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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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hieher gebracht worden sey. Bey welchem Vorgeben es ein Wunder
ist, daß noch Niemanden eingefallen, das Lorettische Marien-
Haus mit diesem Bilde zu meubliren. In schon gedachter
Nachricht wird ferner vorgegeben, daß Petrus, Sylvester, Gre-
gorius I. und andere alte heile Päbste in eben dieser Capelle
vielfältige geistl: Functiones verrichtet, welches sich, was Petrum
betrifft, zu demjenigen sehr übel schicket, was man selbst hier
bey Gelegenheit derer Catacomben von dem unterirdischen
Gottes-Dienst der ersten Christen zu erzehlen pfleget.
Montag und Dienstag sind keine Anmerckungswürdige Functiones.

Mittwochs

wohneten wir in der Päbstl: Capelle auf dem Quirinal dem so-
genannten miserere bey. Es bestehet solches in einer Vocal-music,
da nehml: das in dem Röml: breviario auf diesen Tag vorge-
schriebene Passions-Officium abgesungen wird. Die Stimmen
sind gröstentheils schön, und verschiedene melodeien, sonderl:
des Schluß-Psalms, gantz beweglich. Der Pabst erscheinet dabey in
der sogenannten cappa maggiore, welches ein langer rother
mit weißen Hermelin gefütterter Talar ist, deßen oben
im Nacken fest gemachte Kappe, wie bey der Mönchs-Kleidung
gewöhnlich, über den Kopf gezogen werden kan. Außer denen
6 Wachs-Kertzen, welche bey dieser Ceremonie auf dem Altar,
und 6 andern, welche oben auf dem Gitter zwischen dem
Chor und dem Uberrest der Capelle brennen, stehet lincker
Hand des Altars noch ein besonderer Arm-Leuchter mit 15 bren-
nenden Kertzen. Diese 15 Kertzen werden unter währenden
Gesange von beyden Seiten nach der mitte zu, eines nach
de[unleserliches Material]r andern, per intervalla ausgelöschet, und wenn
der Schluß-Psalm miserere mei angehet, so nimmt man
nicht nur d[unleserliches Material]ie mittelste, iedoch brennend, gar herunter, und
trägt [unleserliches Material]sie bey Seite, sondern löschet auch die Lichter auf dem
Altar und auf dem vorgedachten Gitter auf einmal aus.
Nach geendetem Gesang, klopfen alle Anwesenden und der
Pabst selbst auf die in Händen habende Bücher, oder auf
die Bäncke, und wird also die gantze Function mit einem
Getöse und Geklapper beschloßen. Wir haben uns sowol in

hieher gebracht worden sey. Bey welchem Vorgeben es ein Wunder
ist, daß noch Niemanden eingefallen, das Lorettische Marien-
Haus mit diesem Bilde zu meubliren. In schon gedachter
Nachricht wird ferner vorgegeben, daß Petrus, Sylvester, Gre-
gorius I. und andere alte heile Päbste in eben dieser Capelle
vielfältige geistl: Functiones verrichtet, welches sich, was Petrum
betrifft, zu demjenigen sehr übel schicket, was man selbst hier
bey Gelegenheit derer Catacomben von dem unterirdischen
Gottes-Dienst der ersten Christen zu erzehlen pfleget.
Montag und Dienstag sind keine Anmerckungswürdige Functiones.

Mittwochs

wohneten wir in der Päbstl: Capelle auf dem Quirinal dem so-
genannten miserere bey. Es bestehet solches in einer Vocal-music,
da nehml: das in dem Röml: breviario auf diesen Tag vorge-
schriebene Passions-Officium abgesungen wird. Die Stimmen
sind gröstentheils schön, und verschiedene melodeien, sonderl:
des Schluß-Psalms, gantz beweglich. Der Pabst erscheinet dabey in
der sogenannten cappa maggiore, welches ein langer rother
mit weißen Hermelin gefütterter Talar ist, deßen oben
im Nacken fest gemachte Kappe, wie bey der Mönchs-Kleidung
gewöhnlich, über den Kopf gezogen werden kan. Außer denen
6 Wachs-Kertzen, welche bey dieser Ceremonie auf dem Altar,
und 6 andern, welche oben auf dem Gitter zwischen dem
Chor und dem Uberrest der Capelle brennen, stehet lincker
Hand des Altars noch ein besonderer Arm-Leuchter mit 15 bren-
nenden Kertzen. Diese 15 Kertzen werden unter währenden
Gesange von beyden Seiten nach der mitte zu, eines nach
de[unleserliches Material]r andern, per intervalla ausgelöschet, und wenn
der Schluß-Psalm miserere mei angehet, so nimmt man
nicht nur d[unleserliches Material]ie mittelste, iedoch brennend, gar herunter, und
trägt [unleserliches Material]sie bey Seite, sondern löschet auch die Lichter auf dem
Altar und auf dem vorgedachten Gitter auf einmal aus.
Nach geendetem Gesang, klopfen alle Anwesenden und der
Pabst selbst auf die in Händen habende Bücher, oder auf
die Bäncke, und wird also die gantze Function mit einem
Getöse und Geklapper beschloßen. Wir haben uns sowol in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/705>, abgerufen am 24.11.2024.