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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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General Pallavicini zu Genua, 2) an den Gouverneur zu Mayland Gra-
fen von Traun und 3) an deßen General Adjutanten Comte de Leon,
desgleichen 4) an seinen Oncle dem Feld-Marschall Schulenburg zu Venedig.
Wie wir denn auch von ihm erfuhren, daß er allernächstens
hier abgelöset werden, und das Commando über die aus Mayland
nach Tyrol gehenden Truppen übernehmen solle. Nach der
Rückkunft in die Stadt wurde mit denen Abschieds-Visiten fort-
gefahren, auch

Den 1 November

Mit eben diesem Geschäffte continuiret, in der gäntzlichen Ent-
schließung, morgen mit dem frühesten von hier nach Genua
aufzubrechen, der Neapolitanische Ambassadeur aber, des Mare-
chals Gemahlin, die Comtesse de Favria und der alte Marechal
selbst verlangten absolut die fete de Saint Charles welche gedachter
ministre Ambassadeur auf instehenden Sonntag celebriren
wird, noch mit abzuwarten, widrigenfals uns der letzte
die versprochenen Recommendationes nach Neapolis schlechter-
dings versagete. Ohnerachtet also wider den Strohm nicht
zu schwimmen war; so unterließen wir doch nicht mit der
Abschieds-Ceremonie fort zu fahren, und kamen damit
Abends völlig zu Rande, nachdem wir das Mittags-Eßen
bey dem Marechal Rehbinder eingenommen, ihm auch fast
bis zum Schlafen gehen noch Gesellschafft geleistet. Er war
heute gantz besonders wohl disponiret, hertzte und küßte
uns, ließ sich auch endlich bewegen, von seinem auro pota-
bile
uns etwas zu verehren, wie er denn auch in un-
serer Gegenwart die oben gedachte Feuer-Probe damit
machte. Von seinen gewöhnlichen Soldaten discoursen
kam dismal folgendes vor: Er sey auf Märschen oft abge-
stiegen, und 3 bis 4 Stunden zu Fuß gegangen, und wenn
die Soldaten nach der Ursache gefraget, habe er ihnen ge-
antwortet: Kinder, das thue ich, um an mir selbst abzu-
mercken, wenn ihr müde seyd, und wenn ich euch muß
Halte machen laßen. Seine unterhabende Officiers wären
damit oft übel zu Frieden gewesen, denn er habe sie auch
absteigen heißen, wenn sie es von selbst nicht gethan,
um zu versuchen, wie es denen armen Soldaten thue,
welche noch dazu mit ihrem schwehren Gewehr und Bündel
bepacket wären. Dieses nun habe ihm ungemeine Liebe
bey dem gemeinen Mann zu Wege gebracht, besonders auch
die desertion verhindert. Zu gleichem Entzweck habe er
oft auch ohne Noth einen Musquetirer um ein Stück Brodt

General Pallavicini zu Genua, 2) an den Gouverneur zu Mayland Gra-
fen von Traun und 3) an deßen General Adjutanten Comte de Leon,
desgleichen 4) an seinen Oncle dem Feld-Marschall Schulenburg zu Venedig.
Wie wir denn auch von ihm erfuhren, daß er allernächstens
hier abgelöset werden, und das Commando über die aus Mayland
nach Tyrol gehenden Truppen übernehmen solle. Nach der
Rückkunft in die Stadt wurde mit denen Abschieds-Visiten fort-
gefahren, auch

Den 1 November

Mit eben diesem Geschäffte continuiret, in der gäntzlichen Ent-
schließung, morgen mit dem frühesten von hier nach Genua
aufzubrechen, der Neapolitanische Ambassadeur aber, des Mare-
chals Gemahlin, die Comtesse de Favria und der alte Marechal
selbst verlangten absolut die fête de Saint Charles welche gedachter
ministre Ambassadeur auf instehenden Sonntag celebriren
wird, noch mit abzuwarten, widrigenfals uns der letzte
die versprochenen Recommendationes nach Neapolis schlechter-
dings versagete. Ohnerachtet also wider den Strohm nicht
zu schwimmen war; so unterließen wir doch nicht mit der
Abschieds-Ceremonie fort zu fahren, und kamen damit
Abends völlig zu Rande, nachdem wir das Mittags-Eßen
bey dem Marechal Rehbinder eingenommen, ihm auch fast
bis zum Schlafen gehen noch Gesellschafft geleistet. Er war
heute gantz besonders wohl disponiret, hertzte und küßte
uns, ließ sich auch endlich bewegen, von seinem auro pota-
bile
uns etwas zu verehren, wie er denn auch in un-
serer Gegenwart die oben gedachte Feuer-Probe damit
machte. Von seinen gewöhnlichen Soldaten discoursen
kam dismal folgendes vor: Er sey auf Märschen oft abge-
stiegen, und 3 bis 4 Stunden zu Fuß gegangen, und wenn
die Soldaten nach der Ursache gefraget, habe er ihnen ge-
antwortet: Kinder, das thue ich, um an mir selbst abzu-
mercken, wenn ihr müde seyd, und wenn ich euch muß
Halte machen laßen. Seine unterhabende Officiers wären
damit oft übel zu Frieden gewesen, denn er habe sie auch
absteigen heißen, wenn sie es von selbst nicht gethan,
um zu versuchen, wie es denen armen Soldaten thue,
welche noch dazu mit ihrem schwehren Gewehr und Bündel
bepacket wären. Dieses nun habe ihm ungemeine Liebe
bey dem gemeinen Mann zu Wege gebracht, besonders auch
die desertion verhindert. Zu gleichem Entzweck habe er
oft auch ohne Noth einen Musquetirer um ein Stück Brodt

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[0495] General Pallavicini zu Genua, 2) an den Gouverneur zu Mayland Gra- fen von Traun und 3) an deßen General Adjutanten Comte de Leon, desgl: 4) an seinen Oncle dem Feld-Marschall Schulenburg zu Venedig. Wie wir denn auch von ihm erfuhren, daß er allernächstens hier abgelöset werden, und das Commando über die aus Mayland nach Tyrol gehenden Truppen übernehmen solle. Nach der Rückkunft in die Stadt wurde mit denen Abschieds-Visiten fort- gefahren, auch Den 1 Novembr: Mit eben diesem Geschäffte continuiret, in der gäntzlichen Ent- schließung, morgen mit dem frühesten von hier nach Genua aufzubrechen, der Neapolitanische Ambassadeur aber, des Mare- chals Gemahlin, die Comtesse de Favria und der alte Marechal selbst verlangten absolut die fête de St. Charles welche gedachter Ambassadeur auf instehenden Sonntag celebriren wird, noch mit abzuwarten, widrigenfals uns der letzte die versprochenen Recommendationes nach Neapolis schlechter- dings versagete. Ohnerachtet also wider den Strohm nicht zu schwimmen war; so unterließen wir doch nicht mit der Abschieds-Ceremonie fort zu fahren, und kamen damit Abends völlig zu Rande, nachdem wir das Mittags-Eßen bey dem Marechal Rehbinder eingenommen, ihm auch fast bis zum Schlafen gehen noch Gesellschafft geleistet. Er war heute gantz besonders wohl disponiret, hertzte und küßte uns, ließ sich auch endl: bewegen, von seinem auro pota- bile uns etwas zu verehren, wie er denn auch in un- serer Gegenwart die oben gedachte Feuer-Probe damit machte. Von seinen gewöhnlichen Soldaten discoursen kam dismal folgendes vor: Er sey auf Märschen oft abge- stiegen, und 3 bis 4 Stunden zu Fuß gegangen, und wenn die Soldaten nach der Ursache gefraget, habe er ihnen ge- antwortet: Kinder, das thue ich, um an mir selbst abzu- mercken, wenn ihr müde seyd, und wenn ich euch muß Halte machen laßen. Seine unterhabende Officiers wären damit oft übel zu Frieden gewesen, denn er habe sie auch absteigen heißen, wenn sie es von selbst nicht gethan, um zu versuchen, wie es denen armen Soldaten thue, welche noch dazu mit ihrem schwehren Gewehr und Bündel bepacket wären. Dieses nun habe ihm ungemeine Liebe bey dem gemeinen Mann zu Wege gebracht, besonders auch die desertion verhindert. Zu gleichem Entzweck habe er oft auch ohne Noth einen Musquetirer um ein Stück Brodt

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/495>, abgerufen am 24.11.2024.