Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure botene, Ehe selbst nicht annulliret werde 73). DerGrund hiervon ist kein anderer, als dieser; weil die zweite Verheiratung an sich und überhaupt den Gesetzen nicht zuwider ist, sondern das Verbot sich nur auf ei- ne gewisse Zeit beschränkt: folglich eine gänzliche Auf- hebung der Ehe theils über die wahre Absicht des Ge- sezgebers hinausgehen, theils mit noch schädlichern Fol- gen verknüpft seyn würde, als diejenigen sind, welche das Verboth der zu frühen Heirath verhüten soll; ohne einmal die letztere selbst, nachdem die Ehe bereits vollzo- gen worden, verhindern zu können 74). Eben dieser Um- stand, daß die Aufhebung eines gegen das gesezliche Verboth unternommenen Geschäfts ungleich schädlichere Folgen veranlassen würde, als wenn dasselbe aufrecht bleibt, ist die Ursach, warum die zwar verbotene, aber doch dispensationsfähigen Ehen unter Anverwandten nicht wieder getrennt, sondern nur diejenigen, die sie einge- gangen haben, von der Obrigkeit gestraft werden 75). Es werden also in beyden Fällen die an sich verbotenen Ehen eigentlich erst durch die nachher erfolgte stillschwei- gende Dispensation gültig gemacht; Beweiß genug, wie wenig dasjenige, was hier nach besondern Verhältnissen eintritt, für alle übrige Fälle, wo die Gesetze etwas verbieten, als Regel gelten könne. Zwei- 73) S. I. H. boehmer Iur. Eccl. Protest. Lib. IV. Tit. 21. §. 17. und 18. Schotts Einleitung in das Eherecht. §. 106. Hofmann Handbuch des Teut- schen Eherechts. Hauptst. 44. §. 321. püttmann Probabil. iuris civ. lib. sing. c. XVII. ingleichen Adversarior. iuris univ. Lib. I. cap. X. 74) Weber a. a. O. S. 300. 75) Ge. Lud. boehmer Princip. iuris canon. Lib. III. Sect. II. Tit. 5. §. 386. not. f. hellfeld §. 1218. G 5
de Iuſtitia et Iure botene, Ehe ſelbſt nicht annulliret werde 73). DerGrund hiervon iſt kein anderer, als dieſer; weil die zweite Verheiratung an ſich und uͤberhaupt den Geſetzen nicht zuwider iſt, ſondern das Verbot ſich nur auf ei- ne gewiſſe Zeit beſchraͤnkt: folglich eine gaͤnzliche Auf- hebung der Ehe theils uͤber die wahre Abſicht des Ge- ſezgebers hinausgehen, theils mit noch ſchaͤdlichern Fol- gen verknuͤpft ſeyn wuͤrde, als diejenigen ſind, welche das Verboth der zu fruͤhen Heirath verhuͤten ſoll; ohne einmal die letztere ſelbſt, nachdem die Ehe bereits vollzo- gen worden, verhindern zu koͤnnen 74). Eben dieſer Um- ſtand, daß die Aufhebung eines gegen das geſezliche Verboth unternommenen Geſchaͤfts ungleich ſchaͤdlichere Folgen veranlaſſen wuͤrde, als wenn daſſelbe aufrecht bleibt, iſt die Urſach, warum die zwar verbotene, aber doch diſpenſationsfaͤhigen Ehen unter Anverwandten nicht wieder getrennt, ſondern nur diejenigen, die ſie einge- gangen haben, von der Obrigkeit geſtraft werden 75). Es werden alſo in beyden Faͤllen die an ſich verbotenen Ehen eigentlich erſt durch die nachher erfolgte ſtillſchwei- gende Diſpenſation guͤltig gemacht; Beweiß genug, wie wenig dasjenige, was hier nach beſondern Verhaͤltniſſen eintritt, fuͤr alle uͤbrige Faͤlle, wo die Geſetze etwas verbieten, als Regel gelten koͤnne. Zwei- 73) S. I. H. boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. IV. Tit. 21. §. 17. und 18. Schotts Einleitung in das Eherecht. §. 106. Hofmann Handbuch des Teut- ſchen Eherechts. Hauptſt. 44. §. 321. püttmann Probabil. iuris civ. lib. ſing. c. XVII. ingleichen Adverſarior. iuris univ. Lib. I. cap. X. 74) Weber a. a. O. S. 300. 75) Ge. Lud. boehmer Princip. iuris canon. Lib. III. Sect. II. Tit. 5. §. 386. not. f. hellfeld §. 1218. G 5
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de Iuſtitia et Iure
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zweite Verheiratung an ſich und uͤberhaupt den Geſetzen
nicht zuwider iſt, ſondern das Verbot ſich nur auf ei-
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hebung der Ehe theils uͤber die wahre Abſicht des Ge-
ſezgebers hinausgehen, theils mit noch ſchaͤdlichern Fol-
gen verknuͤpft ſeyn wuͤrde, als diejenigen ſind, welche
das Verboth der zu fruͤhen Heirath verhuͤten ſoll; ohne
einmal die letztere ſelbſt, nachdem die Ehe bereits vollzo-
gen worden, verhindern zu koͤnnen 74). Eben dieſer Um-
ſtand, daß die Aufhebung eines gegen das geſezliche
Verboth unternommenen Geſchaͤfts ungleich ſchaͤdlichere
Folgen veranlaſſen wuͤrde, als wenn daſſelbe aufrecht
bleibt, iſt die Urſach, warum die zwar verbotene, aber
doch diſpenſationsfaͤhigen Ehen unter Anverwandten nicht
wieder getrennt, ſondern nur diejenigen, die ſie einge-
gangen haben, von der Obrigkeit geſtraft werden 75).
Es werden alſo in beyden Faͤllen die an ſich verbotenen
Ehen eigentlich erſt durch die nachher erfolgte ſtillſchwei-
gende Diſpenſation guͤltig gemacht; Beweiß genug, wie
wenig dasjenige, was hier nach beſondern Verhaͤltniſſen
eintritt, fuͤr alle uͤbrige Faͤlle, wo die Geſetze etwas
verbieten, als Regel gelten koͤnne.
Zwei-
73) S. I. H. boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. IV.
Tit. 21. §. 17. und 18. Schotts Einleitung in das
Eherecht. §. 106. Hofmann Handbuch des Teut-
ſchen Eherechts. Hauptſt. 44. §. 321. püttmann
Probabil. iuris civ. lib. ſing. c. XVII. ingleichen
Adverſarior. iuris univ. Lib. I. cap. X.
74) Weber a. a. O. S. 300.
75) Ge. Lud. boehmer Princip. iuris canon.
Lib. III. Sect. II. Tit. 5. §. 386. not. f. hellfeld
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