Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].deßen 4 von bronce mit schönsten bas reliefs verfertigte Thüren, "Vor 8 Tagen habe er denen Zuhörern erklähret, warum die aller= deßen 4 von bronce mit schönsten bas reliefs verfertigte Thüren, „Vor 8 Tagen habe er denen Zuhörern erklähret, warum die aller= <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0735"/> deßen 4 von bronce mit schönsten bas reliefs verfertigte Thüren,<lb/> passireten auch, nach abgelegten Seiten Gewehr, 2 mal durch dieses Hei-<lb/> ligthum hindurch, und höreten darauf die Vesper=Cantate durch einen<lb/> Castraten unter accompagnirung der Orgel absingen. Und weil alle<lb/> Sonnabend nach dieser Vesper von einem Jesuiten, welcher Orden<lb/> diese Kirche mit dem Beicht Vater <subst><del rendition="#s">zweymal</del><add place="superlinear"> = Amt</add></subst> zu bedienen hat, ein<lb/> Italiänischer Sermon gehalten wird, deßen Haupt Inhalt iedes-<lb/> mal ein von der Madonna gewürcktes miracul seyn muß;<lb/> so profitireten wir von der Gelegenheit, auch denselben mit<lb/> anzuhören. Der Prediger saß auf einem etwas erhöhet pla-<lb/> cirten Lehn=Stuhl, auf der Seite des Fensters von der Casa<lb/> Santa, und das zuhörende, mehrentheils gemeine LandVolck for-<lb/> mirete vor ihm einen halben Circul. Der Inhalt seiner Rede war<lb/> folgender. </p><lb/> <p> „Vor 8 Tagen habe er denen Zuhörern erklähret, warum die aller=<lb/> „heiligste Jungfrau Stella maris genennet werde: Vorietzo<lb/> „gedencke er zu zeigen, warum sie auch bey der Christ-catholischen<lb/> „Kirche <hi rendition="#u">Stella matutina</hi> heiße. Der Morgen-Stern gehe vor<lb/> „dem Aufgang der Sonnen her, vertriebe die Finsternüß, und sey<lb/> „gleichsam die Mutter des Tages. Die H. Jungfrau verdiene<lb/> „also den Nahmen des Morgen-Sterns 1.) in Absicht auf Gott, da<lb/> „sie Christum, die Sonne der Gerechtigkeit, zur Welt gebohren, und<lb/> „2.) in Absicht auf die Menschen, bey denen sie durch Eingebung guter<lb/> „Gedancken und Vorsätze die geistliche Finsterniß vertreibe, und<lb/> „ih<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">ne</add></subst>n auch durch die Nacht mancher Leiblicher Trübsalen hindurch<lb/> „helffe. Daß Sie gegen die Menschen, sich mit der That also erzeige,<lb/> „solches wurde durch folgende Wunder=Geschichte erwiesen. Ein<lb/> „Jüngling, aus Turin bürtig, habe sich mit guten Mitteln in die<lb/> „Fremde begeben, aber das Unglück gehabt, auf solcher Reise das<lb/> „Seinige durch Straßen=Räuber zu verlieren. Als er nun<lb/> „darauf in seine Geburts Stadt zurück gekehret, in Hoffnung, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0735]
deßen 4 von bronce mit schönsten bas reliefs verfertigte Thüren,
passireten auch, nach abgelegten Seiten Gewehr, 2 mal durch dieses Hei-
ligthum hindurch, und höreten darauf die Vesper=Cantate durch einen
Castraten unter accompagnirung der Orgel absingen. Und weil alle
Sonnabend nach dieser Vesper von einem Jesuiten, welcher Orden
diese Kirche mit dem Beicht Vater = Amt zu bedienen hat, ein
Italiänischer Sermon gehalten wird, deßen Haupt Inhalt iedes-
mal ein von der Madonna gewürcktes miracul seyn muß;
so profitireten wir von der Gelegenheit, auch denselben mit
anzuhören. Der Prediger saß auf einem etwas erhöhet pla-
cirten Lehn=Stuhl, auf der Seite des Fensters von der Casa
Santa, und das zuhörende, mehrentheils gemeine LandVolck for-
mirete vor ihm einen halben Circul. Der Inhalt seiner Rede war
folgender.
„Vor 8 Tagen habe er denen Zuhörern erklähret, warum die aller=
„heiligste Jungfrau Stella maris genennet werde: Vorietzo
„gedencke er zu zeigen, warum sie auch bey der Christ-catholischen
„Kirche Stella matutina heiße. Der Morgen-Stern gehe vor
„dem Aufgang der Sonnen her, vertriebe die Finsternüß, und sey
„gleichsam die Mutter des Tages. Die H. Jungfrau verdiene
„also den Nahmen des Morgen-Sterns 1.) in Absicht auf Gott, da
„sie Christum, die Sonne der Gerechtigkeit, zur Welt gebohren, und
„2.) in Absicht auf die Menschen, bey denen sie durch Eingebung guter
„Gedancken und Vorsätze die geistliche Finsterniß vertreibe, und
„ihnen auch durch die Nacht mancher Leiblicher Trübsalen hindurch
„helffe. Daß Sie gegen die Menschen, sich mit der That also erzeige,
„solches wurde durch folgende Wunder=Geschichte erwiesen. Ein
„Jüngling, aus Turin bürtig, habe sich mit guten Mitteln in die
„Fremde begeben, aber das Unglück gehabt, auf solcher Reise das
„Seinige durch Straßen=Räuber zu verlieren. Als er nun
„darauf in seine Geburts Stadt zurück gekehret, in Hoffnung,
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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