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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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und alleen Weise gesetzt. Die gemeinen Weibs-Leute, sonderlich
von Parma an, tragen Hals-Kragen, welche wie kurtze Nacht-Män-
tel den halben Ober-Leib bedecken, und führen dabey kleine runde
Stroh-Hüte auf dem Kopf. Schweine siehet man in diesem
Lande sonderlich von Parma aus häuffig, auch fehlet es nicht
an anderer Vieh-Zucht; der berühmte Parmesan-Käse aber wird
ietzo nicht mehr in diesem Lande, sondern zu Lodi im Maylän-
dischen verfertiget. Bologna selbst lieget zwar noch in der
Ebene, doch nehmen dichte auf der Seite schon die Apenninischen
Gebürge
ihren Anfang, und beginnet die Luft hier mercklich
frischer zu werden, wiewol wir auch schon in Turin und
von da aus bis hieher des Feuers nirgend, als in Genua, haben
entbehren können.

Den 18 November

Die zwey Haupt-Personen, welche wir hier in Bologna kennen lernen,
sind 1) der hiesige Päbstliche legat Cardinal Alberoni und 2) die
in der gelehrten Welt so beruffene Laura Maria Catharina
Bassi
. Der Cardinal wohnet in der obern Etage des hiesigen
Palais, welches aber der Stadt gehöret, die auch deswegen in
dem untern Stock-Werck ihre Geschäffte durch den Gonfaloniere
und die Senatores verrichten läst. Wie denn bekantermaßen
dieser ehemaligen republic, als sie sich dem Pabst unterworffen,
viele privilegia zugestanden, auch einiger Schatten der frey-
heit derselben gelaßen worden. Anstatt der Treppen sind in
diesem Palais lauter plana inclinata ohne Stuffen, das Ge-
bäude selbst aber ist mehr massiv und groß, als kostbar, doch
wird die über dem äußersten Thor sitzende Statue Pabsts
Gregorii des XIIIden von Kennern aestimiret. Der Cardinal hat
eine Schweitzer Garde, roth mit schwartz sammetnen Borten ge-
kleidet, und eine Garde zu Pferde, welche aber zu Fuß und
in Strümpfen aufziehet, und statt des Carabiners eine Pistole
auf der Schulter führet. In seiner antichambre fanden wir
6 geistliche Cavaliers, unter welchen der vornehmste, bey dem
wir bereits vorher unser Nahmen melden laßen, uns
sehr höflich empfing und introducirete. Als wir in das audientz-
Zimmer traten, kam der Cardinal aus seinem Cabinet uns nach der
Thür zu entgegen, und wir setzten uns auf die schon parat
stehende roth sammetne Stühle gegen ihn über. Er ist blondin
von mittelmäßiger statur, und weder mager noch starck.
Die Runtzeln des Gesichts zeigen zwar von seinem Alter:
Die muntern Augen aber, die froliche mine, und sein
aufgeräumtes Wesen geben den noch vorhandenen vigeur

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und alleen Weise gesetzt. Die gemeinen Weibs-Leute, sonderlich
von Parma an, tragen Hals-Kragen, welche wie kurtze Nacht-Män-
tel den halben Ober-Leib bedecken, und führen dabey kleine runde
Stroh-Hüte auf dem Kopf. Schweine siehet man in diesem
Lande sonderlich von Parma aus häuffig, auch fehlet es nicht
an anderer Vieh-Zucht; der berühmte Parmesan-Käse aber wird
ietzo nicht mehr in diesem Lande, sondern zu Lodi im Maylän-
dischen verfertiget. Bologna selbst lieget zwar noch in der
Ebene, doch nehmen dichte auf der Seite schon die Apenninischen
Gebürge
ihren Anfang, und beginnet die Luft hier mercklich
frischer zu werden, wiewol wir auch schon in Turin und
von da aus bis hieher des Feuers nirgend, als in Genua, haben
entbehren können.

Den 18 November

Die zwey Haupt-Personen, welche wir hier in Bologna kennen lernen,
sind 1) der hiesige Päbstliche legat Cardinal Alberoni und 2) die
in der gelehrten Welt so beruffene Laura Maria Catharina
Bassi
. Der Cardinal wohnet in der obern Etage des hiesigen
Palais, welches aber der Stadt gehöret, die auch deswegen in
dem untern Stock-Werck ihre Geschäffte durch den Gonfaloniere
und die Senatores verrichten läst. Wie denn bekantermaßen
dieser ehemaligen republic, als sie sich dem Pabst unterworffen,
viele privilegia zugestanden, auch einiger Schatten der frey-
heit derselben gelaßen worden. Anstatt der Treppen sind in
diesem Palais lauter plana inclinata ohne Stuffen, das Ge-
bäude selbst aber ist mehr massiv und groß, als kostbar, doch
wird die über dem äußersten Thor sitzende Statue Pabsts
Gregorii des XIIIden von Kennern aestimiret. Der Cardinal hat
eine Schweitzer Garde, roth mit schwartz sammetnen Borten ge-
kleidet, und eine Garde zu Pferde, welche aber zu Fuß und
in Strümpfen aufziehet, und statt des Carabiners eine Pistole
auf der Schulter führet. In seiner antichambre fanden wir
6 geistliche Cavaliers, unter welchen der vornehmste, bey dem
wir bereits vorher unser Nahmen melden laßen, uns
sehr höflich empfing und introducirete. Als wir in das audientz-
Zimmer traten, kam der Cardinal aus seinem Cabinet uns nach der
Thür zu entgegen, und wir setzten uns auf die schon parat
stehende roth sammetne Stühle gegen ihn über. Er ist blondin
von mittelmäßiger statur, und weder mager noch starck.
Die Runtzeln des Gesichts zeigen zwar von seinem Alter:
Die muntern Augen aber, die froliche mine, und sein
aufgeräumtes Wesen geben den noch vorhandenen vigeur

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[0516] 251 und alleen Weise gesetzt. Die gemeinen Weibs-Leute, sonderlich von Parma an, tragen Hals-Kragen, welche wie kurtze Nacht-Män- tel den halben Ober-Leib bedecken, und führen dabey kleine runde Stroh-Hüte auf dem Kopf. Schweine siehet man in diesem Lande sonderlich von Parma aus häuffig, auch fehlet es nicht an anderer Vieh-Zucht; der berühmte Parmesan-Käse aber wird ietzo nicht mehr in diesem Lande, sondern zu Lodi im Maylän- dischen verfertiget. Bologna selbst lieget zwar noch in der Ebene, doch nehmen dichte auf der Seite schon die Apenninischen Gebürge ihren Anfang, und beginnet die Luft hier merckl: frischer zu werden, wiewol wir auch schon in Turin und von da aus bis hieher des Feuers nirgend, als in Genua, haben entbehren können. Den 18 Nov: Die zwey Haupt-Personen, welche wir hier in Bologna kennen lernen, sind 1) der hiesige Päbstl: legat Cardinal Alberoni und 2) die in der gelehrten Welt so beruffene Laura Maria Catharina Bassi. Der Cardinal wohnet in der obern Etage des hiesigen Palais, welches aber der Stadt gehöret, die auch deswegen in dem untern Stock-Werck ihre Geschäffte durch den Gonfaloniere und die Senatores verrichten läst. Wie denn bekantermaßen dieser ehemaligen republic, als sie sich dem Pabst unterworffen, viele privilegia zugestanden, auch einiger Schatten der frey- heit derselben gelaßen worden. Anstatt der Treppen sind in diesem Palais lauter plana inclinata ohne Stuffen, das Ge- bäude selbst aber ist mehr massiv und groß, als kostbar, doch wird die über dem äußersten Thor sitzende Statue Pabsts Gregorii des XIIIden von Kennern aestimiret. Der Cardinal hat eine Schweitzer Garde, roth mit schwartz sammetnen Borten ge- kleidet, und eine Garde zu Pferde, welche aber zu Fuß und in Strümpfen aufziehet, und statt des Carabiners eine Pistole auf der Schulter führet. In seiner antichambre fanden wir 6 geistl: Cavaliers, unter welchen der vornehmste, bey dem wir bereits vorher unser Nahmen melden laßen, uns sehr höflich empfing und introducirete. Als wir in das audientz- Zimmer traten, kam der Cardinal aus seinem Cabinet uns nach der Thür zu entgegen, und wir setzten uns auf die schon parat stehende roth sammetne Stühle gegen ihn über. Er ist blondin von mittelmäßiger statur, und weder mager noch starck. Die Runtzeln des Gesichts zeigen zwar von seinem Alter: Die muntern Augen aber, die froliche mine, und sein aufgeräumtes Wesen geben den noch vorhandenen vigeur

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/516>, abgerufen am 23.11.2024.