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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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vor die Ruhe-Stäte der Heiligen Constantiae Constantini M. Schwester de-
clariret, die darinn gewesene Knochen herausgenommen, unter
den in der Mitte des Tempels aufgerichteten Altar geleget, und
denselben zu einer Kirche dieser Heiligen eingeweihet.

Den 17. Januar

Heute haben wir dem berühmten Solennen Pferde- und Esel=
Seegen bey der Kirche Sankt Antonii Abbatis in einem gegen über
gelegenem Hause mit Verwunderung zu gesehen. Neben der
Kirche ist zu diesem Ende eine besondre Capelle in der voll-
kommenen Gestalt eines Kauf-Ladens angeleget. Im Eingang
dieses Ladens, 2 Stuffen höher als die vorbey gehende Straße, stehet
der diese Function verrichtende Priester, mit dem Chor-Hembde
und der Stola angethan. Neben ihm ist ein Weih-Keßel von
weißem Marmor in die Mauer gesetzet, welcher vermuthlich,
wegen des starcken Aufgangs, von innen seinen Zufluß haben
muß. Alles, was Carossen und Reit-Pferde in Rom hat, schicket
oder bringet solche selbst mit Fiochi und bunten Bändern bestens
aufgeputzet an diesen Ort, sonderlich aber paradiren die Römischen
Printzen bey dieser Gelegenheit mit ihren Equipages. Was nun
auf diese Weise zu Wagen oder zu Pferde sich einfindet, das
passiret neben der Capelle vorbey, und erleget mit weißen
Wachs-Kertzen und Geld einen arbitrairen Zoll, dagegen
werden Kutschen, Pferde und Reuter mit Weyh-Waßer reichlich
besprenget, auch aus der Boutique die in Kupfer gestochene Bild-
meße des Heiligen Antonii nebst gewißen meßingenen Creutzigen
zurück gegeben. Die Passage wird von denenjenigen, welche
diesen Seegen empfangen haben, zu dem einen Thor dieses
Antonii-Closters hinein, und zu einem andern Thor wieder
heraus genommen, ia die Equipages derer gedachten Printzen pflegen
diese Tour zweymal zu machen, weil sie viel Pferde und folglich
auch um so viel mehrern Seegen nötig haben. Der Embarras
ist bey dieser Handlung ungemein groß, und, weil immer einer
dem andern vorfahren und vorre[unleserliches Material]iten will, der Heilige Antonius
nicht im Stande, die daher entstehende Unglücks-Fälle zu
verhüten. Dismal hatte unter andern die Carosse des Pabsts
selbst das malheur etliche Schritte von der Capelle die Axe zu
zerbrechen. Der mit seinem großen Pack-Wachs-Kertzen darinn
sitzende Maestro di Stalla setzte sich zwar hinter einen neben
ihm haltenden Reuter aufs Pferd, aber auch dieses sanck hinten
in den Koth darnieder, daß er alle Noth hatte, in diesem beschmutzten
Zustande, vermittelst einer dichte neben ihm haltenden andern

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vor die Ruhe-Stäte der Heiligen Constantiae Constantini M. Schwester de-
clariret, die darinn gewesene Knochen herausgenommen, unter
den in der Mitte des Tempels aufgerichteten Altar geleget, und
denselben zu einer Kirche dieser Heiligen eingeweihet.

Den 17. Januar

Heute haben wir dem berühmten Solennen Pferde- und Esel=
Seegen bey der Kirche Sankt Antonii Abbatis in einem gegen über
gelegenem Hause mit Verwunderung zu gesehen. Neben der
Kirche ist zu diesem Ende eine besondre Capelle in der voll-
kommenen Gestalt eines Kauf-Ladens angeleget. Im Eingang
dieses Ladens, 2 Stuffen höher als die vorbey gehende Straße, stehet
der diese Function verrichtende Priester, mit dem Chor-Hembde
und der Stola angethan. Neben ihm ist ein Weih-Keßel von
weißem Marmor in die Mauer gesetzet, welcher vermuthlich,
wegen des starcken Aufgangs, von innen seinen Zufluß haben
muß. Alles, was Carossen und Reit-Pferde in Rom hat, schicket
oder bringet solche selbst mit Fiochi und bunten Bändern bestens
aufgeputzet an diesen Ort, sonderlich aber paradiren die Römischen
Printzen bey dieser Gelegenheit mit ihren Equipages. Was nun
auf diese Weise zu Wagen oder zu Pferde sich einfindet, das
passiret neben der Capelle vorbey, und erleget mit weißen
Wachs-Kertzen und Geld einen arbitrairen Zoll, dagegen
werden Kutschen, Pferde und Reuter mit Weyh-Waßer reichlich
besprenget, auch aus der Boutique die in Kupfer gestochene Bild-
meße des Heiligen Antonii nebst gewißen meßingenen Creutzigen
zurück gegeben. Die Passage wird von denenjenigen, welche
diesen Seegen empfangen haben, zu dem einen Thor dieses
Antonii-Closters hinein, und zu einem andern Thor wieder
heraus genommen, ia die Equipages derer gedachten Printzen pflegen
diese Tour zweymal zu machen, weil sie viel Pferde und folglich
auch um so viel mehrern Seegen nötig haben. Der Embarras
ist bey dieser Handlung ungemein groß, und, weil immer einer
dem andern vorfahren und vorre[unleserliches Material]iten will, der Heilige Antonius
nicht im Stande, die daher entstehende Unglücks-Fälle zu
verhüten. Dismal hatte unter andern die Carosse des Pabsts
selbst das malheur etliche Schritte von der Capelle die Axe zu
zerbrechen. Der mit seinem großen Pack-Wachs-Kertzen darinn
sitzende Maestro di Stalla setzte sich zwar hinter einen neben
ihm haltenden Reuter aufs Pferd, aber auch dieses sanck hinten
in den Koth darnieder, daß er alle Noth hatte, in diesem beschmutzten
Zustande, vermittelst einer dichte neben ihm haltenden andern

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[0604] 295 vor die Ruhe-Stäte der H. Constantiae Constantini M. Schwester de- clariret, die darinn gewesene Knochen herausgenommen, unter den in der Mitte des Tempels aufgerichteten Altar geleget, und denselben zu einer Kirche dieser Heiligen eingeweihet. Den 17. Jan. Heute haben wir dem berühmten Solennen Pferde- und Esel= Seegen bey der Kirche S. Antonii Abbatis in einem gegen über gelegenem Hause mit Verwunderung zu gesehen. Neben der Kirche ist zu diesem Ende eine besondre Capelle in der voll- kommenen Gestalt eines Kauf-Ladens angeleget. Im Eingang dieses Ladens, 2 Stuffen höher als die vorbey gehende Straße, stehet der diese Function verrichtende Priester, mit dem Chor-Hembde und der Stola angethan. Neben ihm ist ein Weih-Keßel von weißem Marmor in die Mauer gesetzet, welcher vermuthlich, wegen des starcken Aufgangs, von innen seinen Zufluß haben muß. Alles, was Carossen und Reit-Pferde in Rom hat, schicket oder bringet solche selbst mit Fiochi und bunten Bändern bestens aufgeputzet an diesen Ort, sonderl: aber paradiren die Röml: Printzen bey dieser Gelegenheit mit ihren Equipages. Was nun auf diese Weise zu Wagen oder zu Pferde sich einfindet, das passiret neben der Capelle vorbey, und erleget mit weißen Wachs-Kertzen und Geld einen arbitrairen Zoll, dagegen werden Kutschen, Pferde und Reuter mit Weyh-Waßer reichlich besprenget, auch aus der Boutique die in Kupfer gestochene Bild- meße des H. Antonii nebst gewißen meßingenen Creutzigen zurück gegeben. Die Passage wird von denenjenigen, welche diesen Seegen empfangen haben, zu dem einen Thor dieses Antonii-Closters hinein, und zu einem andern Thor wieder heraus genommen, ia die Equipages derer gedachten Printzen pflegen diese Tour zweymal zu machen, weil sie viel Pferde und folgl: auch um so viel mehrern Seegen nötig haben. Der Embarras ist bey dieser Handlung ungemein groß, und, weil immer einer dem andern vorfahren und vorreiten will, der H. Antonius nicht im Stande, die daher entstehende Unglücks-Fälle zu verhüten. Dismal hatte unter andern die Carosse des Pabsts selbst das malheur etliche Schritte von der Capelle die Axe zu zerbrechen. Der mit seinem großen Pack-Wachs-Kertzen darinn sitzende Maestro di Stalla setzte sich zwar hinter einen neben ihm haltenden Reuter aufs Pferd, aber auch dieses sanck hinten in den Koth darnieder, daß er alle Noth hatte, in diesem beschmutzten Zustande, vermittelst einer dichte neben ihm haltenden andern

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/604>, abgerufen am 27.11.2024.