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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Origine Iuris.
Vorzug vor dem römischen behauptet, so ist doch die-
ses nur von der Regel zu verstehen, welche alsdann
ihre Ausnahme leidet, sobald in diesem oder jenem Pun-
cte ein unstreitiger und bewährter Gerichtsbrauch dem
Römischen Rechte den Vorzug giebt. Daher es ein eben
so grosser Fehler ist, wenn einige das Canonische Recht
durchgängig und ohne alle Einschränkung dem Römi-
schen vorziehen, als wenn andere, wie z. B. unser
Autor, dem Römischen Rechte den Vorzug in der
Regel geben wollen, indem diejenigen Fälle, da das
Römische Recht den Vorzug vor dem Canonischen be-
hauptet, nur als Ausnahmen von der Regel anzusehen
sind. Zu diesen Ausnahmen rechne ich zuvörderst, daß
die in dem Canonischen Rechte gebilligte Art, ein Te-
stament vor dem Pfarrer und zwey Zeugen zu verferti-
gen 4), heutiges Tages an wenigen Orten, selbst in ka-
tholischen Ländern, angenommen ist; vielmehr statt der-
selben die im Justinianeischen Rechte vorgeschriebene Form
beobachtet werde 5). Zu den Ausnahmen, da nicht so-
wohl die Grundsätze des Canonischen als vielmehr des
Justinianeischen Rechts nach dem Gerichtsbrauch zur An-
wendung kommen, gehört ferner, daß bey Schenkungen
in zweifelhaften Fällen, nicht, wie das Canonische Recht
will 6), eine ausdehnende Erklärung, sondern vielmehr
eine einschränkende Auslegung statt finde, und daher
die Absicht zu schenken niemahls zu vermuthen sey,

auch
4) cap. Io. X. de testam.
5) S. Io. Paul. krieger Disquisit. de testamento coram
parocho et duobus testibus occasione cap. Io. X. de testam.
Altorf. 1734. §. VII.
u. folgg. I. H. boehmer Iur. Eccl.
Prot. Tom. II. Lib. III. Tit.
26. §. 4. u. folgg. Paul. Ios.
a
riegger Institut. iurisprud. eccles. P. III.
§. 394.
6) cap. 6. X. de donat.
Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. C c

de Origine Iuris.
Vorzug vor dem roͤmiſchen behauptet, ſo iſt doch die-
ſes nur von der Regel zu verſtehen, welche alsdann
ihre Ausnahme leidet, ſobald in dieſem oder jenem Pun-
cte ein unſtreitiger und bewaͤhrter Gerichtsbrauch dem
Roͤmiſchen Rechte den Vorzug giebt. Daher es ein eben
ſo groſſer Fehler iſt, wenn einige das Canoniſche Recht
durchgaͤngig und ohne alle Einſchraͤnkung dem Roͤmi-
ſchen vorziehen, als wenn andere, wie z. B. unſer
Autor, dem Roͤmiſchen Rechte den Vorzug in der
Regel geben wollen, indem diejenigen Faͤlle, da das
Roͤmiſche Recht den Vorzug vor dem Canoniſchen be-
hauptet, nur als Ausnahmen von der Regel anzuſehen
ſind. Zu dieſen Ausnahmen rechne ich zuvoͤrderſt, daß
die in dem Canoniſchen Rechte gebilligte Art, ein Te-
ſtament vor dem Pfarrer und zwey Zeugen zu verferti-
gen 4), heutiges Tages an wenigen Orten, ſelbſt in ka-
tholiſchen Laͤndern, angenommen iſt; vielmehr ſtatt der-
ſelben die im Juſtinianeiſchen Rechte vorgeſchriebene Form
beobachtet werde 5). Zu den Ausnahmen, da nicht ſo-
wohl die Grundſaͤtze des Canoniſchen als vielmehr des
Juſtinianeiſchen Rechts nach dem Gerichtsbrauch zur An-
wendung kommen, gehoͤrt ferner, daß bey Schenkungen
in zweifelhaften Faͤllen, nicht, wie das Canoniſche Recht
will 6), eine ausdehnende Erklaͤrung, ſondern vielmehr
eine einſchraͤnkende Auslegung ſtatt finde, und daher
die Abſicht zu ſchenken niemahls zu vermuthen ſey,

auch
4) cap. Io. X. de teſtam.
5) S. Io. Paul. krieger Disquiſit. de teſtamento coram
parocho et duobus teſtibus occaſione cap. Io. X. de teſtam.
Altorf. 1734. §. VII.
u. folgg. I. H. boehmer Iur. Eccl.
Prot. Tom. II. Lib. III. Tit.
26. §. 4. u. folgg. Paul. Ioſ.
a
riegger Inſtitut. iurisprud. eccleſ. P. III.
§. 394.
6) cap. 6. X. de donat.
Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. C c
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[399/0419] de Origine Iuris. Vorzug vor dem roͤmiſchen behauptet, ſo iſt doch die- ſes nur von der Regel zu verſtehen, welche alsdann ihre Ausnahme leidet, ſobald in dieſem oder jenem Pun- cte ein unſtreitiger und bewaͤhrter Gerichtsbrauch dem Roͤmiſchen Rechte den Vorzug giebt. Daher es ein eben ſo groſſer Fehler iſt, wenn einige das Canoniſche Recht durchgaͤngig und ohne alle Einſchraͤnkung dem Roͤmi- ſchen vorziehen, als wenn andere, wie z. B. unſer Autor, dem Roͤmiſchen Rechte den Vorzug in der Regel geben wollen, indem diejenigen Faͤlle, da das Roͤmiſche Recht den Vorzug vor dem Canoniſchen be- hauptet, nur als Ausnahmen von der Regel anzuſehen ſind. Zu dieſen Ausnahmen rechne ich zuvoͤrderſt, daß die in dem Canoniſchen Rechte gebilligte Art, ein Te- ſtament vor dem Pfarrer und zwey Zeugen zu verferti- gen 4), heutiges Tages an wenigen Orten, ſelbſt in ka- tholiſchen Laͤndern, angenommen iſt; vielmehr ſtatt der- ſelben die im Juſtinianeiſchen Rechte vorgeſchriebene Form beobachtet werde 5). Zu den Ausnahmen, da nicht ſo- wohl die Grundſaͤtze des Canoniſchen als vielmehr des Juſtinianeiſchen Rechts nach dem Gerichtsbrauch zur An- wendung kommen, gehoͤrt ferner, daß bey Schenkungen in zweifelhaften Faͤllen, nicht, wie das Canoniſche Recht will 6), eine ausdehnende Erklaͤrung, ſondern vielmehr eine einſchraͤnkende Auslegung ſtatt finde, und daher die Abſicht zu ſchenken niemahls zu vermuthen ſey, auch 4) cap. Io. X. de teſtam. 5) S. Io. Paul. krieger Disquiſit. de teſtamento coram parocho et duobus teſtibus occaſione cap. Io. X. de teſtam. Altorf. 1734. §. VII. u. folgg. I. H. boehmer Iur. Eccl. Prot. Tom. II. Lib. III. Tit. 26. §. 4. u. folgg. Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iurisprud. eccleſ. P. III. §. 394. 6) cap. 6. X. de donat. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. C c

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/419>, abgerufen am 25.11.2024.