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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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einen Sturm auf die breche der Citadelle thun wolle, iedoch
unter der Bedingung, daß Niemand sich in die disposition melieren,
sondern ihm lediglich alles überlaßen werde. Dieses letzte habe
nun zwar den Printzen verdroßen, es sey aber doch zu
großem Vergnügen des Königs dabey gelaßen worden, und
folgenden Mittag unter seinem Comando der Sturm mit
3000 Grenadiers würklich geschehen, da denn zwar bey dem
Aufmarsch auf die breche die Frantzosen 2 Minen springen
laßen, die ihm Leute weggenommen, aber auch den Graben
desto beßer mit Erde ausgefüllet, daß er mit Verlust von
500 Mann würklich in die Citadelle hinein kommen, und
die Frantzosen hinaus gejaget. Er habe die gantze Mannschaft
in 10 Hauffen, deren ieder 300 starck und mit doppelten
Officiers versehen gewesen, Separiret, deren immer einer
dem andern gefolget, und sey von seiner Seite kein Schuß,
sondern die gantze action mit dem Degen in der Faust ge-
schehen, als welches viel geschwinde gehe, und die Leute
sonderlich beym hinauf steigen einer breche weniger em-
barassire, als wenn sie mit Widerladung des Gewehrs sich
immer mit unter beschäftigen müsten, der Feind auch, wenn
nur eine Salve ausgehalten sey, durch die ihm auf die
Köpfe kommende Säbel ordinair mitten im Widerladen
Surpreniret und am leichtesten in Confusion gebracht
werde. Die Comtesses de Biscarett und de Monte, welche
der Marechallin Gesellschafft leisteten, lernten wir hier auch
kennen, und begaben uns endlich, nachdem wir bey der Mar-
quise de Borgeal mit dem Chevalier Fleurin noch über mancherley
nützliche materien conferiret, nach Hause zur Ruhe.

Den 19 October

Warteten wir früh dem Duc de Savoye in seinem Zimmer
auf, und waren der Frantzösische Ambassadeur, Comte d'Apremont
und Marquis de Cavateur auch gegenwärtig. Ihro Königliche Hoheit
unterhielten sich mit uns mehrentheils von der gestrigen
artillerie-Uebung, und welche Würffe am besten reussiret.
Man übergab dem Chevalier Fleuri bey dieser Gelegenheit
den verlangten schriftlichen Aufsatz, und der alte Marquis de
Breuil versicherte, das Illustrissimi Zuspruch dem Printzen allezeit
angenehm sey. Den Nachmittag passireten wir bey der
Marquise de Breuil und Comtesse de Favria, bey der Comtesse
de Pron, woselbst auch der Printz Carignan gegenwärtig war,
weiter aber von nichts als von seinen neu gekaufften

einen Sturm auf die breche der Citadelle thun wolle, iedoch
unter der Bedingung, daß Niemand sich in die disposition melieren,
sondern ihm lediglich alles überlaßen werde. Dieses letzte habe
nun zwar den Printzen verdroßen, es sey aber doch zu
großem Vergnügen des Königs dabey gelaßen worden, und
folgenden Mittag unter seinem Comando der Sturm mit
3000 Grenadiers würklich geschehen, da denn zwar bey dem
Aufmarsch auf die breche die Frantzosen 2 Minen springen
laßen, die ihm Leute weggenommen, aber auch den Graben
desto beßer mit Erde ausgefüllet, daß er mit Verlust von
500 Mann würklich in die Citadelle hinein kommen, und
die Frantzosen hinaus gejaget. Er habe die gantze Mannschaft
in 10 Hauffen, deren ieder 300 starck und mit doppelten
Officiers versehen gewesen, Separiret, deren immer einer
dem andern gefolget, und sey von seiner Seite kein Schuß,
sondern die gantze action mit dem Degen in der Faust ge-
schehen, als welches viel geschwinde gehe, und die Leute
sonderlich beym hinauf steigen einer breche weniger em-
barassire, als wenn sie mit Widerladung des Gewehrs sich
immer mit unter beschäftigen müsten, der Feind auch, wenn
nur eine Salve ausgehalten sey, durch die ihm auf die
Köpfe kommende Säbel ordinair mitten im Widerladen
Surpreniret und am leichtesten in Confusion gebracht
werde. Die Comtesses de Biscarett und de Monte, welche
der Marechallin Gesellschafft leisteten, lernten wir hier auch
kennen, und begaben uns endlich, nachdem wir bey der Mar-
quise de Borgeal mit dem Chevalier Fleurin noch über mancherley
nützliche materien conferiret, nach Hause zur Ruhe.

Den 19 October

Warteten wir früh dem Duc de Savoye in seinem Zimmer
auf, und waren der Frantzösische Ambassadeur, Comte d'Apremont
und Marquis de Cavateur auch gegenwärtig. Ihro Königliche Hoheit
unterhielten sich mit uns mehrentheils von der gestrigen
artillerie-Uebung, und welche Würffe am besten reussiret.
Man übergab dem Chevalier Fleuri bey dieser Gelegenheit
den verlangten schriftlichen Aufsatz, und der alte Marquis de
Breuil versicherte, das Illustrissimi Zuspruch dem Printzen allezeit
angenehm sey. Den Nachmittag passireten wir bey der
Marquise de Breuil und Comtesse de Favria, bey der Comtesse
de Pron, woselbst auch der Printz Carignan gegenwärtig war,
weiter aber von nichts als von seinen neu gekaufften

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[0489] einen Sturm auf die breche der Citadelle thun wolle, iedoch unter der Bedingung, daß Niemand sich in die disposition meliere, sondern ihm lediglich alles überlaßen werde. Dieses letzte habe nun zwar den Printzen verdroßen, es sey aber doch zu großem Vergnügen des Königs dabey gelaßen worden, und folgenden Mittag unter seinem Comando der Sturm mit 3000 Grenadiers würklich geschehen, da denn zwar bey dem Aufmarsch auf die breche die Frantzosen 2 Minen springen laßen, die ihm Leute weggenommen, aber auch den Graben desto beßer mit Erde ausgefüllet, daß er mit Verlust von 500 Mann würklich in die Citadelle hinein kommen, und die Frantzosen hinaus gejaget. Er habe die gantze Mannschaft in 10 Hauffen, deren ieder 300 starck und mit doppelten Officiers versehen gewesen, Separiret, deren immer einer dem andern gefolget, und sey von seiner Seite kein Schuß, sondern die gantze action mit dem Degen in der Faust ge- schehen, als welches viel geschwinde gehe, und die Leute sonderl: beym hinauf steigen einer breche weniger em- barassire, als wenn sie mit Widerladung des Gewehrs sich immer mit unter beschäftigen müsten, der Feind auch, wenn nur eine Salve ausgehalten sey, durch die ihm auf die Köpfe kommende Säbel ordinair mitten im Widerladen Surpreniret und am leichtesten in Confusion gebracht werde. Die Comtesses de Biscarett und de Monte, welche der Marechallin Gesellschafft leisteten, lernten wir hier auch kennen, und begaben uns endlich, nachdem wir bey der Mar- quise de Borgeal mit dem Chev: Fleurin noch über mancherley nützliche materien conferiret, nach Hause zur Ruhe. Den 19 Octobr: Warteten wir früh dem Duc de Savoye in seinem Zimmer auf, und waren der Frantzöl: Ambassadeur, Comte d'Apremont und Marquis de Cavateur auch gegenwärtig. Ihro Königl. Hoheit unterhielten sich mit uns mehrentheils von der gestrigen artillerie-Uebung, und welche Würffe am besten reussiret. Man übergab dem Chevalier Fleuri bey dieser Gelegenheit den verlangten schrifftl. Aufsatz, und der alte Marquis de Breuil versicherte, das Illmi Zuspruch dem Printzen allezeit angenehm sey. Den Nachmittag passireten wir bey der Marquise de Breuil und Comtesse de Favria, bey der Comtesse de Pron, woselbst auch der Printz Carignan gegenwärtig war, weiter aber von nichts als von seinen neu gekaufften

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/489>, abgerufen am 24.11.2024.