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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Säle voll einnehmen, und deren iedwedes sein eignes mit
einem höltzernen Spiegel bedecktes sehr reines Bettgen hat.
2) halb und gantz erwachsene Mägdgen, die in etlichen Sälen theils
an Rähmen, theils auf andre Art nähen und sticken. Die
Arbeit wird theils von Pariser Kauf-Leuten hieher gegeben, theils
von dem Hause selbst verkauft, theils zu Bekleidung derer
Einwohner angewendet. 3) Eine große Anzahl solcher Weibs-
Personen, welche sich nicht zum Besten aufgeführet und zum
Wolle spinnen vor die manufacture des Gobelins angehalten,
auch nicht anders, als durchs Gitter gezeiget werden. 4) Etliche
100 im Kopf verrückte Weibs-Personen, die auf eben die Art
in kleinen Gaßenweise gebaueten Häusern wohnen, wie
obermeldte Manns-Personen zu Bicestre, doch sind theils
Gaßen ziemlich enge, und ist die Luft nicht die beste. 5) Viele
andre arme Weiber, welche theils umsonst ernähret werden,
theils pension geben. Endlich 6.) Züchtlinge, die verschloßen
sind und ohne special permission von dem Lieutenant
civile
nicht gezeiget werden, doch aber auch nicht arbeiten,
welches, wie bey diesem, also auch bey allen übrigen maisons
de force in Franckreich ein großer Fehler zu seyn scheinet.
Diese Anstalt nebst Bicestre, dem hotel Dieu und dem hopi-
tal de la pitie
haben einen [unleserliches Material]gemeinsamen fond und sind die Ober-Vorsteher
deßelben die Chancelier de France, der premier President
au Parlement, der Prevot des Marchands und der procureur
general
. Die Renthen des Fonds sollen sich auf ein paar millio-
nen belauffen, indeßen hörte man hin und wieder klagen,
daß das Brodt schlecht, und denen Mägden ihr tägliches 1/2 Nösel
Wein abgebrochen worden sey. Zu bedauern ist, daß fast
alles im gantzen Hause die Krätze hat, welches ohne Zwei-
fel daher rühret, weil 3 bis 4 derer halb und gantz er-
wachsenen Mägdgens in einem Bette schlafen müßen.
In der Retour nach unserm Quartier fragten wir
zwar bey MonsieurRollin an, vernahmen aber daß er seit etli-
chen Tagen an einem tertian Fieber laborire, und nicht
zu sprechen sey. Indeßen machte sein alter Domestique
gute Hofnung, daß bey der robusten Constitution des Pa-
tienten nicht leicht etwas zu fürchten seyn würde.

Säle voll einnehmen, und deren iedwedes sein eignes mit
einem höltzernen Spiegel bedecktes sehr reines Bettgen hat.
2) halb und gantz erwachsene Mägdgen, die in etlichen Sälen theils
an Rähmen, theils auf andre Art nähen und sticken. Die
Arbeit wird theils von Pariser Kauf-Leuten hieher gegeben, theils
von dem Hause selbst verkauft, theils zu Bekleidung derer
Einwohner angewendet. 3) Eine große Anzahl solcher Weibs-
Personen, welche sich nicht zum Besten aufgeführet und zum
Wolle spinnen vor die manufacture des Gobelins angehalten,
auch nicht anders, als durchs Gitter gezeiget werden. 4) Etliche
100 im Kopf verrückte Weibs-Personen, die auf eben die Art
in kleinen Gaßenweise gebaueten Häusern wohnen, wie
obermeldte Manns-Personen zu Bicestre, doch sind theils
Gaßen ziemlich enge, und ist die Luft nicht die beste. 5) Viele
andre arme Weiber, welche theils umsonst ernähret werden,
theils pension geben. Endlich 6.) Züchtlinge, die verschloßen
sind und ohne special permission von dem Lieutenant
civile
nicht gezeiget werden, doch aber auch nicht arbeiten,
welches, wie bey diesem, also auch bey allen übrigen maisons
de force in Franckreich ein großer Fehler zu seyn scheinet.
Diese Anstalt nebst Bicestre, dem hotel Dieu und dem hôpi-
tal de la pitié
haben einen [unleserliches Material]gemeinsamen fond und sind die Ober-Vorsteher
deßelben die Chancelier de France, der premier President
au Parlement, der Prevôt des Marchands und der procureur
general
. Die Renthen des Fonds sollen sich auf ein paar millio-
nen belauffen, indeßen hörte man hin und wieder klagen,
daß das Brodt schlecht, und denen Mägden ihr tägliches ½ Nösel
Wein abgebrochen worden sey. Zu bedauern ist, daß fast
alles im gantzen Hause die Krätze hat, welches ohne Zwei-
fel daher rühret, weil 3 bis 4 derer halb und gantz er-
wachsenen Mägdgens in einem Bette schlafen müßen.
In der Retour nach unserm Quartier fragten wir
zwar bey MonsieurRollin an, vernahmen aber daß er seit etli-
chen Tagen an einem tertian Fieber laborire, und nicht
zu sprechen sey. Indeßen machte sein alter Domestique
gute Hofnung, daß bey der robusten Constitution des Pa-
tienten nicht leicht etwas zu fürchten seyn würde.

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[0307] Säle voll einnehmen, und deren iedwedes sein eignes mit einem höltzernen Spiegel bedecktes sehr reines Bettgen hat. 2) halb und gantz erwachsene Mägdgen, die in etl: Sälen theils an Rähmen, theils auf andre Art nähen und sticken. Die Arbeit wird theils von Pariser Kauf-Leuten hieher gegeben, theils von dem Hause selbst verkauft, theils zu Bekleidung derer Einwohner angewendet. 3) Eine große Anzahl solcher Weibs- Personen, welche sich nicht zum Besten aufgeführet und zum Wolle spinnen vor die manufacture des Gobelins angehalten, auch nicht anders, als durchs Gitter gezeiget werden. 4) Etliche 100 im Kopf verrückte Weibs-Personen, die auf eben die Art in kleinen Gaßenweise gebaueten Häusern wohnen, wie obermeldte Manns-Personen zu Bicestre, doch sind theils Gaßen ziemlich enge, und ist die Luft nicht die beste. 5) Viele andre arme Weiber, welche theils umsonst ernähret werden, theils pension geben. Endlich 6.) Züchtlinge, die verschloßen sind und ohne special permission von dem Lieutenant civil nicht gezeiget werden, doch aber auch nicht arbeiten, welches, wie bey diesem, also auch bey allen übrigen maisons de force in Franckreich ein großer Fehler zu seyn scheinet. Diese Anstalt nebst Bicestre, dem hotel Dieu u. dem hôpi- tal de la pitié haben einen gemeinsamen fond und sind die Ober-Vorsteher deßelben die Chancelier de France, der premier President au Parlement, der Prevôt des Marchands und der procureur general. Die Renthen des Fonds sollen sich auf ein paar millio- nen belauffen, indeßen hörte man hin und wieder klagen, daß das Brodt schlecht, und denen Mägden ihr tägliches ½ Nösel Wein abgebrochen worden sey. Zu bedauern ist, daß fast alles im gantzen Hause die Krätze hat, welches ohne Zwei- fel daher rühret, weil 3 bis 4 derer halb und gantz er- wachsenen Mägdgens in einem Bette schlafen müßen. In der Retour nach unserm Quartier fragten wir zwar bey Mr. Rollin an, vernahmen aber daß er seit etli- chen Tagen an einem tertian Fieber laborire, und nicht zu sprechen sey. Indeßen machte sein alter Domestique gute Hofnung, daß bey der robusten Constitution des Pa- tienten nicht leicht etwas zu fürchten seyn würde.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/307>, abgerufen am 23.11.2024.