und weshalb man sich, zur Befriedigung seiner Neu- gierde, mit den unvollkommenen Nachlaß einiger alten Naturgeschichtschreiber, und mit der Verglei- chung ihrer Beschreibungen, mit ähnlichen aber oft trüglichen Naturbegebenheiten beruhigen muß, so versenkt sich endlich das fernere Nachdenken in lauter Dunkelheit.
Dieses vorerwähnte Zeitalter und der Zustand gewisser Erdstriche, verglichen mit der völlig erwie- senen Wachsthums- und Lebenszeit einer Kapital- Eiche von ihrem Entstehen aus dem Saamen an bis zu der größten Vollkommenheit, worin wir sie antref- fen, und als gutes Holz nutzen können, beweißt of- fenbar, daß wir aufjede einzelne gesunde völlig aus- gewachsene Eiche wenigstens eine Zeit von 300 Jah- ren annehmen müssen, ob gleich man hin und wie- der Eichen von 500 Jahren aufweisen zu können behaupten will. Freylich ist dies eine unangenehme und schlimme Wahrheit für alle Holzverwüster, und alle diejenigen Nutzungsbegierigen, welche die Ei- chen zum Bau- und Schiffsholz in weit kürzerer Zeit zur Vollkommenheit zu bringen verlangen, so wie auch für diejenigen Großsprecher, welche sol- ches leisten zu wollen versprechen. Eben so belehrend ist diese sich auf Erfahrung gründende Wahrheit für eine andere Art von Forstleuten, welche das We- sentliche und Vortheilhafte der Forstnutzung ohne Unterschied in der Eichenzucht allein und schlechter- dings gesetzt wissen wollen, ohne diese sie an die so
späte
und weshalb man ſich, zur Befriedigung ſeiner Neu- gierde, mit den unvollkommenen Nachlaß einiger alten Naturgeſchichtſchreiber, und mit der Verglei- chung ihrer Beſchreibungen, mit aͤhnlichen aber oft truͤglichen Naturbegebenheiten beruhigen muß, ſo verſenkt ſich endlich das fernere Nachdenken in lauter Dunkelheit.
Dieſes vorerwaͤhnte Zeitalter und der Zuſtand gewiſſer Erdſtriche, verglichen mit der voͤllig erwie- ſenen Wachsthums- und Lebenszeit einer Kapital- Eiche von ihrem Entſtehen aus dem Saamen an bis zu der groͤßten Vollkommenheit, worin wir ſie antref- fen, und als gutes Holz nutzen koͤnnen, beweißt of- fenbar, daß wir aufjede einzelne geſunde voͤllig aus- gewachſene Eiche wenigſtens eine Zeit von 300 Jah- ren annehmen muͤſſen, ob gleich man hin und wie- der Eichen von 500 Jahren aufweiſen zu koͤnnen behaupten will. Freylich iſt dies eine unangenehme und ſchlimme Wahrheit fuͤr alle Holzverwuͤſter, und alle diejenigen Nutzungsbegierigen, welche die Ei- chen zum Bau- und Schiffsholz in weit kuͤrzerer Zeit zur Vollkommenheit zu bringen verlangen, ſo wie auch fuͤr diejenigen Großſprecher, welche ſol- ches leiſten zu wollen verſprechen. Eben ſo belehrend iſt dieſe ſich auf Erfahrung gruͤndende Wahrheit fuͤr eine andere Art von Forſtleuten, welche das We- ſentliche und Vortheilhafte der Forſtnutzung ohne Unterſchied in der Eichenzucht allein und ſchlechter- dings geſetzt wiſſen wollen, ohne dieſe ſie an die ſo
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und weshalb man ſich, zur Befriedigung ſeiner Neu-
gierde, mit den unvollkommenen Nachlaß einiger
alten Naturgeſchichtſchreiber, und mit der Verglei-
chung ihrer Beſchreibungen, mit aͤhnlichen aber oft
truͤglichen Naturbegebenheiten beruhigen muß, ſo
verſenkt ſich endlich das fernere Nachdenken in lauter
Dunkelheit.
Dieſes vorerwaͤhnte Zeitalter und der Zuſtand
gewiſſer Erdſtriche, verglichen mit der voͤllig erwie-
ſenen Wachsthums- und Lebenszeit einer Kapital-
Eiche von ihrem Entſtehen aus dem Saamen an bis zu
der groͤßten Vollkommenheit, worin wir ſie antref-
fen, und als gutes Holz nutzen koͤnnen, beweißt of-
fenbar, daß wir aufjede einzelne geſunde voͤllig aus-
gewachſene Eiche wenigſtens eine Zeit von 300 Jah-
ren annehmen muͤſſen, ob gleich man hin und wie-
der Eichen von 500 Jahren aufweiſen zu koͤnnen
behaupten will. Freylich iſt dies eine unangenehme
und ſchlimme Wahrheit fuͤr alle Holzverwuͤſter, und
alle diejenigen Nutzungsbegierigen, welche die Ei-
chen zum Bau- und Schiffsholz in weit kuͤrzerer
Zeit zur Vollkommenheit zu bringen verlangen, ſo
wie auch fuͤr diejenigen Großſprecher, welche ſol-
ches leiſten zu wollen verſprechen. Eben ſo belehrend
iſt dieſe ſich auf Erfahrung gruͤndende Wahrheit fuͤr
eine andere Art von Forſtleuten, welche das We-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/264>, abgerufen am 16.07.2024.
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