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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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schlinget es. Bey marschirenden Truppen geschiehet
solches unverwehret: sie lassen das mit sich führende
Vieh fressen, wo das Getreide am dickesten ist, da es bey
denen Händlern wohl die Nacht geschiehet. Und mitler-
weile das Vieh frisset, so ruhen die Treiber, und wenn
das Vieh sich satt gefressen, und nun nach §. 12. Muße
zum Wiederkauen bedarf; so wird es hitzig fortgetrie-
ben, und das um so viel geschwinder, je mehr der
Treiber glaubt, daß es solches nach einer guten Mahl-
zeit desto füglicher bewerkstelligen könne. Folglich
wird das nach dem Fraß so höchst nöthige Wieder-
kauen (§. 8.) und also auch die Verdauung unterbro-
chen, da dann die erst genossene Speise in dem großen
Magen ungewiederkauet liegen bleibet. Und wenn
es denn auch, nachdem es einen hitzigen Marsch ge-
than, Ruhe zum Wiederkauen bekommt; so ist es
alsdenn viel zu spät, weil alsdenn nach §. 9. und 10.
keine Ructus mehr erfolgen, oder, wie sehr wahr-
scheinlich zu vermuthen: daß das im Wanste vorhan-
dene viele rohe Futter zu fermentiren anfängt, und
den Kopfjammer oder die Maulklemme erreget: und
folglich, da doch nach §. 11. das Wiederkauen auf
den Blättermagen nicht würken, und der darinnen
verhaltenen Speise also keinen Druck geben kann, zu-
mahl, wie angemerket worden, die drey verschiedene
Mägen vor sich keine Kraft, sondern ihre Bewegung
durch ihre Verbindung mit dem Wiederkauen nach
§. 8. 9. 10. 11. haben, nicht das geringste von Spei-
se und Feuchtigkeit in den vierten Magen und in die
Gedärme übergehet, eine heftige Gährung und Fer-
mentation, und nachhero der Brand in dem Leibe
entstehen muß. Da denn diesen Umständen nach,
das kranke Vieh nach §. 3., erstaunend zu dampfen
anfängt, und nichts anders als giftige und anstecken-
de Dünste von sich hauchet, welche sich durch die
Luft auf den nähesten zum nähern Gegenstande seines

Ge-

ſchlinget es. Bey marſchirenden Truppen geſchiehet
ſolches unverwehret: ſie laſſen das mit ſich fuͤhrende
Vieh freſſen, wo das Getreide am dickeſten iſt, da es bey
denen Haͤndlern wohl die Nacht geſchiehet. Und mitler-
weile das Vieh friſſet, ſo ruhen die Treiber, und wenn
das Vieh ſich ſatt gefreſſen, und nun nach §. 12. Muße
zum Wiederkauen bedarf; ſo wird es hitzig fortgetrie-
ben, und das um ſo viel geſchwinder, je mehr der
Treiber glaubt, daß es ſolches nach einer guten Mahl-
zeit deſto fuͤglicher bewerkſtelligen koͤnne. Folglich
wird das nach dem Fraß ſo hoͤchſt noͤthige Wieder-
kauen (§. 8.) und alſo auch die Verdauung unterbro-
chen, da dann die erſt genoſſene Speiſe in dem großen
Magen ungewiederkauet liegen bleibet. Und wenn
es denn auch, nachdem es einen hitzigen Marſch ge-
than, Ruhe zum Wiederkauen bekommt; ſo iſt es
alsdenn viel zu ſpaͤt, weil alsdenn nach §. 9. und 10.
keine Ructus mehr erfolgen, oder, wie ſehr wahr-
ſcheinlich zu vermuthen: daß das im Wanſte vorhan-
dene viele rohe Futter zu fermentiren anfaͤngt, und
den Kopfjammer oder die Maulklemme erreget: und
folglich, da doch nach §. 11. das Wiederkauen auf
den Blaͤttermagen nicht wuͤrken, und der darinnen
verhaltenen Speiſe alſo keinen Druck geben kann, zu-
mahl, wie angemerket worden, die drey verſchiedene
Maͤgen vor ſich keine Kraft, ſondern ihre Bewegung
durch ihre Verbindung mit dem Wiederkauen nach
§. 8. 9. 10. 11. haben, nicht das geringſte von Spei-
ſe und Feuchtigkeit in den vierten Magen und in die
Gedaͤrme uͤbergehet, eine heftige Gaͤhrung und Fer-
mentation, und nachhero der Brand in dem Leibe
entſtehen muß. Da denn dieſen Umſtaͤnden nach,
das kranke Vieh nach §. 3., erſtaunend zu dampfen
anfaͤngt, und nichts anders als giftige und anſtecken-
de Duͤnſte von ſich hauchet, welche ſich durch die
Luft auf den naͤheſten zum naͤhern Gegenſtande ſeines

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[130/0140] ſchlinget es. Bey marſchirenden Truppen geſchiehet ſolches unverwehret: ſie laſſen das mit ſich fuͤhrende Vieh freſſen, wo das Getreide am dickeſten iſt, da es bey denen Haͤndlern wohl die Nacht geſchiehet. Und mitler- weile das Vieh friſſet, ſo ruhen die Treiber, und wenn das Vieh ſich ſatt gefreſſen, und nun nach §. 12. Muße zum Wiederkauen bedarf; ſo wird es hitzig fortgetrie- ben, und das um ſo viel geſchwinder, je mehr der Treiber glaubt, daß es ſolches nach einer guten Mahl- zeit deſto fuͤglicher bewerkſtelligen koͤnne. Folglich wird das nach dem Fraß ſo hoͤchſt noͤthige Wieder- kauen (§. 8.) und alſo auch die Verdauung unterbro- chen, da dann die erſt genoſſene Speiſe in dem großen Magen ungewiederkauet liegen bleibet. Und wenn es denn auch, nachdem es einen hitzigen Marſch ge- than, Ruhe zum Wiederkauen bekommt; ſo iſt es alsdenn viel zu ſpaͤt, weil alsdenn nach §. 9. und 10. keine Ructus mehr erfolgen, oder, wie ſehr wahr- ſcheinlich zu vermuthen: daß das im Wanſte vorhan- dene viele rohe Futter zu fermentiren anfaͤngt, und den Kopfjammer oder die Maulklemme erreget: und folglich, da doch nach §. 11. das Wiederkauen auf den Blaͤttermagen nicht wuͤrken, und der darinnen verhaltenen Speiſe alſo keinen Druck geben kann, zu- mahl, wie angemerket worden, die drey verſchiedene Maͤgen vor ſich keine Kraft, ſondern ihre Bewegung durch ihre Verbindung mit dem Wiederkauen nach §. 8. 9. 10. 11. haben, nicht das geringſte von Spei- ſe und Feuchtigkeit in den vierten Magen und in die Gedaͤrme uͤbergehet, eine heftige Gaͤhrung und Fer- mentation, und nachhero der Brand in dem Leibe entſtehen muß. Da denn dieſen Umſtaͤnden nach, das kranke Vieh nach §. 3., erſtaunend zu dampfen anfaͤngt, und nichts anders als giftige und anſtecken- de Duͤnſte von ſich hauchet, welche ſich durch die Luft auf den naͤheſten zum naͤhern Gegenſtande ſeines Ge-

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/140>, abgerufen am 21.11.2024.