Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].383 römischer Stucco. Arbeit hin und wieder in denen Zimmern gezieretist. Die Kayserliche curassiers aber und andre militz, welche von Zeit zu Zeit in diesem palais, als in einer Caserne, gelegen, haben so Hauß gehalten, daß das meiste einem Stall ähnlich worden ist. In einer Grotte am Garten fanden wir ein paar kleine Scorpionen, welches die ersten sind, deren wir in Italien ansichtig worden. Lincker Hand des Stadt Thors, durch welches man zu dem ietzt beschriebenen palais hinaus fähret, kan man jenseit des Flußes Mincio das Dorff Pietola liegen sehen, welches ehemalen Andes geheißen, und der Gebuhrts= Ort des großen Virgilii gewesen. Daher auch die nahe bey diesem Dorff gelegene hertzogliche menagerie Virgiliana genennet wird. Zwischen Mantua und Brescia passiret man durch die an dem Lago di Garda gelegene kleine venetianische Vestung Peschiera, und so dann noch ein gut Stück an diesem See hinauf, in welchem schöne Forellen und andre gute Fische gefangen werden. Brescia und Bergamo dahin der Weg steinigter wird, und man dem Gebürge näher kommt, enthalten nichts besonders merckwürdiges. An dem ersten Ort haben wir die Gewehr=Fabriquen besuchet, aber diesmal nichts fertiges gefunden, daß die Kosten eines weiten transports ver dienet hätte. Der Dohm wird neu aufgeführet, und dem Ansehen nach, ein sehr schönes Gebäude werden. Die hiesige noblesse soll sehr frey leben, und gewaltig spielen, wie denn in einem Caffee Hause bey letztem carnaval 3 cavalieri in einem Abend über dem Spiel erschoßen worden. Die wohl fortificirte Stadt Bergamo lieget auf der Höhe, unter dem Berge aber sind etliche wohlgebauete Vorstädte oder Burghi. Unser quartier war in dem Burgho S. Leonardo, nicht weit von dem Schwetzerischen Kauffman Pestalozzo, an den wir von unserm venetianischen Banquier addressiret waren. Er ist von Zürch, und sind noch 3 ander Zürcher Kauffleute hier, deren Vorfahren der Reli gion wegen aus Italien gewichen, und zu Zürch Seiden=Fabriquen angeleget haben, welche von denen hier wohnenden mit Seide fourniret werden. Wir fanden in diesem Burg[unleserliches Material]ho abermal ei- nen sehr schönen ins quadrat gebaueten Marckt, der noch größer ist, als der veronesische. Als eine recht gute invention haben wir 383 römischer Stucco. Arbeit hin und wieder in denen Zimmern gezieretist. Die Kayserliche curassiers aber und andre militz, welche von Zeit zu Zeit in diesem palais, als in einer Caserne, gelegen, haben so Hauß gehalten, daß das meiste einem Stall ähnlich worden ist. In einer Grotte am Garten fanden wir ein paar kleine Scorpionen, welches die ersten sind, deren wir in Italien ansichtig worden. Lincker Hand des Stadt Thors, durch welches man zu dem ietzt beschriebenen palais hinaus fähret, kan man jenseit des Flußes Mincio das Dorff Pietola liegen sehen, welches ehemalen Andes geheißen, und der Gebuhrts= Ort des großen Virgilii gewesen. Daher auch die nahe bey diesem Dorff gelegene hertzogliche menagerie Virgiliana genennet wird. Zwischen Mantua und Brescia passiret man durch die an dem Lago di Garda gelegene kleine venetianische Vestung Peschiera, und so dann noch ein gut Stück an diesem See hinauf, in welchem schöne Forellen und andre gute Fische gefangen werden. Brescia und Bergamo dahin der Weg steinigter wird, und man dem Gebürge näher kommt, enthalten nichts besonders merckwürdiges. An dem ersten Ort haben wir die Gewehr=Fabriquen besuchet, aber diesmal nichts fertiges gefunden, daß die Kosten eines weiten transports ver dienet hätte. Der Dohm wird neu aufgeführet, und dem Ansehen nach, ein sehr schönes Gebäude werden. Die hiesige noblesse soll sehr frey leben, und gewaltig spielen, wie denn in einem Caffée Hause bey letztem carnaval 3 cavalieri in einem Abend über dem Spiel erschoßen worden. Die wohl fortificirte Stadt Bergamo lieget auf der Höhe, unter dem Berge aber sind etliche wohlgebauete Vorstädte oder Burghi. Unser quartier war in dem Burgho S. Leonardo, nicht weit von dem Schwetzerischen Kauffman Pestalozzo, an den wir von unserm venetianischen Banquier addressiret waren. Er ist von Zürch, und sind noch 3 ander Zürcher Kauffleute hier, deren Vorfahren der Reli gion wegen aus Italien gewichen, und zu Zürch Seiden=Fabriquen angeleget haben, welche von denen hier wohnenden mit Seide fourniret werden. Wir fanden in diesem Burg[unleserliches Material]ho abermal ei- nen sehr schönen ins quadrat gebaueten Marckt, der noch größer ist, als der veronesische. Als eine recht gute invention haben wir <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0780"/><fw type="folNum" place="top">383</fw><lb/> römischer Stucco. Arbeit hin und wieder in denen Zimmern gezieret<lb/> ist. Die Kayserliche curassiers aber und andre militz, welche von<lb/> Zeit zu Zeit in diesem palais, als in einer Caserne, gelegen, haben so<lb/> Hauß gehalten, daß das meiste einem Stall ähnlich worden ist.<lb/> In einer Grotte am Garten fanden wir ein paar kleine Scorpionen,<lb/> welches die ersten sind, deren wir in Italien ansichtig worden.<lb/> Lincker Hand des Stadt Thors, durch welches man zu dem ietzt beschriebenen<lb/> palais hinaus fähret, kan man jenseit des Flußes Mincio da<hi rendition="#u">s Dorff<lb/> Pietola</hi> liegen sehen, welches ehemalen Andes geheißen, und der Gebuhrts=<lb/> Ort des großen Virgilii gewesen. Daher auch die nahe bey diesem Dorff<lb/> gelegene hertzogliche menagerie Virgiliana genennet wird.<lb/> Zwischen Mantua und Brescia passiret man durch die an dem <hi rendition="#u">Lago di<lb/> Garda</hi> gelegene kleine venetianische Vestung <hi rendition="#u">Peschiera</hi>, und so dann<lb/> noch ein gut Stück an diesem See hinauf, in welchem schöne Forellen<lb/> und andre gute Fische gefangen werden. <hi rendition="#u">Brescia</hi> und <hi rendition="#u">Bergamo</hi><lb/> dahin der Weg steinigter wird, und man dem Gebürge näher kommt,<lb/> enthalten nichts besonders merckwürdiges. An dem ersten Ort<lb/> haben wir die Gewehr=Fabriquen besuchet, aber diesmal nichts<lb/> fertiges gefunden, daß die Kosten eines weiten transports ver<lb/> dienet hätte. Der Dohm wird neu aufgeführet, und dem Ansehen<lb/> nach, ein sehr schönes Gebäude werden. Die hiesige noblesse soll<lb/> sehr frey leben, und gewaltig spielen, wie denn in einem Caffée<lb/> Hause bey letztem carnaval 3 cavalieri in einem Abend über<lb/> dem Spiel erschoßen worden. Die wohl fortificirte Stadt<lb/><hi rendition="#u">Bergamo</hi> lieget auf der Höhe, unter dem Berge aber sind etliche<lb/> wohlgebauete Vorstädte oder Burghi. Unser quartier war<lb/> in dem Burgho S. Leonardo, nicht weit von dem Schwetzerischen<lb/> Kauffman Pestalozzo, an den wir von unserm venetianischen<lb/> Banquier addressiret waren. Er ist von Zürch, und sind noch<lb/> 3 ander Zürcher Kauffleute hier, deren Vorfahren der Reli<lb/> gion wegen aus Italien gewichen, und zu Zürch Seiden=Fabriquen<lb/> angeleget haben, welche von denen hier wohnenden mit Seide<lb/> fourniret werden. Wir fanden in diesem Burg<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">ho</add></subst> abermal ei-<lb/> nen sehr schönen ins quadrat gebaueten Marckt, der noch größer<lb/> ist, als der veron<add place="superlinear">e</add>sische. Als eine recht gute invention haben wir </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0780]
383
römischer Stucco. Arbeit hin und wieder in denen Zimmern gezieret
ist. Die Kayserliche curassiers aber und andre militz, welche von
Zeit zu Zeit in diesem palais, als in einer Caserne, gelegen, haben so
Hauß gehalten, daß das meiste einem Stall ähnlich worden ist.
In einer Grotte am Garten fanden wir ein paar kleine Scorpionen,
welches die ersten sind, deren wir in Italien ansichtig worden.
Lincker Hand des Stadt Thors, durch welches man zu dem ietzt beschriebenen
palais hinaus fähret, kan man jenseit des Flußes Mincio das Dorff
Pietola liegen sehen, welches ehemalen Andes geheißen, und der Gebuhrts=
Ort des großen Virgilii gewesen. Daher auch die nahe bey diesem Dorff
gelegene hertzogliche menagerie Virgiliana genennet wird.
Zwischen Mantua und Brescia passiret man durch die an dem Lago di
Garda gelegene kleine venetianische Vestung Peschiera, und so dann
noch ein gut Stück an diesem See hinauf, in welchem schöne Forellen
und andre gute Fische gefangen werden. Brescia und Bergamo
dahin der Weg steinigter wird, und man dem Gebürge näher kommt,
enthalten nichts besonders merckwürdiges. An dem ersten Ort
haben wir die Gewehr=Fabriquen besuchet, aber diesmal nichts
fertiges gefunden, daß die Kosten eines weiten transports ver
dienet hätte. Der Dohm wird neu aufgeführet, und dem Ansehen
nach, ein sehr schönes Gebäude werden. Die hiesige noblesse soll
sehr frey leben, und gewaltig spielen, wie denn in einem Caffée
Hause bey letztem carnaval 3 cavalieri in einem Abend über
dem Spiel erschoßen worden. Die wohl fortificirte Stadt
Bergamo lieget auf der Höhe, unter dem Berge aber sind etliche
wohlgebauete Vorstädte oder Burghi. Unser quartier war
in dem Burgho S. Leonardo, nicht weit von dem Schwetzerischen
Kauffman Pestalozzo, an den wir von unserm venetianischen
Banquier addressiret waren. Er ist von Zürch, und sind noch
3 ander Zürcher Kauffleute hier, deren Vorfahren der Reli
gion wegen aus Italien gewichen, und zu Zürch Seiden=Fabriquen
angeleget haben, welche von denen hier wohnenden mit Seide
fourniret werden. Wir fanden in diesem Burgho abermal ei-
nen sehr schönen ins quadrat gebaueten Marckt, der noch größer
ist, als der veronesische. Als eine recht gute invention haben wir
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |