ren von Wahrheiten, die unsere natürliche Man- dragora außer allen Zweifel setzen, und von allen andern völlig erdichteten Mandragoren deutlich unterscheiden. Die letztern waren ohnehin von ei- ner so widersinnigen Beschaffenheit, daß der aller- mäßigste Verstand an ihren Daseyn zweifeln konnte. Doch verliert sich beynahe alle Untersuchung in der Dunkelheit der allerersten oder doch sehr entfernten Zeiten. Glauben darf man indessen keinesweges, als ob alles dasjenige, was von so verschiedenen Schriftstellern in ganz verschiedener Absicht, in den auf einander folgenden Zeitaltern, von nur besagten Umständen aufgezeichnet worden, durchgehends gleichen Eingang gefunden habe, daß man die An- häufung von den abergläubischen auch damit ab- wechselnden philologischen Verwirrungen nicht viel- mehr vorlängst, sogar unter den arabischen und etli- chen andern morgenländischen Naturkundigern, Aerzten und Geschichtschreibern angemerkt, auch zum Theil, nach Auswahl des einzelnen noch darin- nen sehr versteckten brauchbaren Guten, als falsch und ungereimt öffentlich verworfen haben sollte, obschon die Unvernunft, wie gewöhnlich, bey der damaligen gemeinen Welt, noch immer die Ober- hand behalten hat. Die Ueberbleibsel von allen diesen bestätigen sich durch die Geschichte, daß man davon mit Wahrheit sagen kann, es sey fast etwas überaus seltenes, unter den theologischen, medici- nischen, philologisch-kritischen und übrigen ausle-
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ren von Wahrheiten, die unſere natuͤrliche Man- dragora außer allen Zweifel ſetzen, und von allen andern voͤllig erdichteten Mandragoren deutlich unterſcheiden. Die letztern waren ohnehin von ei- ner ſo widerſinnigen Beſchaffenheit, daß der aller- maͤßigſte Verſtand an ihren Daſeyn zweifeln konnte. Doch verliert ſich beynahe alle Unterſuchung in der Dunkelheit der allererſten oder doch ſehr entfernten Zeiten. Glauben darf man indeſſen keinesweges, als ob alles dasjenige, was von ſo verſchiedenen Schriftſtellern in ganz verſchiedener Abſicht, in den auf einander folgenden Zeitaltern, von nur beſagten Umſtaͤnden aufgezeichnet worden, durchgehends gleichen Eingang gefunden habe, daß man die An- haͤufung von den aberglaͤubiſchen auch damit ab- wechſelnden philologiſchen Verwirrungen nicht viel- mehr vorlaͤngſt, ſogar unter den arabiſchen und etli- chen andern morgenlaͤndiſchen Naturkundigern, Aerzten und Geſchichtſchreibern angemerkt, auch zum Theil, nach Auswahl des einzelnen noch darin- nen ſehr verſteckten brauchbaren Guten, als falſch und ungereimt oͤffentlich verworfen haben ſollte, obſchon die Unvernunft, wie gewoͤhnlich, bey der damaligen gemeinen Welt, noch immer die Ober- hand behalten hat. Die Ueberbleibſel von allen dieſen beſtaͤtigen ſich durch die Geſchichte, daß man davon mit Wahrheit ſagen kann, es ſey faſt etwas uͤberaus ſeltenes, unter den theologiſchen, medici- niſchen, philologiſch-kritiſchen und uͤbrigen ausle-
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ren von Wahrheiten, die unſere natuͤrliche Man-
dragora außer allen Zweifel ſetzen, und von allen
andern voͤllig erdichteten Mandragoren deutlich
unterſcheiden. Die letztern waren ohnehin von ei-
ner ſo widerſinnigen Beſchaffenheit, daß der aller-
maͤßigſte Verſtand an ihren Daſeyn zweifeln konnte.
Doch verliert ſich beynahe alle Unterſuchung in der
Dunkelheit der allererſten oder doch ſehr entfernten
Zeiten. Glauben darf man indeſſen keinesweges,
als ob alles dasjenige, was von ſo verſchiedenen
Schriftſtellern in ganz verſchiedener Abſicht, in den
auf einander folgenden Zeitaltern, von nur beſagten
Umſtaͤnden aufgezeichnet worden, durchgehends
gleichen Eingang gefunden habe, daß man die An-
haͤufung von den aberglaͤubiſchen auch damit ab-
wechſelnden philologiſchen Verwirrungen nicht viel-
mehr vorlaͤngſt, ſogar unter den arabiſchen und etli-
chen andern morgenlaͤndiſchen Naturkundigern,
Aerzten und Geſchichtſchreibern angemerkt, auch
zum Theil, nach Auswahl des einzelnen noch darin-
nen ſehr verſteckten brauchbaren Guten, als falſch
und ungereimt oͤffentlich verworfen haben ſollte,
obſchon die Unvernunft, wie gewoͤhnlich, bey der
damaligen gemeinen Welt, noch immer die Ober-
hand behalten hat. Die Ueberbleibſel von allen
dieſen beſtaͤtigen ſich durch die Geſchichte, daß man
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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