihn auch

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[0294] 140 No 31. Den 7 May Die Proposition der heutigen Predigt war, das Gott wohlgefällige Gebet der Gläubigen, und wurde dabey gezeiget 1) deßen Beschaffenheit, und 2) deßen Nutzbarkeit. Nachmittags passirten wir die Zeit bey der Marquise de Montbrun, woselbst sich auch der unterm 4ten hui schon erwehnte Priester einfand, dismal aber in denen discoursen nichts merckwürdiges vor- kam  .   Mit einer Spatzier-Fahrt auf den Cours, und einer promenade aux Tuileries wurde der Abend geendiget, doch hatten wir bey dem Eintritt in unser Quartier noch von dem prince de Turenne und Mons. de la Lande Visite, welche man von studiis und ex- ercitiis entretenirte. Den 8 May. Die heutigen Ausfahren nach dem Päbstl: Nuncio, dem Hl: v. Waßnaer u. dem Holländischen Ambassadeur waren vergeblich, u. verfügeten wir uns also nach dem Duc de Gesvres, welcher sehr viele muthwilige Jugend-Streiche erzehlte, die er mit dem verstorbenen Duc de Bourbon und andern in dieser Gesellschaft gewesenen jungen Herrn ausge= übet. Z.E. Es habe sich ein gewißer Abbé von condition immer zu ihnen halten wollen, den sie gerne loß gewesen wären, u. dem sie deswegen vielen Verdruß angethan, besonders aber folgenden Streich gespielet. Gedachter Duc habe auf einem seiner Land-Häuser in einem Schlaf-Zimmer einen verborgenen Schranck, und darinn ein Todten-Gerippe stehen gehabt, welches durch Rollen und Gelencke so zugerichtet gewesen, daß, wenn man außer dem Zimmer an einem cordon gezogen, die Schranck-Thüren sich in einem Augen- blick mit großen Gepraßel eröffnet, das Sceleton aber wie ein Pfeil aufs Bette gererollet, die Arme von einander gethan, und den im Bette liegenden umfaßet, welches alles denn um so vielmehr Schrecken verursachen müßen, weil in dem Schranck eine gewiße illumination angebracht gewesen, vermittelst deren man nach geöffneter Thüren das Knochen-Bild mit allen seinen mouvements vollkommen sehen können. Als nun die muthwillige Gesellschaft einsmals auf diesem Land-Hause beysammen gewesen, habe man den Abbé in dieses Zimmer logiret, und da er sich schlaffen geleget, sein Cammer Diener sich aber retiriret gehabt, obbeschriebene machine gegen ihn agiren laßen, ohnerachtet er, der referent, dem Duc de Bourbon vorge- stellet, daß der Spaß sehr übel ablauffen könte, welches denn auch würcklich geschehen. Denn als man nach geendeter Scene ins Zimmer gegangen, habe man den Abbé in denen Armen des Gerippes gantz außer sich und wie todt gefunden, ihn auch

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/294>, abgerufen am 24.11.2024.