Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. tionis, und dergleichen suspendiret, oder, wenn sieauch nicht in Streit gezogen worden, dennoch zur Zeit wenigstens noch nicht vollzogen und erfüllet sind; weil sonst die Processe unaufhörlich seyn wür- den 47). Zu denen Ausnahmen unserer Regel will man 2) auch den Fall rechnen, wenn das neue Gesez nur Lex declaratoria ist, wodurch ein schon vorhanden gewesenes Gesez blos erkläret, oder näher bestimmt wird; desgleichen 3) wenn das neue Gesez etwas verbietet, so schon vor- her nach denen natürlichen oder bürgerlichen Gesetzen nicht erlaubt gewesen. Allein ich zweifle, ob diese als ächte Ausnahmen angesehen werden können, in- dem in dem zweiten Fall so wenig als in dem dritten mit Grunde zu behaupten stehet, daß durch das neue Ge- sez etwas neues verordnet worden sey. Ich nehme den Fall aus, wenn durch das wiederholte Verbot zu- gleich eine neue geschärftere Strafe auf eine gewisse an sich schon unerlaubte Handlung wäre gesetzet wor- den, in welchem Fall sich's aber auch von selbst ver- stehet, daß, wenn das neue Strafgesez auf vergan- gene Handlungen gezogen werden solle, dieses vom Gesezgeber ausdrücklich müsse erkläret worden seyn; so wie denn überhaupt eine solche Verordnung doch nur von negotiis adhuc pendentibus verstanden werden könnte 48). §. 22. 47) Eben dieses bestärken auch die in der vorhergehenden Note angeführte Gesezstellen ausdrücklich. S. boehmer in Consultat. T. II. P. I. Resp. 6. n. 3. und gaert- ner in Meditat. pract. med. XII. 48) Man vergleiche noch über diese Materie Christ. Gottl. reinhardt Comment. de valore et vi legis in prae- Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. K
de Iuſtitia et Iure. tionis, und dergleichen ſuſpendiret, oder, wenn ſieauch nicht in Streit gezogen worden, dennoch zur Zeit wenigſtens noch nicht vollzogen und erfuͤllet ſind; weil ſonſt die Proceſſe unaufhoͤrlich ſeyn wuͤr- den 47). Zu denen Ausnahmen unſerer Regel will man 2) auch den Fall rechnen, wenn das neue Geſez nur Lex declaratoria iſt, wodurch ein ſchon vorhanden geweſenes Geſez blos erklaͤret, oder naͤher beſtimmt wird; desgleichen 3) wenn das neue Geſez etwas verbietet, ſo ſchon vor- her nach denen natuͤrlichen oder buͤrgerlichen Geſetzen nicht erlaubt geweſen. Allein ich zweifle, ob dieſe als aͤchte Ausnahmen angeſehen werden koͤnnen, in- dem in dem zweiten Fall ſo wenig als in dem dritten mit Grunde zu behaupten ſtehet, daß durch das neue Ge- ſez etwas neues verordnet worden ſey. Ich nehme den Fall aus, wenn durch das wiederholte Verbot zu- gleich eine neue geſchaͤrftere Strafe auf eine gewiſſe an ſich ſchon unerlaubte Handlung waͤre geſetzet wor- den, in welchem Fall ſich’s aber auch von ſelbſt ver- ſtehet, daß, wenn das neue Strafgeſez auf vergan- gene Handlungen gezogen werden ſolle, dieſes vom Geſezgeber ausdruͤcklich muͤſſe erklaͤret worden ſeyn; ſo wie denn uͤberhaupt eine ſolche Verordnung doch nur von negotiis adhuc pendentibus verſtanden werden koͤnnte 48). §. 22. 47) Eben dieſes beſtaͤrken auch die in der vorhergehenden Note angefuͤhrte Geſezſtellen ausdruͤcklich. S. boehmer in Conſultat. T. II. P. I. Reſp. 6. n. 3. und gaert- ner in Meditat. pract. med. XII. 48) Man vergleiche noch uͤber dieſe Materie Chriſt. Gottl. reinhardt Comment. de valore et vi legis in prae- Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. K
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de Iuſtitia et Iure.
tionis, und dergleichen ſuſpendiret, oder, wenn ſie
auch nicht in Streit gezogen worden, dennoch zur
Zeit wenigſtens noch nicht vollzogen und erfuͤllet
ſind; weil ſonſt die Proceſſe unaufhoͤrlich ſeyn wuͤr-
den 47). Zu denen Ausnahmen unſerer Regel will
man
2) auch den Fall rechnen, wenn das neue Geſez nur
Lex declaratoria iſt, wodurch ein ſchon vorhanden
geweſenes Geſez blos erklaͤret, oder naͤher beſtimmt
wird; desgleichen
3) wenn das neue Geſez etwas verbietet, ſo ſchon vor-
her nach denen natuͤrlichen oder buͤrgerlichen Geſetzen
nicht erlaubt geweſen. Allein ich zweifle, ob dieſe
als aͤchte Ausnahmen angeſehen werden koͤnnen, in-
dem in dem zweiten Fall ſo wenig als in dem dritten
mit Grunde zu behaupten ſtehet, daß durch das neue Ge-
ſez etwas neues verordnet worden ſey. Ich nehme den
Fall aus, wenn durch das wiederholte Verbot zu-
gleich eine neue geſchaͤrftere Strafe auf eine gewiſſe
an ſich ſchon unerlaubte Handlung waͤre geſetzet wor-
den, in welchem Fall ſich’s aber auch von ſelbſt ver-
ſtehet, daß, wenn das neue Strafgeſez auf vergan-
gene Handlungen gezogen werden ſolle, dieſes vom
Geſezgeber ausdruͤcklich muͤſſe erklaͤret worden ſeyn;
ſo wie denn uͤberhaupt eine ſolche Verordnung doch
nur von negotiis adhuc pendentibus verſtanden
werden koͤnnte 48).
§. 22.
47) Eben dieſes beſtaͤrken auch die in der vorhergehenden
Note angefuͤhrte Geſezſtellen ausdruͤcklich. S. boehmer
in Conſultat. T. II. P. I. Reſp. 6. n. 3. und gaert-
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