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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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schon 24 Stunden, und zwar zum Theil in ihrem Blute lie-
gen laßen. Worüber der Printz Eugenius sich selbst vor die
Stirne geschlagen, ihm vollkommen Recht gegeben und die Noth-
durfft veranstaltet hätte. Jetzt gedachter Printz Eugenius soll, seinem
Bericht nach, in seinen jüngern Jahren schrecklich debauchant ge-
wesen seyn, wie er ihn denn an solcher seiner Lebens-Art eins-
mals folgendermaßen erinnert hat: als nehmlich der König
Victor
in Beyseyn des Marechals zum Printzen Eugenio gesaget,
wie man sich vielleicht wundern werde, daß er einem noch nicht
alten General seine armee anvertraue, habe der Printz geant-
wortet: il est toujours plus age que moi, und der Marechal darauf
repliciret: il est vrais, que je suis plus age que vous; mais
Votre Altesse oublie de dire en meme tems, que j'ai ete aussi
toujours plus, sage qu'elle, worüber denn der Printz die Hand
auf den Mund gehalten und gesaget: n'en dites pas d'avantage.
Seine 16 Ahnen, worüber er von dem Ritter-Hause zu Stock-
holm
ein attestat auf Pergament ausfertigen laßen, wur-
den uns auch gezeiget, und solten, nach Innhalt deßselben, seine
Vorfahren vor ohngefähr 400 Jahren aus Westphalen nach
Liefland gekommen seyn. Endlich wurden wir von ihm mit
Tabattieres beschenckt, und endigten den Überrest des Tages
au rempart, au cours, bey Madame d'Entraive und bey Madame Borgeal.

den 18 October

Bey Hofe wurden wir mit dem jungen Graf Oettingen bekant,
der von Rom, woselbst sein Bruder Bäyerischer Ministre ist, hieher
auf die academie geschicket worden. Mittags waren wir
bey dem Sächsischen Ministre Grafen von Flemming zu Gaste,
und wurden auf Silber und dresdnerischen Porcellan recht propre
tractiret. Die übrigen Gäste waren: der Genuesische Mi-
nistre Marquis de Curlo, der Englische Ministre de Vilettes, Chevalier
Salmatoris Maitre des Ceremonies, Marquis de Marches gentil
homme de la chambre, Marquis de Saint Paire Ecuyer de S.H.R.
Comte de Salmur Directeur der hiesigen Ritter academie und
der Chevalier de Fleuri, mit welchem letztern man Gelegen-
heit hatte, von dem Unterschied der Education junger Leute nach
dem unterschiedenen genie derer Nationen und nach denen
differanten Einsichten derer Eltern und Vorgesetzten, viel Gutes
zu sprechen. Nach der Tafel fuhren wir vor die Stadt ien-
seit des Po Flußes auf die daselbst zu Übung derer Feuer=wercke
angelegte Batterie, weil der Chevalier Fleuri uns Nachricht gegeben,
daß der Duc de Savoye sich gleichfals daselbst einfinden würde.

schon 24 Stunden, und zwar zum Theil in ihrem Blute lie-
gen laßen. Worüber der Printz Eugenius sich selbst vor die
Stirne geschlagen, ihm vollkommen Recht gegeben und die Noth-
durfft veranstaltet hätte. Jetzt gedachter Printz Eugenius soll, seinem
Bericht nach, in seinen jüngern Jahren schrecklich debauchant ge-
wesen seyn, wie er ihn denn an solcher seiner Lebens-Art eins-
mals folgendermaßen erinnert hat: als nehmlich der König
Victor
in Beyseyn des Marechals zum Printzen Eugenio gesaget,
wie man sich vielleicht wundern werde, daß er einem noch nicht
alten General seine armée anvertraue, habe der Printz geant-
wortet: il est toujours plus agé que moi, und der Marechal darauf
repliciret: il est vrais, que je suis plus agé que vous; mais
Votre Altesse oublie de dire en même tems, que j'ai eté aussi
toujours plus, sage qu'elle, worüber denn der Printz die Hand
auf den Mund gehalten und gesaget: n'en dites pas d'avantage.
Seine 16 Ahnen, worüber er von dem Ritter-Hause zu Stock-
holm
ein attestat auf Pergament ausfertigen laßen, wur-
den uns auch gezeiget, und solten, nach Innhalt deßselben, seine
Vorfahren vor ohngefähr 400 Jahren aus Westphalen nach
Liefland gekommen seyn. Endlich wurden wir von ihm mit
Tabattieres beschenckt, und endigten den Überrest des Tages
au rempart, au cours, bey Madame d'Entraive und bey Madame Borgeal.

den 18 October

Bey Hofe wurden wir mit dem jungen Graf Oettingen bekant,
der von Rom, woselbst sein Bruder Bäyerischer Ministre ist, hieher
auf die academie geschicket worden. Mittags waren wir
bey dem Sächsischen Ministre Grafen von Flemming zu Gaste,
und wurden auf Silber und dresdnerischen Porcellan recht propre
tractiret. Die übrigen Gäste waren: der Genuesische Mi-
nistre Marquis de Curlo, der Englische Ministre de Vilettes, Chevalier
Salmatoris Mâitre des Ceremonies, Marquis de Marches gentil
homme de la chambre, Marquis de Saint Paire Ecuyer de S.H.R.
Comte de Salmur Directeur der hiesigen Ritter academie und
der Chevalier de Fleuri, mit welchem letztern man Gelegen-
heit hatte, von dem Unterschied der Education junger Leute nach
dem unterschiedenen genie derer Nationen und nach denen
differanten Einsichten derer Eltern und Vorgesetzten, viel Gutes
zu sprechen. Nach der Tafel fuhren wir vor die Stadt ien-
seit des Po Flußes auf die daselbst zu Übung derer Feuer=wercke
angelegte Batterie, weil der Chevalier Fleuri uns Nachricht gegeben,
daß der Duc de Savoye sich gleichfals daselbst einfinden würde.

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[0487] schon 24 Stunden, und zwar zum Theil in ihrem Blute lie- gen laßen. Worüber der Printz Eugenius sich selbst vor die Stirne geschlagen, ihm vollkommen Recht gegeben und die Noth- durfft veranstaltet hätte. Jetzt gedachter Printz Eugenius soll, seinem Bericht nach, in seinen jüngern Jahren schrecklich debauchant ge- wesen seyn, wie er ihn denn an solcher seiner Lebens-Art eins- mals folgendermaßen erinnert : als nehmlich der König Victor in Beyseyn des Marechals zum Printzen Eugenio gesaget, wie man sich vielleicht wundern werde, daß er einem noch nicht alten General seine armée anvertraue, habe der Printz geant- wortet: il est toujours plus agé que moi, und der Marechal darauf repliciret: il est vrais, que je suis plus agé que vous; mais Votre Altesse oublie de dire en même tems, que j'ai eté aussi toujours plus, sage qu'elle, worüber denn der Printz die Hand auf den Mund gehalten und gesaget: n'en dites pas d'avantage. Seine 16 Ahnen, worüber er von dem Ritter-Hause zu Stock- holm ein attestat auf Pergament ausfertigen laßen, wur- den uns auch gezeiget, und solten, nach Innhalt deßselben, seine Vorfahren vor ohngefähr 400 Jahren aus Westphalen nach Liefland gekommen seyn. Endlich wurden wir von ihm mit Tabattieres beschenckt, und endigten den Überrest des Tages au rempart, au cours, bey Mad: d'Entraive u. bey Mad. Borgeal. D: 18 Octobr: Bey Hofe wurden wir mit dem jungen Graf Oettingen bekant, der von Rom, woselbst sein Bruder Bäyerl: Ministre ist, hieher auf die academie geschicket worden. Mittags waren wir bey dem Sächsl: Ministre Grafen von Flemming zu Gaste, und wurden auf Silber und dresdnel: Porcellan recht propre tractiret. Die übrigen Gäste waren: der Genuesische Mi- nistre Marquis de Curlo, der Engl. Mr. de Vilettes, Chevalier Salmatoris Mâitre des Ceremonies, Marquis de Marches gentil homme de la chambre, Marquis de St. Paire Ecuyer de S.H.R. Comte de Salmur Directeur der hiesigen Ritter academie und der Chevalier de Fleuri, mit welchem letztern man Gelegen- heit hatte, von dem Unterschied der Education junger Leute nach dem unterschiedenen genie derer Nationen und nach denen differanten Einsichten derer Eltern und Vorgesetzten, viel Gutes zu sprechen. Nach der Tafel fuhren wir vor die Stadt ien- seit des Po Flußes auf die daselbst zu Übung derer Feuer=wercke angelegte Batterie, weil der Chev: Fleuri uns Nachricht gegeben, daß der Duc de Savoye sich gleichfals daselbst einfinden würde.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/487>, abgerufen am 25.11.2024.