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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 29 September

Nach etwas frühzeitig eingenommener Mittags Mahlzeit fuhren wir nach Supergue
1 1/2 Stunde von hier entlegenen, und wurden von unserm Chevalier de Breuil
dem Comte die Purpurat, dem Chevalier de Vienville, dem Chevalier de Guine
und Don Tomaso Lagations Secretario bey hiesiger Neapolitanischen
Ambassade, dahin zu Pferde begleitet. Supergue ist eine Stiftung
des vorigen Königs Victoris Amedei, und auf eben dem sehr hohen Berge
erbauet, auf welchen ietzt gedachter König mit dem Printzen Eugenio
das Französische retranchamont und Lager vor Turin in Augenschein
genommen, die disposition zum damaligen Entsatz gemacht, und auf dem
Fall eines glücklichen Ausgangs eine milde Stiftung gelöbet hat. Die
inwendig über dem Haupt-Eingang der Kirche hiervon befindliche Inscrup
inscription lautet also: Virgini Genitrici Victorius Amedeus
Sardiniae Rex bello Gallico vovit, pulsis hostibus exstruxit
dedicavitque. Das 6 Stockwerck hohe Gebäude machet ein länglich 4 Eck,
deßen eine schmale Seite die mit einem vestibule von Toscanischen Säulen,
einer großen cupula, und zwey kleinere Neben=Thüren prächtig erbaue-
te Kirche einnimmbt. Inwendig ist die Kirche mit buntem Marmor beklei-
det, und an 3 Altären sind die Rück=Stücke von weißem Marmor en bas
relief vortrefflich schön. In einer neben=Capelle de la Vierge genannt,
stehet der Cörper des vorigen Königs in deposito vor dem Altar, und ist
über der Erde mit Ziegeln vermauret, das Gemäuer aber mit einem
schwartz behengten Gerüste, auf welchem Cron und Scepter lieget,
überdeckt, bis das Königliche Familien=Begräbniß fertig seyn wird.
Dieses Begräbniß ist immediate unter ietzt gedachter Kirche, und be-
stehet in einem gantz räumlichen Gewölbe, welches auf iedweder Seite eine
gleichfals gewölbte Galerie hat. Das gedachte Gewölbe zwischen denen
Galerien ist zu einer capelle destiniret, und soll mit schwartz und gelben
Marmor seyn, und lieget eine in Rom extra schön ausgehauene descente
de la croix bereits in Kästen vorräthig, welche das Rück=Stück dieses
Altars ausmachen soll. In der Galerie rechter Hand der Capelle sollen
die Leichen derer regierenden Könige und Königinnen, in der lincker
Hand aber die Cörper derer Printzen und Prinzeßinnen von Geblüth
beygesetzt werden. Der prospect von der auf der cupula die
ser Kirche stehenden Lanterne ist, wie leicht zu erachten, gantz
vortrefflich, und soll man bey recht hellen Wetter so gar etwas

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Den 29 September

Nach etwas frühzeitig eingenommener Mittags Mahlzeit fuhren wir nach Supergue
1 ½ Stunde von hier entlegenen, und wurden von unserm Chevalier de Breuil
dem Comte die Purpurat, dem Chevalier de Vienville, dem Chevalier de Guine
und Don Tomaso Lagations Secretario bey hiesiger Neapolitanischen
Ambassade, dahin zu Pferde begleitet. Supergue ist eine Stiftung
des vorigen Königs Victoris Amedei, und auf eben dem sehr hohen Berge
erbauet, auf welchen ietzt gedachter König mit dem Printzen Eugenio
das Französische retranchamont und Lager vor Turin in Augenschein
genommen, die disposition zum damaligen Entsatz gemacht, und auf dem
Fall eines glücklichen Ausgangs eine milde Stiftung gelöbet hat. Die
inwendig über dem Haupt-Eingang der Kirche hiervon befindliche Inscrup
inscription lautet also: Virgini Genitrici Victorius Amedeus
Sardiniae Rex bello Gallico vovit, pulsis hostibus exstruxit
dedicavitque. Das 6 Stockwerck hohe Gebäude machet ein länglich 4 Eck,
deßen eine schmale Seite die mit einem vestibule von Toscanischen Säulen,
einer großen cupula, und zwey kleinere Neben=Thüren prächtig erbaue-
te Kirche einnimmbt. Inwendig ist die Kirche mit buntem Marmor beklei-
det, und an 3 Altären sind die Rück=Stücke von weißem Marmor en bas
relief vortrefflich schön. In einer neben=Capelle de la Vierge genannt,
stehet der Cörper des vorigen Königs in deposito vor dem Altar, und ist
über der Erde mit Ziegeln vermauret, das Gemäuer aber mit einem
schwartz behengten Gerüste, auf welchem Cron und Scepter lieget,
überdeckt, bis das Königliche Familien=Begräbniß fertig seyn wird.
Dieses Begräbniß ist immediate unter ietzt gedachter Kirche, und be-
stehet in einem gantz räumlichen Gewölbe, welches auf iedweder Seite eine
gleichfals gewölbte Galerie hat. Das gedachte Gewölbe zwischen denen
Galerien ist zu einer capelle destiniret, und soll mit schwartz und gelben
Marmor seyn, und lieget eine in Rom extra schön ausgehauene descente
de la croix bereits in Kästen vorräthig, welche das Rück=Stück dieses
Altars ausmachen soll. In der Galerie rechter Hand der Capelle sollen
die Leichen derer regierenden Könige und Königinnen, in der lincker
Hand aber die Cörper derer Printzen und Prinzeßinnen von Geblüth
beygesetzt werden. Der prospect von der auf der cupula die
ser Kirche stehenden Lanterne ist, wie leicht zu erachten, gantz
vortrefflich, und soll man bey recht hellen Wetter so gar etwas

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[0466] 226 Den 29 Sept. Nach etwas frühzeitig eingenommener Mittags Mahlzeit fuhren wir nach Supergue 1 ½ Stunde von hier entlegen, und wurden von unserm Chevalier de Breuil dem Comte die Purpurat, dem Chevalier de Vienville, dem Chevalier de Guine und Don Tomaso Lagations Secretario bey hiesiger Neapolitanischen Ambassade, dahin zu Pferde begleitet. Supergue ist eine Stiftung des vorigen Königs Victoris Amedei, und auf eben dem sehr hohen Berge erbauet, auf welchen ietzt gedachter König mit dem Printzen Eugenio das Französische retranchamont und Lager vor Turin in Augenschein genommen, die disposition zum damaligen Entsatz gemacht, und auf dem Fall eines glücklichen Ausgangs eine milde Stiftung gelöbet hat. Die inwendig über dem Haupt-Eingang der Kirche hiervon befindliche inscription lautet also: Virgini Genitrici Victorius Amedeus Sardiniae Rex bello Gallico vovit, pulsis hostibus exstruxit dedicavitque. Das 6 Stockwerck hohe Gebäude machet ein länglich 4 Eck, deßen eine schmale Seite die mit einem vestibule von Toscanischen Säulen, einer großen cupula, und zwey kleinere Neben=Thüren prächtig erbaue- te Kirche einnimmbt. Inwendig ist die Kirche mit buntem Marmor beklei- det, und an 3 Altären sind die Rück=Stücke von weißem Marmor en bas relief vortrefflich schön. In einer neben=Capelle de la Vierge genannt, stehet der Cörper des vorigen Königs in deposito vor dem Altar, und ist über der Erde mit Ziegeln vermauret, das Gemäuer aber mit einem schwartz behengten Gerüste, auf welchem Cron und Scepter lieget, überdeckt, bis das Königl. Familien=Begräbniß fertig seyn wird. Dieses Begräbniß ist immediate unter ietzt gedachter Kirche, und be- stehet in einem gantz räumlichen Gewölbe, welches auf iedweder Seite eine gleichfals gewölbte Galerie hat. Das gedachte Gewölbe zwischen denen Galerien ist zu einer capelle destiniret, und soll mit schwartz und gelben Marmor seyn, und lieget eine in Rom extra schön ausgehauene descente de la croix bereits in Kästen vorräthig, welche das Rück=Stück dieses Altars ausmachen soll. In der Galerie rechter Hand der Capelle sollen die Leichen derer regierenden Könige und Königinnen, in der lincker Hand aber die Cörper derer Printzen und Prinzeßinnen von Geblüth beygesetzt werden. Der prospect von der auf der cupula die ser Kirche stehenden Lanterne ist, wie leicht zu erachten, gantz vortrefflich, und soll man bey recht hellen Wetter so gar etwas

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/466>, abgerufen am 27.11.2024.