Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].eingewickelter Cörper nicht seine Gesalt in das Tuch abdrucke, son- eingewickelter Cörper nicht seine Gesalt in das Tuch abdrucke, son- <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0465"/> eingewickelter Cörper nicht seine Gesalt in das Tuch abdrucke, son-<lb/> dern nur große Flecken mache. Man objicirte ihm das Schnupftuch<lb/> der <choice><abbr><unclear reason="illegible">H.</unclear></abbr><expan>Heiligen</expan></choice> <persName xml:id="TidB6783" corresp="register.xml#regID_506.lemID_11738">Veronica</persName>, wozu er die Achseln zuckete, und der Discours ab-<lb/> gebrochen wurde. So bald der <persName xml:id="TidB6784" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11137" ref="http://d-nb.info/gnd/119080184">König</persName> in die Capelle sich verfüget<lb/> hatte, begaben wir uns, auf Veranstaltung unsers <persName xml:id="TidB6785" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10512">Chevaliers</persName> in<lb/> die Sacristey derselben, um ohne Anfechtung wegen des Niederfal-<lb/> lens der Music zu zu hören, welche al Italienne sehr schön<lb/> war. Eben diese Hof Capelle, welche wir nach geendeter Meße be-<lb/> sichtigten, ist die Chapelle du <abbr>St:</abbr> Suaire, und lieget diese Reliquie<lb/> in einem Kasten, welchen man durch die Glaß=Thüren des darüber<lb/> gemachten Schrancks sehen kan. Der Schranck stehet auf einer erha-<lb/> benen Bühne mitten in der Capelle, und ruhet unmittelbar auf<lb/> zwey kleinen Altären, deren einer inwendig nach der Capelle zu, der<lb/> andere nach der Cathedral-Kirche zu, Face machet. Wie denn die Capelle<lb/> immediate an iezt gedachte Kirche stößet, und hinter dem hohen Altar<lb/> derselben über der Sacristey dergestalt angebauet ist, daß man<lb/> unten in der Kirche, vermittelst eines offenen gewölbten Bogens<lb/> in die Capelle hinauf sehen, und <choice><abbr>sonderl.</abbr><expan>sonderlich</expan></choice> gedachten reliquien<lb/> Schranck im prospect haben kan. Die darinnnen hengende 5<lb/> großmächtige silberne Lustres sind vortreflich gearbeitet, die<lb/> Capelle selbst aber, ist mit schwarzem, und in der durchbrochenen<lb/> cupula mit grauem Marmor überzogen. Nachmittags thaten<lb/> Wir eine Spatzier=Fahrt a la vigne de la Reine, welches ein König<lb/> Lusthauß ist. Das Hauß steht an der Helffte eines Berges, und hat vor<lb/> sich eine terrasse mit Blumen rabatten, hinter sich aber einen Garten<lb/> in der Form eines halben Mondes, hinter welchem eine boscage, und<lb/> sodann auf der äusersten Höhe der Weinberg lieget. Der Prospect in die<lb/> pleine ist vortrefflich, und der en fresco gemahlte Salon in der<lb/> unteren étage, nebst denen darinn stoßenden Zimmern und ca-<lb/> binets mit gemahlten plafonds, sind charmant, daß ein<lb/> Liebhaber der Einsamkeit hier vollkommen sein conto findet.<lb/> Der Abend wurde bey der Marquise de <persName xml:id="TidB1879" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10523">Borgeal</persName> zugebracht,<lb/> wo selbst die <persName xml:id="TidB6786" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11704">Comtesse de Lose</persName> und auch andre Stands Personen mehr gegen<lb/><add place="sublinear">wärtig waren.</add></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0465]
eingewickelter Cörper nicht seine Gesalt in das Tuch abdrucke, son-
dern nur große Flecken mache. Man objicirte ihm das Schnupftuch
der H. Veronica, wozu er die Achseln zuckete, und der Discours ab-
gebrochen wurde. So bald der König in die Capelle sich verfüget
hatte, begaben wir uns, auf Veranstaltung unsers Chevaliers in
die Sacristey derselben, um ohne Anfechtung wegen des Niederfal-
lens der Music zu zu hören, welche al Italienne sehr schön
war. Eben diese Hof Capelle, welche wir nach geendeter Meße be-
sichtigten, ist die Chapelle du St: Suaire, und lieget diese Reliquie
in einem Kasten, welchen man durch die Glaß=Thüren des darüber
gemachten Schrancks sehen kan. Der Schranck stehet auf einer erha-
benen Bühne mitten in der Capelle, und ruhet unmittelbar auf
zwey kleinen Altären, deren einer inwendig nach der Capelle zu, der
andere nach der Cathedral-Kirche zu, Face machet. Wie denn die Capelle
immediate an iezt gedachte Kirche stößet, und hinter dem hohen Altar
derselben über der Sacristey dergestalt angebauet ist, daß man
unten in der Kirche, vermittelst eines offenen gewölbten Bogens
in die Capelle hinauf sehen, und sonderl. gedachten reliquien
Schranck im prospect haben kan. Die darinnnen hengende 5
großmächtige silberne Lustres sind vortreflich gearbeitet, die
Capelle selbst aber, ist mit schwarzem, und in der durchbrochenen
cupula mit grauem Marmor überzogen. Nachmittags thaten
Wir eine Spatzier=Fahrt a la vigne de la Reine, welches ein König
Lusthauß ist. Das Hauß steht an der Helffte eines Berges, und hat vor
sich eine terrasse mit Blumen rabatten, hinter sich aber einen Garten
in der Form eines halben Mondes, hinter welchem eine boscage, und
sodann auf der äusersten Höhe der Weinberg lieget. Der Prospect in die
pleine ist vortrefflich, und der en fresco gemahlte Salon in der
unteren étage, nebst denen darinn stoßenden Zimmern und ca-
binets mit gemahlten plafonds, sind charmant, daß ein
Liebhaber der Einsamkeit hier vollkommen sein conto findet.
Der Abend wurde bey der Marquise de Borgeal zugebracht,
wo selbst die Comtesse de Lose und auch andre Stands Personen mehr gegen
wärtig waren.
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Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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