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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Pfarrers, der ihm einen Schilling geben wollen, errettet habe, wel-
che Geschichte denn auch die Gelegenheit gewesen, daß er bey dem
Bouillonischen Hause in Dienste gekommen: Nachdem wir bald mit
diesem, bald mit jenem uns entreteniret, und der Abend herein
gebrochen, beurlaubten wir uns von dem Duc de Bouillon,
mit Anwünschung einer glücklichen Reise nach Navarre, dahin er
morgen abgehet, und wurden sowol von ihm, als dem prince
de Turenne
, alles protestirens ohngeachtet, mit unzähligen
Complimenten und Freundschafts-Versicherungen, bis auf
die Treppe begleitet.

Den 15 May.

Wurde der hiesige vornehmste Kupfer-Stich-Händler Monsieur Mariette
besuchet, und verschiedenes gekauffe
t, vornehmlich aber sein
Cabinet, welches er zu seiner eigenen Curiositaet colligiret,
besichtiget. Es hat solches das Ansehen einer zahlreichen Biblio
thec von regal und folio Bänden, die aber lauter Kupfer-
Stiche in sich faßen, so, daß eines iedweden Künstlers
verfertigte Stücke sich iedesmal in einem oder mehrern
Bänden beysammen finden, und demnach die Historie der
Kupfer-Stecher-Kunst aus dieser Collection, weil alles schon
rangiret ist, noch leichter formiret werden könte, als aus
dem Cabinet des Estampes des Königs, deßen ehemals
Erwehnung geschehen. Unter vielen andern war ein
Volumen merckwürdig, welches die sämtliche Kupfer-Stiche
Alberti Durers in sich faßte, und welches noch bey Lebzeiten
dieses großen Künstlers von einem seiner guten Freunde
war zusammen getragen worden. Wie denn auch gedachten
Durers Portrait, mit Waßer-Farben gemahlet, vorange-
setzet und mit Grichisch= und lateinischen Versen begleitet
war. Bey dem in dieser Sammlung befindlich: Portrait des
Erasmi Rotderdami hatte jemand anno 1494 in lateinischer Sprache
dabey notiret, daß er gegenwärtig gewesen, als Durer
dieses Bild verfertiget, und daß es Erasmo vollkommen ähnlich
sehe. Monsieur Mariette versicherte, daß er sich große Mühe gege-
ben, auf den ersten Erfinder der Kunst zu kommen, welche
eigentlich darinn bestehe, das in Holtz oder Kupfer gestochene
mit schwartzer Farbe abzudrucken, denn das bloße graviren
in Kupfer sey schon bey denen Römern en vogue gewesen,
bis dato aber wiße er weiter nichts zu sagen, als 1) daß
Durer nicht der erste Erfinder gewesen, und 2) daß der erste

Pfarrers, der ihm einen Schilling geben wollen, errettet habe, wel-
che Geschichte denn auch die Gelegenheit gewesen, daß er bey dem
Bouillonischen Hause in Dienste gekommen: Nachdem wir bald mit
diesem, bald mit jenem uns entreteniret, und der Abend herein
gebrochen, beurlaubten wir uns von dem Duc de Bouillon,
mit Anwünschung einer glücklichen Reise nach Navarre, dahin er
morgen abgehet, und wurden sowol von ihm, als dem prince
de Turenne
, alles protestirens ohngeachtet, mit unzähligen
Complimenten und Freundschafts-Versicherungen, bis auf
die Treppe begleitet.

Den 15 May.

Wurde der hiesige vornehmste Kupfer-Stich-Händler Monsieur Mariette
besuchet, und verschiedenes gekauffe
t, vornehmlich aber sein
Cabinet, welches er zu seiner eigenen Curiositaet colligiret,
besichtiget. Es hat solches das Ansehen einer zahlreichen Biblio
thec von regal und folio Bänden, die aber lauter Kupfer-
Stiche in sich faßen, so, daß eines iedweden Künstlers
verfertigte Stücke sich iedesmal in einem oder mehrern
Bänden beysammen finden, und demnach die Historie der
Kupfer-Stecher-Kunst aus dieser Collection, weil alles schon
rangiret ist, noch leichter formiret werden könte, als aus
dem Cabinet des Estampes des Königs, deßen ehemals
Erwehnung geschehen. Unter vielen andern war ein
Volumen merckwürdig, welches die sämtliche Kupfer-Stiche
Alberti Durers in sich faßte, und welches noch bey Lebzeiten
dieses großen Künstlers von einem seiner guten Freunde
war zusammen getragen worden. Wie denn auch gedachten
Durers Portrait, mit Waßer-Farben gemahlet, vorange-
setzet und mit Grichisch= und lateinischen Versen begleitet
war. Bey dem in dieser Sammlung befindlich: Portrait des
Erasmi Rotderdami hatte jemand anno 1494 in lateinischer Sprache
dabey notiret, daß er gegenwärtig gewesen, als Durer
dieses Bild verfertiget, und daß es Erasmo vollkommen ähnlich
sehe. Monsieur Mariette versicherte, daß er sich große Mühe gege-
ben, auf den ersten Erfinder der Kunst zu kommen, welche
eigentlich darinn bestehe, das in Holtz oder Kupfer gestochene
mit schwartzer Farbe abzudrucken, denn das bloße graviren
in Kupfer sey schon bey denen Römern en vogue gewesen,
bis dato aber wiße er weiter nichts zu sagen, als 1) daß
Durer nicht der erste Erfinder gewesen, und 2) daß der erste

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[0303] Pfarrers, der ihm einen Schilling geben wollen, errettet habe, wel- che Geschichte denn auch die Gelegenheit gewesen, daß er bey dem Bouillonischen Hause in Dienste gekommen: Nachdem wir bald mit diesem, bald mit jenem uns entreteniret, und der Abend herein gebrochen, beurlaubten wir uns von dem Duc de Bouillon, mit Anwünschung einer glückl: Reise nach Navarre, dahin er morgen abgehet, und wurden sowol von ihm, als dem prince de Turenne, alles protestirens ohngeachtet, mit unzähligen Complimenten und Freundschafts-Versicherungen, bis auf die Treppe begleitet. Den 15 May. Wurde der hiesige vornehmste Kupfer-Stich-Händler Mr. Mariette besuchet, und verschiedenes gekauffet, vornehml: aber sein Cabinet, welches er zu seiner eigenen Curiositaet colligiret, besichtiget. Es hat solches das Ansehen einer zahlreichen Biblio thec von regal und folio Bänden, die aber lauter Kupfer- Stiche in sich faßen, so, daß eines iedweden Künstlers verfertigte Stücke sich iedesmal in einem oder mehrern Bänden beysammen finden, und demnach die Historie der Kupfer-Stecher-Kunst aus dieser Collection, weil alles schon rangiret ist, noch leichter formiret werden könte, als aus dem Cabinet des Estampes des Königs, deßen ehemals Erwehnung geschehen. Unter vielen andern war ein Volumen merckwürdig, welches die sämtl: Kupfer-Stiche Alberti Durers in sich faßte, und welches noch bey Lebzeiten dieses großen Künstlers von einem seiner guten Freunde war zusammen getragen worden. Wie denn auch gedachten Durers Portrait, mit Waßer-Farben gemahlet, vorange- setzet und mit Grichisch= und lateinischen Versen begleitet war. Bey dem in dieser Sammlung befindl: Portrait des Erasmi Roterdami hatte jemand ao 1494 in lateinl: Sprache dabey notiret, daß er gegenwärtig gewesen, als Durer dieses Bild verfertiget, und daß es Erasmo vollkommen ähnlich sehe. Mr. Mariette versicherte, daß er sich große Mühe gege- ben, auf den ersten Erfinder der Kunst zu kommen, welche eigentl: darinn bestehe, das in Holtz oder Kupfer gestochene mit schwartzer Farbe abzudrucken, denn das bloße graviren in Kupfer sey schon bey denen Römern en vogue gewesen, bis dato aber wiße er weiter nichts zu sagen, als 1) daß Durer nicht der erste Erfinder gewesen, und 2) daß der erste

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/303>, abgerufen am 23.11.2024.