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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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317
der Marchese Crescenzi.

Den 22 Februar

Gab der Duca di Miranda Illustrissimo die Gegen-Visite, wir hingegen
thaten dergleichen bey dem Marchese Crescenzi, und besahen sodann
in der Carmeliter Kirche die Grab Stäte deren bekanten unglücklichen
Printzen Conradini und Friderici. Ihre Cörper liegen hinter dem
hohen Altar in einer kleinen Capelle della Madonna del Carmine
genannt, die eigentliche Stelle aber ist um so viel weniger
bekannt, weil der kleine Grab-Stein von weißem Marmor
gegenwärtig aus der Mauer heraus genommen ist, und frey
in der Capelle lieget, daß man ihn von einem Ort zum
andern tragen kan. Die Schrift auf diesem Stein lautet also:

Qui giacono Corradino di
di Stouffen figlio dell' Imperatrice
Margaritha et di Corrado Re di Napoli,
ultimo de' Duchi dell' Imperadoria casa
di svevia, e Federico d' Asburgh, ultimo
de' Duchi d' Austria. anno 1269.

Daß diese Schrift aber viel neuer sey, als die Geschichte selbst, zei-
get sowol der Irrthum wegen des Hauses Habsburg, als die
Beschaffenheit der Buchstaben, welche im geringsten nicht
gothique sind, da man doch zu selbiger Zeit auf keine andre
Art zu schreiben pflegte. Die Stelle auf dem großen Platz
vor dem Closter, wo die Enthauptung dieser Printzen geschehen,
ist mt einer kleinen Capelle überbauet, in welcher diese
klägliche Geschichte en fresco auf die Wand gemahlet, auch eine
starcke Säule von rothem Porphyr darinn aufgerichtet ist,
um welcher man folgendes mit gothischen caracteren ein-
gegraben lieset:

Asturis ungue Leo pullum rapiens Aquilinum
Hic deplumavit, acephalumque dedit.

Aber wieder in das Carmeliter-Closter zurück zu kommen,
so finden sich in demselben noch 2 curiosa, nehmlich
1) Die Stelle auf welcher der in der Historie bekannte Rebelle
Thomas Aniello, insgemein Mazaniello genannt, er-
schoßen worden, nachem er 14 Tage hier den Meister
gespielet: 2) Das miraculose crucifix, welches den Kopf
geneiget, und mit dem gantzen Leibe am Creutzes-Holtz
sich mercklich herunter gerucket hat, um einer canonen-Kugel

317
der Marchese Crescenzi.

Den 22 Februar

Gab der Duca di Miranda Illustrissimo die Gegen-Visite, wir hingegen
thaten dergleichen bey dem Marchese Crescenzi, und besahen sodann
in der Carmeliter Kirche die Grab Stäte deren bekanten unglücklichen
Printzen Conradini und Friderici. Ihre Cörper liegen hinter dem
hohen Altar in einer kleinen Capelle della Madonna del Carmine
genannt, die eigentliche Stelle aber ist um so viel weniger
bekannt, weil der kleine Grab-Stein von weißem Marmor
gegenwärtig aus der Mauer heraus genommen ist, und frey
in der Capelle lieget, daß man ihn von einem Ort zum
andern tragen kan. Die Schrift auf diesem Stein lautet also:

Qui giacono Corradino di
di Stouffen figlio dell' Imperatrice
Margaritha et di Corrado Re di Napoli,
ultimo de' Duchi dell' Imperadoria casa
di svevia, e Federico d' Asburgh, ultimo
de' Duchi d' Austria. anno 1269.

Daß diese Schrift aber viel neuer sey, als die Geschichte selbst, zei-
get sowol der Irrthum wegen des Hauses Habsburg, als die
Beschaffenheit der Buchstaben, welche im geringsten nicht
gothique sind, da man doch zu selbiger Zeit auf keine andre
Art zu schreiben pflegte. Die Stelle auf dem großen Platz
vor dem Closter, wo die Enthauptung dieser Printzen geschehen,
ist mt einer kleinen Capelle überbauet, in welcher diese
klägliche Geschichte en fresco auf die Wand gemahlet, auch eine
starcke Säule von rothem Porphyr darinn aufgerichtet ist,
um welcher man folgendes mit gothischen caracteren ein-
gegraben lieset:

Asturis ungue Leo pullum rapiens Aquilinum
Hic deplumavit, acephalumque dedit.

Aber wieder in das Carmeliter-Closter zurück zu kommen,
so finden sich in demselben noch 2 curiosa, nehmlich
1) Die Stelle auf welcher der in der Historie bekannte Rebelle
Thomas Aniello, insgemein Mazaniello genannt, er-
schoßen worden, nachem er 14 Tage hier den Meister
gespielet: 2) Das miraculose crucifix, welches den Kopf
geneiget, und mit dem gantzen Leibe am Creutzes-Holtz
sich mercklich herunter gerucket hat, um einer canonen-Kugel

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[0648] 317 der Marchese Crescenzi. Den 22 F: Gab der Duca di Miranda Illmo die Gegen-Visite, wir hingegen thaten dergleichen bey dem Marchese Crescenzi, und besahen sodann in der Carmeliter Kirche die Grab Stäte deren bekanten unglücklichen Printzen Conradini und Friderici. Ihre Cörper liegen hinter dem hohen Altar in einer kleinen Capelle della Madonna del Carmine genannt, die eigentliche Stelle aber ist um so viel weniger bekannt, weil der kleine Grab-Stein von weißem Marmor gegenwärtig aus der Mauer heraus genommen ist, und frey in der Capelle lieget, daß man ihn von einem Ort zum andern tragen kan. Die Schrift auf diesem Stein lautet also: Qui giacono Corradino di Stouffen figlio dell' Imperatrice Margaritha et di Corrado Re di Napoli, ultimo de' Duchi dell' Imperadoria casa di svevia, e Federico d' Asburgh, ultimo de' Duchi d' Austria. ao 1269. Daß diese Schrift aber viel neuer sey, als die Geschichte selbst, zei- get sowol der Irrthum wegen des Hauses Habsburg, als die Beschaffenheit der Buchstaben, welche im geringsten nicht gothique sind, da man doch zu selbiger Zeit auf keine andre Art zu schreiben pflegte. Die Stelle auf dem großen Platz vor dem Closter, wo die Enthauptung dieser Printzen geschehen, ist mt einer kleinen Capelle überbauet, in welcher diese klägliche Geschichte en fresco auf die Wand gemahlet, auch eine starcke Säule von rothem Porphyr darinn aufgerichtet ist, um welche man folgendes mit gothischen caracteren ein- gegraben lieset: Asturis ungue Leo pullum rapiens Aquilinum Hic deplumavit, acephalumque dedit. Aber wieder in das Carmeliter-Closter zurück zu kommen, so finden sich in demselben noch 2 curiosa, nehmlich 1) Die Stelle auf welcher der in der Historie bekannte Rebelle Thomas Aniello, insgemein Mazaniello genannt, er- schoßen worden, nachem er 14 Tage hier den Meister gespielet: 2) Das miraculose crucifix, welches den Kopf geneiget, und mit dem gantzen Leibe am Creutzes-Holtz sich mercklich herunter gerucket hat, um einer canonen-Kugel

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/648>, abgerufen am 23.11.2024.