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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
terpretation nicht getrennt werden, weil ohne diese der
wahre Wortverstand eines Gesetzes, den man durch
die Sprachkenntnis bekommt, weder festgesezt, noch
ein sicherer Grund gelegt werden kann, den eigentlichen
Sinn des Gesetzes zu bestimmen, so lang nicht gewiß
ist, daß der Text richtig sey. Diese juristische Critie
ist nun zwar in jedem Theile der Rechtsgelahrtheit nö-
thig, jedoch nirgends mehr, als bey Erklärung der
Gesetze des römischen und kanonischen Rechtskörpers.
Man darf sich auch hierüber eben nicht wundern. Denn
erstlich sind die Compilatoren beyder Gesezbücher mit den
Gesetzen, die sie sammleten, oft sehr willkührlich ver-
fahren; statt sie zu excerpiren, und einen kernhaften
Auszug aus denselben darzustellen, haben sie dieselben
zuweilen ganz verstümmelt, oft Gesetze zerschnitten, und
die einzelnen Stücke unter ganz verschiedene Titel ge-
bracht, oft mehrere, welche ihnen gleichen Inhalts zu
seyn schienen, in eins zusammengeschmolzen, und dadurch
die Gesetze nicht wenig verdunkelt. Nicht selten haben
sie auch wesentliche Veränderungen in denen Worten
der Gesetze selbst vorgenommen, manches hinzugesezt,
manches weggelassen, und hierdurch den Gesetzen zuwei-
len einen ganz andern Sinn beygelegt. Man nennt
dergleichen Interpolationen und Veränderungen, welche
die Compilatoren unserer Gesezbücher in den Worten
der Gesetze vorgenommen, Emblemata Triboniani, Em-
blemata Gratiani
und Raymundi 7). Zudem sind zwei-

tens
7) Chr. Fr. Ge. meister Diss. de principio cogno
scendi emblemata Triboniani
, in Opusc
syll. I. N. IV. Io. chifletii Diss. apologet. de iuris
utriusque architectis, Iustiniano, Tribo-
niano, Gratiano et Raymundo
, in ottonis
Thes. iur. Rom. Tom. I.
S. 161. u. folgg. Io. Chr.
With.
P 4

de Iuſtitia et Iure.
terpretation nicht getrennt werden, weil ohne dieſe der
wahre Wortverſtand eines Geſetzes, den man durch
die Sprachkenntnis bekommt, weder feſtgeſezt, noch
ein ſicherer Grund gelegt werden kann, den eigentlichen
Sinn des Geſetzes zu beſtimmen, ſo lang nicht gewiß
iſt, daß der Text richtig ſey. Dieſe juriſtiſche Critie
iſt nun zwar in jedem Theile der Rechtsgelahrtheit noͤ-
thig, jedoch nirgends mehr, als bey Erklaͤrung der
Geſetze des roͤmiſchen und kanoniſchen Rechtskoͤrpers.
Man darf ſich auch hieruͤber eben nicht wundern. Denn
erſtlich ſind die Compilatoren beyder Geſezbuͤcher mit den
Geſetzen, die ſie ſammleten, oft ſehr willkuͤhrlich ver-
fahren; ſtatt ſie zu excerpiren, und einen kernhaften
Auszug aus denſelben darzuſtellen, haben ſie dieſelben
zuweilen ganz verſtuͤmmelt, oft Geſetze zerſchnitten, und
die einzelnen Stuͤcke unter ganz verſchiedene Titel ge-
bracht, oft mehrere, welche ihnen gleichen Inhalts zu
ſeyn ſchienen, in eins zuſammengeſchmolzen, und dadurch
die Geſetze nicht wenig verdunkelt. Nicht ſelten haben
ſie auch weſentliche Veraͤnderungen in denen Worten
der Geſetze ſelbſt vorgenommen, manches hinzugeſezt,
manches weggelaſſen, und hierdurch den Geſetzen zuwei-
len einen ganz andern Sinn beygelegt. Man nennt
dergleichen Interpolationen und Veraͤnderungen, welche
die Compilatoren unſerer Geſezbuͤcher in den Worten
der Geſetze vorgenommen, Emblemata Triboniani, Em-
blemata Gratiani
und Raymundi 7). Zudem ſind zwei-

tens
7) Chr. Fr. Ge. meister Diſſ. de principio cogno
ſcendi emblemata Triboniani
, in Opuſc
ſyll. I. N. IV. Io. chifletii Diſſ. apologet. de iuris
utriusque architectis, Iuſtiniano, Tribo-
niano, Gratiano et Raymundo
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[231/0251] de Iuſtitia et Iure. terpretation nicht getrennt werden, weil ohne dieſe der wahre Wortverſtand eines Geſetzes, den man durch die Sprachkenntnis bekommt, weder feſtgeſezt, noch ein ſicherer Grund gelegt werden kann, den eigentlichen Sinn des Geſetzes zu beſtimmen, ſo lang nicht gewiß iſt, daß der Text richtig ſey. Dieſe juriſtiſche Critie iſt nun zwar in jedem Theile der Rechtsgelahrtheit noͤ- thig, jedoch nirgends mehr, als bey Erklaͤrung der Geſetze des roͤmiſchen und kanoniſchen Rechtskoͤrpers. Man darf ſich auch hieruͤber eben nicht wundern. Denn erſtlich ſind die Compilatoren beyder Geſezbuͤcher mit den Geſetzen, die ſie ſammleten, oft ſehr willkuͤhrlich ver- fahren; ſtatt ſie zu excerpiren, und einen kernhaften Auszug aus denſelben darzuſtellen, haben ſie dieſelben zuweilen ganz verſtuͤmmelt, oft Geſetze zerſchnitten, und die einzelnen Stuͤcke unter ganz verſchiedene Titel ge- bracht, oft mehrere, welche ihnen gleichen Inhalts zu ſeyn ſchienen, in eins zuſammengeſchmolzen, und dadurch die Geſetze nicht wenig verdunkelt. Nicht ſelten haben ſie auch weſentliche Veraͤnderungen in denen Worten der Geſetze ſelbſt vorgenommen, manches hinzugeſezt, manches weggelaſſen, und hierdurch den Geſetzen zuwei- len einen ganz andern Sinn beygelegt. Man nennt dergleichen Interpolationen und Veraͤnderungen, welche die Compilatoren unſerer Geſezbuͤcher in den Worten der Geſetze vorgenommen, Emblemata Triboniani, Em- blemata Gratiani und Raymundi 7). Zudem ſind zwei- tens 7) Chr. Fr. Ge. meister Diſſ. de principio cogno ſcendi emblemata Triboniani, in Opuſc ſyll. I. N. IV. Io. chifletii Diſſ. apologet. de iuris utriusque architectis, Iuſtiniano, Tribo- niano, Gratiano et Raymundo, in ottonis Theſ. iur. Rom. Tom. I. S. 161. u. folgg. Io. Chr. With. P 4

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/251>, abgerufen am 27.11.2024.