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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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gleichfals zum Besuch der Princessin in dem Sprach-Zimmer ein-
fanden. Der Comte Trivulzio führete uns von hier weiter in
die große assemblee bey der Comtessa di Balena, welche ietzt in
den Wochen lieget, und praesentirete uns sowol an die Gräfin,
als an ihren Herrn. Es waren 4 große Zimmer von bey-
derley Geschlecht ziemlich angefüllet, und wurden die rin-
freschi durch starck chamarirte Pagen reichlich herum gegeben.
dergleichen große assembleen werden hier nicht ordinair, sondern
nur bey Hochzeiten, bey Krancken und sterbenden, und bey
Wöchnerinnen gehalten, welche letztern von dem Tage der
Niederkunft an bis zu geendeten 6 Wochen dieses embarras
auszustehen haben. Doch ist diese mode bey sterbenden noch
paradoxer, wie [unleserliches Material]uns denn von dem Sardinischen Ambassadeur
vor gewiß erzehlet worden, daß manche mit der carte in
der Hand von dieser Welt Abschied genommen. Der Beschluß
dieses Abends wurde in der kleinen Conversation bey der
Duchessa di Matalone gemacht, woselbst wir, außer dem
frantzösischen Ambassadeur, nicht nur den von Rom seiner
Geschäfte wegen heute hier angekommenen Marchese Crescenzi,
sondern auch den Duca di Miranda antreffen. Dieser
letztere ist Ritter des Januarii Ordens, Ober-Stallmeister der
Königin und des Königs mignon. Er entschuldigte sich, daß er
bey unsrer heute ihm gegebenen Visite nicht zu Hause ge-
wesen, offerirete indeßen alles, was er vor sich und bey
Hofe vermöge, zu Illustrissimi Diensten. Der Comte di Sangro
mit seiner Gemahlin, ein alter corpulenter Herr, war
gleichfals gegenwärtig, und wurden wir durch den frantzösischen
Ambassadeur an ihn praesentiret. Er ist Ritter vom goldenen
Vließ, und des letzt verstorbenen Kaysers mignon gewesen,
nach deßen Tode er sich hieher in sein Vaterland begeben
hat. Seine 2 Brüder stehen in hiesigen Diensten als Gene-
ral Lieutenants, er selbst aber lebet als ein privatus,
und allegirete davon gegen uns die Ursach, daß er einen
all zu guten Herrn gehabt, und also keinem andern weiter
dienen wolle. Die Visiten, welche heute vor unserm quar-
tier gewesen, uns aber nicht zu Hause gefunden, sind
der frantzösische Ambassadeur, der principe di Matalone, der
Königliche Cammer Herr Marchese Bolognini, mit dem wir
den 18 hujus bey dem frantzösischen Ambassadeur gespeiset, und

gleichfals zum Besuch der Princessin in dem Sprach-Zimmer ein-
fanden. Der Comte Trivulzio führete uns von hier weiter in
die große assemblee bey der Comtessa di Balena, welche ietzt in
den Wochen lieget, und praesentirete uns sowol an die Gräfin,
als an ihren Herrn. Es waren 4 große Zimmer von bey-
derley Geschlecht ziemlich angefüllet, und wurden die rin-
freschi durch starck chamarirte Pagen reichlich herum gegeben.
dergleichen große assembleen werden hier nicht ordinair, sondern
nur bey Hochzeiten, bey Krancken und sterbenden, und bey
Wöchnerinnen gehalten, welche letztern von dem Tage der
Niederkunft an bis zu geendeten 6 Wochen dieses embarras
auszustehen haben. Doch ist diese mode bey sterbenden noch
paradoxer, wie [unleserliches Material]uns denn von dem Sardinischen Ambassadeur
vor gewiß erzehlet worden, daß manche mit der carte in
der Hand von dieser Welt Abschied genommen. Der Beschluß
dieses Abends wurde in der kleinen Conversation bey der
Duchessa di Matalone gemacht, woselbst wir, außer dem
frantzösischen Ambassadeur, nicht nur den von Rom seiner
Geschäfte wegen heute hier angekommenen Marchese Crescenzi,
sondern auch den Duca di Miranda antreffen. Dieser
letztere ist Ritter des Januarii Ordens, Ober-Stallmeister der
Königin und des Königs mignon. Er entschuldigte sich, daß er
bey unsrer heute ihm gegebenen Visite nicht zu Hause ge-
wesen, offerirete indeßen alles, was er vor sich und bey
Hofe vermöge, zu Illustrissimi Diensten. Der Comte di Sangro
mit seiner Gemahlin, ein alter corpulenter Herr, war
gleichfals gegenwärtig, und wurden wir durch den frantzösischen
Ambassadeur an ihn praesentiret. Er ist Ritter vom goldenen
Vließ, und des letzt verstorbenen Kaysers mignon gewesen,
nach deßen Tode er sich hieher in sein Vaterland begeben
hat. Seine 2 Brüder stehen in hiesigen Diensten als Gene-
ral Lieutenants, er selbst aber lebet als ein privatus,
und allegirete davon gegen uns die Ursach, daß er einen
all zu guten Herrn gehabt, und also keinem andern weiter
dienen wolle. Die Visiten, welche heute vor unserm quar-
tier gewesen, uns aber nicht zu Hause gefunden, sind
der frantzösische Ambassadeur, der principe di Matalone, der
Königliche Cammer Herr Marchese Bolognini, mit dem wir
den 18 hujus bey dem frantzösischen Ambassadeur gespeiset, und

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[0647] gleichfals zum Besuch der Princessin in dem Sprach-Zimmer ein- fanden. Der Comte Trivulzio führete uns von hier weiter in die große assemblee bey der Comtessa di Balena, welche ietzt in den Wochen lieget, und praesentirete uns sowol an die Gräfin, als an ihren Herrn. Es waren 4 große Zimmer von bey- derley Geschlecht ziemlich angefüllet, und wurden die rin- freschi durch starck chamarirte Pagen reichlich herum gegeben. Dergl: große assembleen werden hier nicht ordinair, sondern nur bey Hochzeiten, bey Krancken und sterbenden, und bey Wöchnerinnen gehalten, welche letztern von dem Tage der Niederkunft an bis zu geendeten 6 Wochen dieses embarras auszustehen haben. Doch ist diese mode bey sterbenden noch paradoxer, wie uns denn von dem Sardinischen Ambassadeur vor gewiß erzehlet worden, daß manche mit der carte in der Hand von dieser Welt Abschied genommen. Der Beschluß dieses Abends wurde in der kleinen Conversation bey der Duchessa di Matalone gemacht, woselbst wir, außer dem frantzösischen Ambassadeur, nicht nur den von Rom seiner Geschäfte wegen heute hier angekommenen Marchese Crescenzi, sondern auch den Duca di Miranda antreffen. Dieser letztere ist Ritter des Januarii Ordens, Ober-Stallmeister der Königin und des Königs mignon. Er entschuldigte sich, daß er bey unsrer heute ihm gegebenen Visite nicht zu Hause ge- wesen, offerirete indeßen alles, was er vor sich und bey Hofe vermöge, zu Illmi Diensten. Der Comte di Sangro mit seiner Gemahlin, ein alter corpulenter Herr, war gleichfals gegenwärtig, und wurden wir durch den frantzöl: Ambassadeur an ihn praesentiret. Er ist Ritter vom goldenen Vließ, und des letzt verstorbenen Kaysers mignon gewesen, nach deßen Tode er sich hieher in sein Vaterland begeben hat. Seine 2 Brüder stehen in hiesigen Diensten als Gene- ral Lieutenants, er selbst aber lebet als ein privatus, und allegirete davon gegen uns die Ursach, daß er einen all zu guten Herrn gehabt, und also keinem andern weiter dienen wolle. Die Visiten, welche heute vor unserm quar- tier gewesen, uns aber nicht zu Hause gefunden, sind der frantzöl: Ambassadeur, der principe di Matalone, der königl: Cammer H: Marchese Bolognini, mit dem wir d: 18 hujus bey dem frantzöl: Ambassadeur gespeiset, und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/647>, abgerufen am 23.11.2024.