Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 2. Tit. genstand kürzlich prüfen; allein da man aus dem, wasich von dem Vorzuge des Canonischen Rechts vor dem Römischen, und den Ausnahmen von der Regel vorge- tragen, leicht selbst beurtheilen kann, was von den Grundsätzen anderer als richtig anzunehmen seyn möch- te, so will ich, um nicht in den Fehler der Weitschwei- figkeit zu verfallen, nur allein gegen die Hypothese un- sers Autors noch einige Erinnerungen machen. Wenn derselbe (§. 81.) in der Regel dem Römischen Rechte den Vorzug vor dem Canonischen geben will, und der Meinung ist, daß lezteres nur in Kirchen- Ehe- Eides- Gewissens- und Proceßsachen vorzuziehen sey; so zweifle ich erstens sehr, ob diese Regel überall zutreffend seyn möchte. Denn daß einmahl in Ehesachen das Cano- nische Recht nicht durchgängig, wenigstens in den pro- testantischen Gerichten, den Vorzug behaupte, kann ich durch verschiedene Beispiele beweisen. Einen Beweiß davon giebt zuvörderst die Materie von den Eheverboten wegen der Blutsfreundschaft, wo die Evangelischen die Päbstlichen Rechte nicht annehmen, sondern sich nach der Vorschrift der Mosaischen und Römischen Rechte richten 17). Auserdem aber kann man auch den Ver- gleich wider die Ehe hierher rechnen, als welcher, un- ter gewissen Einschränkungen, bey den Protestanten al- lerdings erlaubt ist. Das Canonische Recht verwirft den- neischen unter allen Umständen in den prote- stantischen Gerichten den Vorzug habe, in ei- nigen auffallenden Beispielen gezeigt, in den Beyträgen IV. Stück N. VIII. 17) schott Progr. de auctoritate iur. canon. inter
Evangelicos. S. 19. Moser von der teutschen Religionsverfassung I. Buch. 2. Cap. §. 13. wo ein Vorstellungsschreiben des Corporis Evangelicorum vom J. 1665. beygebracht worden, in welchem es heißt: die Evan- geli- 1. Buch. 2. Tit. genſtand kuͤrzlich pruͤfen; allein da man aus dem, wasich von dem Vorzuge des Canoniſchen Rechts vor dem Roͤmiſchen, und den Ausnahmen von der Regel vorge- tragen, leicht ſelbſt beurtheilen kann, was von den Grundſaͤtzen anderer als richtig anzunehmen ſeyn moͤch- te, ſo will ich, um nicht in den Fehler der Weitſchwei- figkeit zu verfallen, nur allein gegen die Hypotheſe un- ſers Autors noch einige Erinnerungen machen. Wenn derſelbe (§. 81.) in der Regel dem Roͤmiſchen Rechte den Vorzug vor dem Canoniſchen geben will, und der Meinung iſt, daß lezteres nur in Kirchen- Ehe- Eides- Gewiſſens- und Proceßſachen vorzuziehen ſey; ſo zweifle ich erſtens ſehr, ob dieſe Regel uͤberall zutreffend ſeyn moͤchte. Denn daß einmahl in Eheſachen das Cano- niſche Recht nicht durchgaͤngig, wenigſtens in den pro- teſtantiſchen Gerichten, den Vorzug behaupte, kann ich durch verſchiedene Beiſpiele beweiſen. Einen Beweiß davon giebt zuvoͤrderſt die Materie von den Eheverboten wegen der Blutsfreundſchaft, wo die Evangeliſchen die Paͤbſtlichen Rechte nicht annehmen, ſondern ſich nach der Vorſchrift der Moſaiſchen und Roͤmiſchen Rechte richten 17). Auſerdem aber kann man auch den Ver- gleich wider die Ehe hierher rechnen, als welcher, un- ter gewiſſen Einſchraͤnkungen, bey den Proteſtanten al- lerdings erlaubt iſt. Das Canoniſche Recht verwirft den- neiſchen unter allen Umſtaͤnden in den prote- ſtantiſchen Gerichten den Vorzug habe, in ei- nigen auffallenden Beiſpielen gezeigt, in den Beytraͤgen IV. Stuͤck N. VIII. 17) schott Progr. de auctoritate iur. canon. inter
Evangelicos. S. 19. Moſer von der teutſchen Religionsverfaſſung I. Buch. 2. Cap. §. 13. wo ein Vorſtellungsſchreiben des Corporis Evangelicorum vom J. 1665. beygebracht worden, in welchem es heißt: die Evan- geli- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0422" n="402"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 2. Tit.</hi></fw><lb/> genſtand kuͤrzlich pruͤfen; allein da man aus dem, was<lb/> ich von dem Vorzuge des Canoniſchen Rechts vor dem<lb/> Roͤmiſchen, und den Ausnahmen von der Regel vorge-<lb/> tragen, leicht ſelbſt beurtheilen kann, was von den<lb/> Grundſaͤtzen anderer als richtig anzunehmen ſeyn moͤch-<lb/> te, ſo will ich, um nicht in den Fehler der Weitſchwei-<lb/> figkeit zu verfallen, nur allein gegen die Hypotheſe un-<lb/> ſers Autors noch einige Erinnerungen machen. Wenn<lb/> derſelbe (§. 81.) in der Regel dem Roͤmiſchen Rechte<lb/> den Vorzug vor dem Canoniſchen geben will, und der<lb/> Meinung iſt, daß lezteres nur in Kirchen- Ehe- Eides-<lb/> Gewiſſens- und Proceßſachen vorzuziehen ſey; ſo zweifle<lb/> ich erſtens ſehr, ob dieſe Regel uͤberall zutreffend ſeyn<lb/> moͤchte. Denn daß einmahl in <hi rendition="#g">Eheſachen</hi> das Cano-<lb/> niſche Recht nicht durchgaͤngig, wenigſtens in den pro-<lb/> teſtantiſchen Gerichten, den Vorzug behaupte, kann ich<lb/> durch verſchiedene Beiſpiele beweiſen. Einen Beweiß<lb/> davon giebt zuvoͤrderſt die Materie von den Eheverboten<lb/> wegen der Blutsfreundſchaft, wo die Evangeliſchen die<lb/> Paͤbſtlichen Rechte nicht annehmen, ſondern ſich nach<lb/> der Vorſchrift der Moſaiſchen und Roͤmiſchen Rechte<lb/> richten <note xml:id="seg2pn_61_1" next="#seg2pn_61_2" place="foot" n="17)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">schott</hi> Progr. de auctoritate iur. canon. inter<lb/> Evangelicos.</hi> S. 19. Moſer <hi rendition="#g">von der teutſchen<lb/> Religionsverfaſſung</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch. 2. Cap. §. 13. wo ein<lb/><hi rendition="#fr">Vorſtellungsſchreiben</hi> des <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Corporis Evangelicorum</hi></hi> vom J.<lb/> 1665. beygebracht worden, in welchem es heißt: <hi rendition="#g">die Evan-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">geli-</hi></fw></note>. Auſerdem aber kann man auch den Ver-<lb/> gleich wider die Ehe hierher rechnen, als welcher, un-<lb/> ter gewiſſen Einſchraͤnkungen, bey den Proteſtanten al-<lb/> lerdings erlaubt iſt. Das Canoniſche Recht verwirft<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_60_2" prev="#seg2pn_60_1" place="foot" n="16)"><hi rendition="#g">neiſchen unter allen Umſtaͤnden in den prote-<lb/> ſtantiſchen Gerichten den Vorzug habe, in ei-<lb/> nigen auffallenden Beiſpielen gezeigt</hi>, in den<lb/><hi rendition="#fr">Beytraͤgen</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi> Stuͤck <hi rendition="#aq">N. VIII.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [402/0422]
1. Buch. 2. Tit.
genſtand kuͤrzlich pruͤfen; allein da man aus dem, was
ich von dem Vorzuge des Canoniſchen Rechts vor dem
Roͤmiſchen, und den Ausnahmen von der Regel vorge-
tragen, leicht ſelbſt beurtheilen kann, was von den
Grundſaͤtzen anderer als richtig anzunehmen ſeyn moͤch-
te, ſo will ich, um nicht in den Fehler der Weitſchwei-
figkeit zu verfallen, nur allein gegen die Hypotheſe un-
ſers Autors noch einige Erinnerungen machen. Wenn
derſelbe (§. 81.) in der Regel dem Roͤmiſchen Rechte
den Vorzug vor dem Canoniſchen geben will, und der
Meinung iſt, daß lezteres nur in Kirchen- Ehe- Eides-
Gewiſſens- und Proceßſachen vorzuziehen ſey; ſo zweifle
ich erſtens ſehr, ob dieſe Regel uͤberall zutreffend ſeyn
moͤchte. Denn daß einmahl in Eheſachen das Cano-
niſche Recht nicht durchgaͤngig, wenigſtens in den pro-
teſtantiſchen Gerichten, den Vorzug behaupte, kann ich
durch verſchiedene Beiſpiele beweiſen. Einen Beweiß
davon giebt zuvoͤrderſt die Materie von den Eheverboten
wegen der Blutsfreundſchaft, wo die Evangeliſchen die
Paͤbſtlichen Rechte nicht annehmen, ſondern ſich nach
der Vorſchrift der Moſaiſchen und Roͤmiſchen Rechte
richten 17). Auſerdem aber kann man auch den Ver-
gleich wider die Ehe hierher rechnen, als welcher, un-
ter gewiſſen Einſchraͤnkungen, bey den Proteſtanten al-
lerdings erlaubt iſt. Das Canoniſche Recht verwirft
den-
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17) schott Progr. de auctoritate iur. canon. inter
Evangelicos. S. 19. Moſer von der teutſchen
Religionsverfaſſung I. Buch. 2. Cap. §. 13. wo ein
Vorſtellungsſchreiben des Corporis Evangelicorum vom J.
1665. beygebracht worden, in welchem es heißt: die Evan-
geli-
16) neiſchen unter allen Umſtaͤnden in den prote-
ſtantiſchen Gerichten den Vorzug habe, in ei-
nigen auffallenden Beiſpielen gezeigt, in den
Beytraͤgen IV. Stuͤck N. VIII.
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