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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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durch Aderlaßen und andre Mittel erst in etlichen Stunden wieder
zu sich selbsten bringen können. Da er aber nichts destoweniger
in ein hietziges Fieber gefallen und kaum beym Leben erhalten
worden, die Gesellschaft hingegen sich nicht wenig besorgt gewesen
daß es der König erfahren und ihnen die Lust versaltzen würde.
Indeßen sey dieser Abbe dennoch immer an sie attachiret geblieben
und habe sich endlich durch nichts als durch die Todes-Furcht davon trennen
laßen, da ihm nehmlich weißgemachet worden, die gantze Gesellschaft
habe sich mit einander verbunden, ihn ums Leben zu bringen.
Die morale welche er diesen und dergl: Geschichten anhängte, war,
nous etions bien fols en ce tems l'a . Noch eine andere Geschichte die
er erzehlete, kan hier auch Platz finden. Kurtz vor der Schlacht bey Mal-
blaquet habe der Duc de Bourbon, welcher nebst ihm und andern
jungen Herren als Volontaire bey der armee gewesen, ein Festin gegeben,
da man bey der Lustbarkeit auf den wunderbaren Einfall gekommen,
eine Bataille mit Servietten zu liefern, wozu eine große Menge
Officiers sich eingefunden, sich darauf in 2 Corps getheilet, und
theils zu Pferde theils zu Fuß mit Servietten ordentlich gegen ein-
ander agiret. Die Lust sey nicht nur durch die Nachricht, daß die
allirte armee anrücke gestöhret worden, sondern habe auch
manche Unlust nach sich gezogen; indem verschiedene in ihre
Servietten Steine oder Erde hinein gethan und tüchtige Schläge
ausgetheilet, darüber hernach etliche Duelle entstanden. Der
commandirende Marechal de Tellard sey recht übel dran ge-
wesen, weil er oftbenannten Duc als einen prince du sang
menagiren und viele Unordnung gestatten müßen,
davon der Feind hätte profitiren können. Von eben diesem
Printzen gedachte er noch, daß ihn der geringste Excess in
Eßen und Trincken überaus incommodiret, derselbe aber nichts
destoweniger sich eine Ehre daraus gemacht habe vor einen
großen Freßer und Säuffer zu passiren, dahero denn das
Einschlucken und wieder von sich geben in einem Tage bey
ihm unzähligemal abgewechselt. Im Nachhausefahren nahmen
wir noch aux Tuileries einen Spatzier-Gang mit, und begaben
uns sodann zur Ruhe.

Den 9 May

Vormittags besuchte uns der Marquis de Montbrun, weil
die Clausur bey der Duchesse de la Tremouille heute aufgehoben
worden, nachdem die Blattern schon ziemlich abgetrocknet,
und die Patientin mit weißer Wäsche versehen worden.
Er rühmte den Duc de la Tremouille, daß er seine Gemahlin

durch Aderlaßen und andre Mittel erst in etlichen Stunden wieder
zu sich selbsten bringen können. Da er aber nichts destoweniger
in ein hietziges Fieber gefallen und kaum beym Leben erhalten
worden, die Gesellschaft hingegen sich nicht wenig besorgt gewesen
daß es der König erfahren und ihnen die Lust versaltzen würde.
Indeßen sey dieser Abbé dennoch immer an sie attachiret geblieben
und habe sich endlich durch nichts als durch die Todes-Furcht davon trennen
laßen, da ihm nehmlich weißgemachet worden, die gantze Gesellschaft
habe sich mit einander verbunden, ihn ums Leben zu bringen.
Die morale welche er diesen und dergl: Geschichten anhängte, war,
nous etions bien fols en ce tems l’a . Noch eine andere Geschichte die
er erzehlete, kan hier auch Platz finden. Kurtz vor der Schlacht bey Mal-
blaquet habe der Duc de Bourbon, welcher nebst ihm und andern
jungen Herren als Volontaire bey der armée gewesen, ein Festin gegeben,
da man bey der Lustbarkeit auf den wunderbaren Einfall gekommen,
eine Bataille mit Servietten zu liefern, wozu eine große Menge
Officiers sich eingefunden, sich darauf in 2 Corps getheilet, und
theils zu Pferde theils zu Fuß mit Servietten ordentlich gegen ein-
ander agiret. Die Lust sey nicht nur durch die Nachricht, daß die
allirte armée anrücke gestöhret worden, sondern habe auch
manche Unlust nach sich gezogen; indem verschiedene in ihre
Servietten Steine oder Erde hinein gethan und tüchtige Schläge
ausgetheilet, darüber hernach etliche Duelle entstanden. Der
commandirende Marechal de Tellard sey recht übel dran ge-
wesen, weil er oftbenannten Duc als einen prince du sang
menagiren und viele Unordnung gestatten müßen,
davon der Feind hätte profitiren können. Von eben diesem
Printzen gedachte er noch, daß ihn der geringste Excess in
Eßen und Trincken überaus incommodiret, derselbe aber nichts
destoweniger sich eine Ehre daraus gemacht habe vor einen
großen Freßer und Säuffer zu passiren, dahero denn das
Einschlucken und wieder von sich geben in einem Tage bey
ihm unzähligemal abgewechselt. Im Nachhausefahren nahmen
wir noch aux Tuileries einen Spatzier-Gang mit, und begaben
uns sodann zur Ruhe.

Den 9 May

Vormittags besuchte uns der Marquis de Montbrun, weil
die Clausur bey der Duchesse de la Tremouille heute aufgehoben
worden, nachdem die Blattern schon ziemlich abgetrocknet,
und die Patientin mit weißer Wäsche versehen worden.
Er rühmte den Duc de la Tremouille, daß er seine Gemahlin

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[0295] durch Aderlaßen und andre Mittel erst in etlichen Stunden wieder zu sich selbsten bringen können. Da er aber nichts destoweniger in ein hietziges Fieber gefallen und kaum beym Leben erhalten worden, die Gesellschaft hingegen nicht wenig besorgt gewesen daß es der König erfahren und ihnen die Lust versaltzen würde. Indeßen sey dieser Abbé dennoch immer an sie attachiret geblieben und habe sich endlich durch nichts als durch die Todes-Furcht davon trennen laßen, da ihm nehmlich weißgemachet worden, die gantze Gesellschaft habe sich mit einander verbunden, ihn ums Leben zu bringen. Die morale welche er diesen und dergl: Geschichten anhängte, war, nous etions bien fols en ce tems l’a . Noch eine andere Geschichte die er erzehlete, kan hier auch Platz finden. Kurtz vor der Schlacht bey Mal- blaquet habe der Duc de Bourbon, welcher nebst ihm und andern jungen Hhl: als Volontaire bey der armée gewesen, ein Festin gegeben, da man bey der Lustbarkeit auf den wunderbaren Einfall gekommen, eine Bataille mit Servietten zu liefern, wozu eine große Menge Officiers sich eingefunden, sich darauf in 2 Corps getheilet, und theils zu Pferde theils zu Fuß mit Servietten ordentlich gegen ein- ander agiret. Die Lust sey nicht nur durch die Nachricht, daß die allirte armée anrücke gestöhret worden, sondern habe auch manche Unlust nach sich gezogen; indem verschiedene in ihre Servietten Steine oder Erde hinein gethan und tüchtige Schläge ausgetheilet, darüber hernach etliche Duelle entstanden. Der commandirende Marechal de Tellard sey recht übel dran ge- wesen, weil er oftbenannten Duc als einen prince du sang menagiren und viele Unordnung gestatten müßen, davon der Feind hätte profitiren können. Von eben diesem Printzen gedachte er noch, daß ihn der geringste Excess in Eßen und Trincken überaus incommodiret, derselbe aber nichts destoweniger sich eine Ehre daraus gemacht habe vor einen großen Freßer und Säuffer zu passiren, dahero denn das Einschlucken und wieder von sich geben in einem Tage bey ihm unzähligemal abgewechselt. Im Nachhausefahren nahmen wir noch aux Tuileries einen Spatzier-Gang mit, und begaben uns sodann zur Ruhe. Den 9 May Vormittags besuchte uns der Marquis de Montbrun, weil die Clausur bey der Duchesse de la Tremouille heute aufgehoben worden, nachdem die Blattern schon ziemlich abgetrocknet, und die Patientin mit weißer Wäsche versehen worden. Er rühmte den Duc de la Tremouille, daß er seine Gemahlin

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/295>, abgerufen am 24.11.2024.