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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 23 May.

Mittags wolten wir beym Cardinal Polignac speisen, weil aber
derselbe in Versailles sich befand, so gaben wir dem Duc de Bouillon
Visite, der Illustrissimum mit einem Kuß zwar sehr freundlich empfing,
wegen der Niederlage seines Schwagers des Duc de Tremoille
aber sehr afligiret war. Außer dem prince de Turenne
und Marquis de Beaufremont fanden wir auch hier einen
Capitain welcher an das Bouillonische Haus attachiret
und gestern aus Schlesien zurück kommen ist. Er rühmte
den König von Preußen, den er gesprochen, und seine Armee,
die er gesehen, auf alle Weise, erzehlte auch daß er des IIden
Herrn hochgräfliche Gnaden
und die Frau Gräfin Redern gesprochen. Nach-
mittags besuchten wir Monsieur de Ramsay und perlustrirten
seine Bibliotec, discoursireten auch hauptsächlich von der
Materie, wie man sich von jenem Leben nicht so einge-
schränckte sondern, recht vaste Begriffe zu machen habe,
oder, wie er es ausdrückte idees dignes de ce grand Dieu.
Wir thaten von hier eine Spatzierfarth an bois de Bologne
zu Folge der heute früh mit dem prince de Turenne ge-
nommenen Abrede, wie wir ihn denn daselbst mit Monsieur de la
Lande
und einem Reit-Knecht zu Pferde fanden. Doch stieg
er bey unsrer Ankunft so fort ab, und spatzireten wir
bis gegen Abend mit einander hin und wieder, sahen
auch in der retour en passant die bekante Meute, welches
ein kleines Jagd-Haus des Königs mit einem artigen
Gärtgen ist, erfuhren aber gleich nach unsrer Rückkunft
in die Stadt, daß der Duc de la Tremoille diesen Abend
3/4 auf 8 Uhr in denen Blattern verstorben, die Duchesse
auch bereits das Trauer-Haus verlaßen und sich zur
Madame de Montbrun retiriret habe.

Den 24 May.

Früh ließ der prince de Turenne durch einen Bedienten
vor dem Absterben des Duc de la Tremoille Nachricht geben
und zugleich melden, daß er seiner Betrübniß wegen
in etlichen Tagen Niemand zu sich laßen werde, uns
allein aber seine Thüre allezeit offen stehen solle. So bald

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Den 23 May.

Mittags wolten wir beym Cardinal Polignac speisen, weil aber
derselbe in Versailles sich befand, so gaben wir dem Duc de Bouillon
Visite, der Illustrissimum mit einem Kuß zwar sehr freundlich empfing,
wegen der Niederlage seines Schwagers des Duc de Tremoille
aber sehr afligiret war. Außer dem prince de Turenne
und Marquis de Beaufremont fanden wir auch hier einen
Capitain welcher an das Bouillonische Haus attachiret
und gestern aus Schlesien zurück kommen ist. Er rühmte
den König von Preußen, den er gesprochen, und seine Armee,
die er gesehen, auf alle Weise, erzehlte auch daß er des IIden
Herrn hochgräfliche Gnaden
und die Frau Gräfin Redern gesprochen. Nach-
mittags besuchten wir Monsieur de Ramsay und perlustrirten
seine Bibliotec, discoursireten auch hauptsächlich von der
Materie, wie man sich von jenem Leben nicht so einge-
schränckte sondern, recht vaste Begriffe zu machen habe,
oder, wie er es ausdrückte idees dignes de ce grand Dieu.
Wir thaten von hier eine Spatzierfarth an bois de Bologne
zu Folge der heute früh mit dem prince de Turenne ge-
nommenen Abrede, wie wir ihn denn daselbst mit Monsieur de la
Lande
und einem Reit-Knecht zu Pferde fanden. Doch stieg
er bey unsrer Ankunft so fort ab, und spatzireten wir
bis gegen Abend mit einander hin und wieder, sahen
auch in der retour en passant die bekante Meute, welches
ein kleines Jagd-Haus des Königs mit einem artigen
Gärtgen ist, erfuhren aber gleich nach unsrer Rückkunft
in die Stadt, daß der Duc de la Tremoille diesen Abend
¾ auf 8 Uhr in denen Blattern verstorben, die Duchesse
auch bereits das Trauer-Haus verlaßen und sich zur
Madame de Montbrun retiriret habe.

Den 24 May.

Früh ließ der prince de Turenne durch einen Bedienten
vor dem Absterben des Duc de la Tremoille Nachricht geben
und zugleich melden, daß er seiner Betrübniß wegen
in etlichen Tagen Niemand zu sich laßen werde, uns
allein aber seine Thüre allezeit offen stehen solle. So bald

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[0316] 151 Den 23 May. Mittags wolten wir beym Cardinal Polignac speisen, weil aber derselbe in Versailles sich befand, so gaben wir dem Duc de Bouillon Visite, der Illmum mit einem Kuß zwar sehr freundl: empfing, wegen der Niederlage seines Schwagers des Duc de Tremoille aber sehr afligiret war. Außer dem prince de Turenne und Marquis de Beaufremont fanden wir auch hier einen Capitain welcher an das Bouillonische Haus attachiret und gestern aus Schlesien zurück kommen ist. Er rühmte den König von Preußen, den er gesprochen, und seine Armee, die er gesehen, auf alle Weise, erzehlte auch daß er des IIden Hln hochgräfl: Gnd. und die Fr. Gräfin Redern gesprochen. Nach- mittags besuchten wir Mr. de Ramsay und perlustrirten seine Bibliotec, discoursireten auch hauptsächlich von der Materie, wie man sich von jenem Leben nicht so einge- schränckte sondern, recht vaste Begriffe zu machen habe, oder, wie er es ausdrückte idees dignes de ce grand Dieu. Wir thaten von hier eine Spatzierfarth an bois de Bologne zu Folge der heute früh mit dem prince de Turenne ge- nommenen Abrede, wie wir ihn denn daselbst mit Mr. de la Lande und einem Reit-Knecht zu Pferde fanden. Doch stieg er bey unsrer Ankunft so fort ab, und spatzireten wir bis gegen Abend mit einander hin und wieder, sahen auch in der retour en passant die bekante Meute, welches ein kleines Jagd-Haus des Königs mit einem artigen Gärtgen ist, erfuhren aber gleich nach unsrer Rückkunft in die Stadt, daß der Duc de la Tremoille diesen Abend ¾ auf 8 Uhr in denen Blattern verstorben, die Duchesse auch bereits das Trauer-Haus verlaßen und sich zur Mad. de Montbrun retiriret habe. Den 24 May. Früh ließ der prince de Turenne durch einen Bedienten vor dem Absterben des Duc de la Tremoille Nachricht geben und zugleich melden, daß er seiner Betrübniß wegen in etlichen Tagen Niemand zu sich laßen werde, uns allein aber seine Thüre allezeit offen stehen solle. So bald

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/316>, abgerufen am 23.11.2024.