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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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eine Citadelle metamorphosiret, kürtzlich anzumercken, daß solches schon vor
Justiniani Zeiten bey Gelegenheit des ersten Gothischen Kriegs geschehen,
da nehmlich von denen Römern die Stadt-Mauer bis dahin extendiret, und
dieses runde gantz außerordentlich starcke Gebäude als ein fester Thurm
zur defension des nächsten Stadt-Thors gebraucht worden. So ist es
auch falsch, daß die treflichen Statuen und Colonnen, welche ehemals
auf diesem Gebäude rings umher gestanden, bloß vor Alter herunter
gefallen, oder in christlichen Zeiten zu Auszierung derer Kirchen
und anderer privat-Gebäude herunter genommen worden. Viel-
mehr hat der andre Gothische Krieg daselbe seiner Zierraden beraubet,
indem die darinn von denen Gothen belagerte Römer und Grichen
solche mit Fleiß zerbrochen, und Stückweise oder auch gantz denen
Belagerern auf die Köpfe geworffen, sie auch damit würcklich ab-
getrieben. Unter denen inwendigen Behältnißen, von welchen uns
aber nur die Thüren gezeiget werden durften, sind merckwürdig
das Gewölbe, wo die Päbstlichen Cronen aufbehalten werden, und
noch ein weiheres anders, darinn der Päbstliche Noth-Pfennig von
5 Millionen Scudi seine Ruhe Stäte hat; das Archiv; darinn die
ältesten Scripturen des Päbstlichen Stuhls liegen; das apartement
darinn der Cardinal Coscia gefangen geseßen. Nach dem Be-
hältniß, darinn Molinos sein Leben beschloßen haben soll,
welches in verschiedenen Reise-Büchern als in diesem Castell
befindlich angegeben wird, haben wir zwar fleißig gefragt,
sind aber durch einen alten Officier, der ihn noch gekannt, ver-
sichert worden, daß er in dem Palazzo der Inquisition sein
Gefängniß gehabt, und daselbst gestorben sey. Die 2 Zeug-Häuser
sind sehr klein, und das eine mit lauter altem unbrauchbaren
Gewehr angefüllet. Man zeiget in diesen letztern die kleine
Taschen-Pistolen des Printzen Rainutii von Farnese, welche
ihm unter dem scharffen Pabst Sixto Vto bey einem Haar
das Leben gekostet hätten, wo nicht sein Oncle der Cardinal
ihm solches durch List gerettet, wie aus der Historie bekant
ist, item die Pistolen des Printzen von Bourbon, deßen Harnisch
wir im Zeug-Hause des Vaticans gesehen. Die gröste Curiositaet
aber ist das Pantzer-Hembde, Casquet und das paar eiserne Hand-
schuh, welche Rüstung Pabst Clemens VIII getragen, als er von
Ferrara Besitz genommen. In dem Apartement des Gouverneurs
Duca di Palumbara stehet eine von ihm selbst inventirete
machine, welche ein Versuch zu einem perpetuo mobili
seyn soll. Die Machine gleichet einem abhängigen Schreibe-Tisch,

eine Citadelle metamorphosiret, kürtzlich anzumercken, daß solches schon vor
Justiniani Zeiten bey Gelegenheit des ersten Gothischen Kriegs geschehen,
da nehmlich von denen Römern die Stadt-Mauer bis dahin extendiret, und
dieses runde gantz außerordentlich starcke Gebäude als ein fester Thurm
zur defension des nächsten Stadt-Thors gebraucht worden. So ist es
auch falsch, daß die treflichen Statuen und Colonnen, welche ehemals
auf diesem Gebäude rings umher gestanden, bloß vor Alter herunter
gefallen, oder in christlichen Zeiten zu Auszierung derer Kirchen
und anderer privat-Gebäude herunter genommen worden. Viel-
mehr hat der andre Gothische Krieg daselbe seiner Zierraden beraubet,
indem die darinn von denen Gothen belagerte Römer und Grichen
solche mit Fleiß zerbrochen, und Stückweise oder auch gantz denen
Belagerern auf die Köpfe geworffen, sie auch damit würcklich ab-
getrieben. Unter denen inwendigen Behältnißen, von welchen uns
aber nur die Thüren gezeiget werden durften, sind merckwürdig
das Gewölbe, wo die Päbstlichen Cronen aufbehalten werden, und
noch ein weiheres anders, darinn der Päbstliche Noth-Pfennig von
5 Millionen Scudi seine Ruhe Stäte hat; das Archiv; darinn die
ältesten Scripturen des Päbstlichen Stuhls liegen; das apartement
darinn der Cardinal Coscia gefangen geseßen. Nach dem Be-
hältniß, darinn Molinos sein Leben beschloßen haben soll,
welches in verschiedenen Reise-Büchern als in diesem Castell
befindlich angegeben wird, haben wir zwar fleißig gefragt,
sind aber durch einen alten Officier, der ihn noch gekannt, ver-
sichert worden, daß er in dem Palazzo der Inquisition sein
Gefängniß gehabt, und daselbst gestorben sey. Die 2 Zeug-Häuser
sind sehr klein, und das eine mit lauter altem unbrauchbaren
Gewehr angefüllet. Man zeiget in diesen letztern die kleine
Taschen-Pistolen des Printzen Rainutii von Farnese, welche
ihm unter dem scharffen Pabst Sixto Vto bey einem Haar
das Leben gekostet hätten, wo nicht sein Oncle der Cardinal
ihm solches durch List gerettet, wie aus der Historie bekant
ist, item die Pistolen des Printzen von Bourbon, deßen Harnisch
wir im Zeug-Hause des Vaticans gesehen. Die gröste Curiositaet
aber ist das Pantzer-Hembde, Casquet und das paar eiserne Hand-
schuh, welche Rüstung Pabst Clemens VIII getragen, als er von
Ferrara Besitz genommen. In dem Apartement des Gouverneurs
Duca di Palumbara stehet eine von ihm selbst inventirete
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[0623] eine Citadelle metamorphosiret, kürtzlich anzumercken, daß solches schon vor Justiniani Zeiten bey Gelegenheit des ersten Gothischen Kriegs geschehen, da nehml: von denen Römern die Stadt-Mauer bis dahin extendiret, und dieses runde gantz außerordentl: starcke Gebäude als ein fester Thurm zur defension des nächsten Stadt-Thors gebraucht worden. So ist es auch falsch, daß die treflichen Statuen und Colonnen, welche ehemals auf diesem Gebäude rings umher gestanden, bloß vor Alter herunter gefallen, oder in christlichen Zeiten zu Auszierung derer Kirchen und anderer privat-Gebäude herunter genommen worden. Viel- mehr hat der andre Gothische Krieg daselbe seiner Zierraden beraubet, indem die darinn von denen Gothen belagerte Römer und Grichen solche mit Fleiß zerbrochen, und Stückweise oder auch gantz denen Belagerern auf die Köpfe geworffen, sie auch damit würcklich ab- getrieben. Unter denen inwendigen Behältnißen, von welchen uns aber nur die Thüren gezeiget werden durften, sind merckwürdig das Gewölbe, wo die Päbstl: Cronen aufbehalten werden, und noch ein anders, darinn der Päbstliche Noth-Pfennig von 5 Millionen Scudi seine Ruhe Stäte hat; das Archiv; darinn die ältesten Scripturen des Päbstl: Stuhls liegen; das apartement darinn der Cardinal Coscia gefangen geseßen. Nach dem Be- hältniß, darinn Molinos sein Leben beschloßen haben soll, welches in verschiedenen Reise-Büchern als in diesem Castell befindl: angegeben wird, haben wir zwar fleißig gefragt, sind aber durch einen alten Officier, der ihn noch gekannt, ver- sichert worden, daß er in dem Palazzo der Inquisition sein Gefängniß gehabt, und daselbst gestorben sey. Die 2 Zeug-Häuser sind sehr klein, und das eine mit lauter altem unbrauchbaren Gewehr angefüllet. Man zeiget in diesen letztern die kleine Taschen-Pistolen des Printzen Rainutii von Farnese, welche ihm unter dem scharffen Pabst Sixto Vto bey einem Haar das Leben gekostet hätten, wo nicht sein Oncle der Cardinal ihm solches durch List gerettet, wie aus der Historie bekant ist, item die Pistolen des Printzen von Bourbon, deßen Harnisch wir im Zeug-Hause des Vaticans gesehen. Die gröste Curiositaet aber ist das Pantzer-Hembde, Casquet und das paar eiserne Hand- schuh, welche Rüstung Pabst Clemens VIII getragen, als er von Ferrara Besitz genommen. In dem Apartement des Gouverneurs Duca di Palumbara stehet eine von ihm selbst inventirete machine, welche ein Versuch zu einem perpetuo mobili seyn soll. Die Machine gleichet einem abhängigen Schreibe-Tisch,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/623>, abgerufen am 27.11.2024.