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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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besondre Galerie ist mit mancherley dessins von Raphael
und andern berühmten Meistern behänget, auch mit schönen
antiquen bustes von Philosophen und andern berühmten Leuten
besetzt. So siehet man auch hier 2 alt väterische Machinen,
welche fast wie Schräncke aussehen, die daran stehende neue
Schrift aber giebt die Nachricht, daß das eine der Thron des
Patriarchen zu Alexandria, und das andere cathedra Antioche-
na
sey, woraus ohne Zweifel der Schluß folgen soll, daß
der hiesige Stuhl jene beyde verschlungen, und sich also Nie-
mand weiter daran zu kehren habe, wenn er etwan
in der Historie findet, daß gedachte große Patriarchen den
hiesigen Bischof al pari tractiret, und ihn keines weges vor
ihr Ober-Haupt gehalten. Auch fanden wir an eben die-
sem Ort, daß man die alte mosaische Figur Petri mit
3 Schlüßeln, davon im Diario Nummer 58 gedacht worden, sich
gar wohl zu Nutze zu machen gewust; denn man hat
die Copie dieses Bildes gleichfals en mosaique über die
Thür gesetzet, mit der darunter geschriebenen Nachricht,
daß das Original zu dem Grabmal Kaysers Ottonis II gehörig
sey. Die Haupt-Passage besagter Schrift ist:

Effigies beati Petri, tres claves gestantis, quibus
amplissima potestas, Romano Pontifici tradita,
designatur.

Die Ursache, warum man dieses monument so sorgfältig
copiren laßen, wird also ausgedruckt: ut diaturniori
mystici emblematis memoriae consultum effet. Der Pabst,
welcher hierinn so sorgfältig gewesen, ist Clemens XI.
Die Zimmer in demjenigen Theil des Vaticans, welches
Belvedere genennet wird, sind klein und auf den Sommer
eingerichtet, auch nur mit Kupfer-Stichen meubliret, wie
denn deswegen, weil sie nehmlich denen Mönchs-Zellen
am ähnligsten sehen, Pabst Benedictus XIII solche beständig
bewohnet hat. Das Merckwürdigste darinn ist das modell
der Peters-Kirche, von welchem man aber nachhero in
der Execution des Baues mercklich abgegangen. Item etliche
alte mosaiquen über denen Thüren. In dem zu diesem
Belvedere besonders gehörigen Garten stehet der 7 Fuß hohe

besondre Galerie ist mit mancherley dessins von Raphael
und andern berühmten Meistern behänget, auch mit schönen
antiquen bustes von Philosophen und andern berühmten Leuten
besetzt. So siehet man auch hier 2 alt väterische Machinen,
welche fast wie Schräncke  aussehen, die daran stehende neue
Schrift aber giebt die Nachricht, daß das eine der Thron des
Patriarchen zu Alexandria, und das andere cathedra Antioche-
na
sey, woraus ohne Zweifel der Schluß folgen soll, daß
der hiesige Stuhl jene beyde verschlungen, und sich also Nie-
mand weiter daran zu kehren habe, wenn er etwan
in der Historie findet, daß gedachte große Patriarchen den
hiesigen Bischof al pari tractiret, und ihn keines weges vor
ihr Ober-Haupt gehalten. Auch fanden wir an eben die-
sem Ort, daß man die alte mosaische Figur Petri mit
3 Schlüßeln, davon im Diario Nummer 58 gedacht worden, sich
gar wohl zu Nutze zu machen gewust; denn man hat
die Copie dieses Bildes gleichfals en mosaique über die
Thür gesetzet, mit der darunter geschriebenen Nachricht,
daß das Original zu dem Grabmal Kaysers Ottonis II gehörig
sey. Die Haupt-Passage besagter Schrift ist:

Effigies beati Petri, tres claves gestantis, quibus
amplissima potestas, Romano Pontifici tradita,
designatur.

Die Ursache, warum man dieses monument so sorgfältig
copiren laßen, wird also ausgedruckt: ut diaturniori
mystici emblematis memoriae consultum effet. Der Pabst,
welcher hierinn so sorgfältig gewesen, ist Clemens XI.
Die Zimmer in demjenigen Theil des Vaticans, welches
Belvedere genennet wird, sind klein und auf den Sommer
eingerichtet, auch nur mit Kupfer-Stichen meubliret, wie
denn deswegen, weil sie nehmlich denen Mönchs-Zellen
am ähnligsten sehen, Pabst Benedictus XIII solche beständig
bewohnet hat. Das Merckwürdigste darinn ist das modell
der Peters-Kirche, von welchem man aber nachhero in
der Execution des Baues mercklich abgegangen. Item etliche
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Belvedere besonders gehörigen Garten stehet der 7 Fuß hohe

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[0633] besondre Galerie ist mit mancherley dessins von Raphael und andern berühmten Meistern behänget, auch mit schönen antiquen bustes von Philosophen und andern berühmten Leuten besetzt. So siehet man auch hier 2 alt väterische Machinen, welche fast wie Schräncke  aussehen, die daran stehende neue Schrift aber giebt die Nachricht, daß das eine der Thron des Patriarchen zu Alexandria, und das andere cathedra Antioche- na sey, woraus ohne Zweifel der Schluß folgen soll, daß der hiesige Stuhl jene beyde verschlungen, und sich also Nie- mand weiter daran zu kehren habe, wenn er etwan in der Historie findet, daß gedachte große Patriarchen den hiesigen Bischof al pari tractiret, und ihn keines weges vor ihr Ober-Haupt gehalten. Auch fanden wir an eben die- sem Ort, daß man die alte mosaische Figur Petri mit 3 Schlüßeln, davon im Diario No 58 gedacht worden, sich gar wohl zu Nutze zu machen gewust; denn man hat die Copie dieses Bildes gleichfals en mosaique über die Thür gesetzet, mit der darunter geschriebenen Nachricht, daß das Original zu dem Grabmal Kaysers Ottonis II gehörig sey. Die Haupt-Passage besagter Schrift ist: Effigies beati Petri, tres claves gestantis, quibus amplissima potestas, Romano Pontifici tradita, designatur. Die Ursache, warum man dieses monument so sorgfältig copiren laßen, wird also ausgedruckt: ut diaturniori mystici emblematis memoriae consultum effet. Der Pabst, welcher hierinn so sorgfältig gewesen, ist Clemens XI. Die Zimmer in demjenigen Theil des Vaticans, welches Belvedere genennet wird, sind klein und auf den Sommer eingerichtet, auch nur mit Kupfer-Stichen meubliret, wie denn deswegen, weil sie nehml: denen Mönchs-Zellen am ähnligsten sehen, Pabst Benedictus XIII solche beständig bewohnet hat. Das Merckwürdigste darinn ist das modell der Peters-Kirche, von welchem man aber nachhero in der Execution des Baues mercklich abgegangen. Item etliche alte mosaiquen über denen Thüren. In dem zu diesem Belvedere besonders gehörigen Garten stehet der 7 Fuß hohe

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/633>, abgerufen am 27.09.2024.