Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

Bild:
<< vorherige Seite

ihre Force im Negotio und zwar besonders mit denen
bekanten Etoffes, reichen Zeugen und Galonen, von wel-
cherley Waaren hier jählich nach des Intendanten Aussage
vor 30 Millionen Livres fabriciret werden, da denn
das neueste in Europa, das aus der mode kommende
und verlogne aber in America debitiret wird. Der
meiste Theil derer Einwohner sind Fabricanten,
welche denen Kauf-Leuten arbeiten, dahero denn auch,
wenn das Commercium nicht starck gehet, wie bey zwey
Jahren her darüber die Klage gewesen, sogleich großen
Armut unter denen Handwercks-Leuten hier ein-
reißet. Der in dieser Gegend wachsende Wein
wird nicht verführet, sondern consumiret, dahero denn
auch die übrigen Frantzösichen Weine hier keine
Entree haben. Von berühmten Gelehrten findet
man hier fast Niemand, als den Jesuiten
pater de Colonia, welcher die hiesigen fast gar
nicht mehr sichtbaren antiquitaeten beschrieben hat.
Er ist ein Stein alter Mann, und haben wir ihn
zwar gesehen, aber nicht gesprochen.

ihre Force im Negotio und zwar besonders mit denen
bekanten Etoffes, reichen Zeugen und Galonen, von wel-
cherley Waaren hier jählich nach des Intendanten Aussage
vor 30 Millionen Livres fabriciret werden, da denn
das neueste in Europa, das aus der mode kommende
und verlogne aber in America debitiret wird. Der
meiste Theil derer Einwohner sind Fabricanten,
welche denen Kauf-Leuten arbeiten, dahero denn auch,
wenn das Commercium nicht starck gehet, wie bey zwey
Jahren her darüber die Klage gewesen, sogleich großen
Armut unter denen Handwercks-Leuten hier ein-
reißet. Der in dieser Gegend wachsende Wein
wird nicht verführet, sondern consumiret, dahero denn
auch die übrigen Frantzösichen Weine hier keine
Entrée haben. Von berühmten Gelehrten findet
man hier fast Niemand, als den Jesuiten
pater de Colonia, welcher die hiesigen fast gar
nicht mehr sichtbaren antiquitaeten beschrieben hat.
Er ist ein Stein alter Mann, und haben wir ihn
zwar gesehen, aber nicht gesprochen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0439"/>
ihre Force im Negotio und zwar besonders mit denen<lb/>
bekanten Etoffes, reichen Zeugen und Galonen, von wel-<lb/>
cherley Waaren hier jählich nach des <persName xml:id="TidB5812" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11540">Intendanten</persName> Aussage<lb/>
vor 30 Millionen Livres fabriciret werden, da denn<lb/>
das neueste in <placeName xml:id="TidB5813" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11008">Europa</placeName>, das aus der mode kommende<lb/>
und verlogne aber in <placeName xml:id="TidB5814" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10959">America</placeName> debitiret wird. Der<lb/>
meiste Theil derer Einwohner sind Fabricanten,<lb/>
welche denen Kauf-Leuten arbeiten, dahero denn auch,<lb/>
wenn das Commercium nicht starck gehet, wie bey zwey<lb/>
Jahren her darüber die Klage gewesen, sogleich großen<lb/>
Armut unter denen Handwercks-Leuten hier ein-<lb/>
reißet. Der in dieser Gegend wachsende Wein<lb/>
wird nicht verführet, sondern consumiret, dahero denn<lb/>
auch die übrigen Frantzösichen Weine hier keine<lb/>
Entrée haben. Von berühmten Gelehrten findet<lb/>
man hier fast Niemand, als den <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB5815" corresp="register.xml#regID_502.lemID_11016">Jesuiten</name><lb/>
pater <persName xml:id="TidB5816" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11587" ref="http://d-nb.info/gnd/124188486">de Colonia</persName>, welcher die hiesigen fast gar<lb/>
nicht mehr sichtbaren antiquitaeten beschrieben hat.<lb/>
Er ist ein Stein alter Mann, und haben wir ihn<lb/>
zwar gesehen, aber nicht gesprochen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="letter">
</div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0439] ihre Force im Negotio und zwar besonders mit denen bekanten Etoffes, reichen Zeugen und Galonen, von wel- cherley Waaren hier jählich nach des Intendanten Aussage vor 30 Millionen Livres fabriciret werden, da denn das neueste in Europa, das aus der mode kommende und verlogne aber in America debitiret wird. Der meiste Theil derer Einwohner sind Fabricanten, welche denen Kauf-Leuten arbeiten, dahero denn auch, wenn das Commercium nicht starck gehet, wie bey zwey Jahren her darüber die Klage gewesen, sogleich großen Armut unter denen Handwercks-Leuten hier ein- reißet. Der in dieser Gegend wachsende Wein wird nicht verführet, sondern consumiret, dahero denn auch die übrigen Frantzösichen Weine hier keine Entrée haben. Von berühmten Gelehrten findet man hier fast Niemand, als den Jesuiten pater de Colonia, welcher die hiesigen fast gar nicht mehr sichtbaren antiquitaeten beschrieben hat. Er ist ein Stein alter Mann, und haben wir ihn zwar gesehen, aber nicht gesprochen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/439
Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/439>, abgerufen am 27.11.2024.